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Udo Lindenberg

1. März 2011

Mit 16 trommelt er sich durch die Welt, mit 25 erscheint sein erstes Album, mit 37 legt er sich mit Erich Honecker an und mit knapp 65 bekommt er ein eigenes Musical. Lindenberg machte deutschsprachigen Rock populär.

Udo Lindenberg raucht am Dienstag (20.12.2011) eine Zigarre während eines Pressegeprächs zu seiner Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Das Museum würdigt das bisherige Lebenswerk des Musikers, Dichters und Malers von diesem Mittwoch (21.12.2011) an mit einer großen Schau. Unter dem Titel «UDO. Die Ausstellung» ist dort bis zum 11. März 2012 ein Gesamtkunstwerk aus Rock_n_Roll, Poesie, Malerei und Zeitgeschichte in mehr als 400 Exponaten zu erleben. Foto: Marcus Brandt dpa/lno
Ausstellung UDO. Die AusstellungBild: picture-alliance/dpa

Er kam aus Westfalen nach Hamburg und entschloss sich, dann doch nicht zur See zu fahren, obwohl er das fest vorhatte. Aber viel wichtiger als das Meer war für ihn die Musik. Die machte er schon immer, Sänger wird er erst später. Udo Lindenberg, von Hause aus Schlagzeuger und zwar ein sehr guter, spielt mit Inga Rumpf und Klaus Doldinger. Jeden Sonntag, wenn Millionen den "Tatort-Krimi" einschalten, hören sie sein Schlagzeug in der Titelmelodie. Lindenberg ist der Mann im Hintergrund - damals. Ein Westfale, der seinen Mitmenschen schon früh aufs Maul schaut. "Ich lebe ja auch unter den Leuten auf der Straße", sagte er einst in der legendären Fernsehshow Bio’s Bahnhof.

Bierdeckel, Filzhut und Sonnenbrille

Seine Texte schreibt er dort, wo er sich auch heute noch am liebsten aufhält: am Tresen in der Eckkneipe, auf Bierdeckel. "Da habe ich schon so einen Stapel von", sagt er. Authentische Stücke, aufgenommen mit der speziellen Lindenberg-Antenne fürs Zwischenmenschliche. Da seine eigene Stimme eigentlich nicht zum Singen gemacht ist, sucht Lindenberg Anfang der 70er Jahre einen Sänger. Er findet keinen, der seine Musik so "rüberbringen" kann, wie er es sich vorstellt. Und so ist klar: Lindenberg, der eigentlich Schlagzeuger sein wollte, muss selbst ans Mikrofon.

Udo Lindenberg bei der Premiere zu dem Musical "Hinterm Horizont"Bild: picture alliance/dpa

Seine Stimme wird - neben seinem Filzhut, dem Panik-Gürtel und später der Sonnenbrille - zu seinem Markenzeichen. Und Lindenberg tut etwas, was Anfang der 70er Jahre für ein Ding der Unmöglichkeit gehalten wird: Er singt Rockmusik auf Deutsch.

Onkel Pö, Bodo Ballermann und Elli Pyrelli

Lindenberg bringt Straßendeutsch in die Charts. "Ich hab' ja früher auch mal eine Zeit lang auf Englisch gesungen", sagt er. "Bis ich feststellte, dass es ziemlich unlogisch ist, sich in einer fremden Sprache zu artikulieren." Seine Geschichten wollte er so erzählen, wie er sie erlebt hat: die von Onkel Pö, Bodo Ballermann, Elli Pyrelli und Rudi Ratlos. Namen, die ebenso in die deutsche Alltagssprache eingegangen sind wie die Aussprüche: "Keine Panik" und "Alles klar auf der Andrea Doria". Lindenberg zeigt: Man kann auf Deutsch singen, ohne schlagerhaft peinlich oder politischer Kampfsänger zu sein.

In seinem Kielwasser zieht er Künstler wie Stefan Waggershausen, Marius Müller Westernhagen und Ulla Meinecke ans Tageslicht. Seine Band "Das Panikorchester" ist nahezu rund um die Uhr auf Tour. Privat besucht Lindenberg immer wieder die DDR. 1973 trifft SIE ihn dann in Pankow wie der Blitz: Manu, die Schicksalsfrau seines Lebens. Lindenberg verliebt sich Hals über Kopf in sein "Mädchen aus Ostberlin". Er will sie rüberholen, die Stasi bekommt Wind davon, der Plan scheitert. "Es ging sehr tief, aber wir konnten es nicht leben", erinnert sich der Panikpräsident. "Wie Romeo und Julia, getrennt durch die Mauer."

Hallöchen - Hallo!

Panikorchester in den 70ernBild: picture-alliance/KPA

Ob das jähe Ende dieser Liebe oder seine Besuche in der DDR in Lindenberg den Wunsch wecken, im Arbeiter- und Bauernstaat auftreten zu dürfen, kann keiner genau sagen. Tatsache ist: Schon 1976 singt Lindenberg von der "Rock´n´ Roll Arena in Jena", und 1983 rollt der "Sonderzug nach Pankow" an. Das Lied wird sein größter Erfolg, aber in der DDR stößt seine gesungene Bitte auf Einladung auf keine große Gegenliebe. "Die konnten mit mir nicht so richtig umgehen", sagt er. "Denen fiel nichts anderes ein, als die Leute, die das Lied gut fanden, sofort in den Knast zu stecken."

Irgendwie klappt es dann doch. Im Oktober 1983 darf er vor ausgesuchten Funktionären im Palast der Republik auftreten. Eine Tour im Jahr `84 ist ihm fest zugesagt. "Als ich dann erzählt habe, dass russische Raketen genau so Schrott sind wie amerikanische, war alles vorbei." Versprechen galten nicht viel im Kalten Krieg. Nach der Absage der Tournee kommt es im Arbeiter- und Bauernstaat zu Ausschreitungen. Erst nach der Wende wird Lindenberg wieder im Osten der Republik spielen. Er ist der erste gesamtdeutsche Rockstar.

Nach dem Lebenswerk geht’s weiter

Über die Jahre bleibt Lindenberg ein Phänomen. Sein Wohnsitz im Atlantik-Hotel in Hamburg, sein legendärer Alkohol- und Frauenverbrauch und immer wieder die ungeschönte Stimme für eine gute Sache: mal gegen rechte Gewalt, mal gegen Raketen, mal für den Frieden. Als ihm 1992 der Echo fürs Lebenswerk überreicht wird, denken viele: Der alte Mann wird sich zurückziehen. Aber nicht Udo. 17 Jahre später erhält er den Echo wieder. Für sein Nummer 1-Album "Stark für zwei". Mittlerweile ist er knapp 65 Jahre alt, aber man wird noch viel von ihm hören. Denn frei nach dem Meister selbst: Nach dem Lebenswerk geht es weiter - zumindest im Hause Lindenberg.

Udo bei der Echo-VerleihungBild: ap

Autor: Uli José Anders

Redaktion: Matthias Klaus

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