1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Blinken in Afrika: Wettbewerb um Verbündete

Martina Schwikowski
6. August 2022

Zwei große Themen werden die Reise von US-Außenminister Antony Blinken nach Südafrika, Ruanda und in die Demokratische Republik Kongo bestimmen. Es geht um den Krieg in der Ukraine und den Frieden im Osten Kongos.

US-Außenminister Antony Blinken beim Boarding
Blinken beim Boarding (Archiv): Zielländer sorgfältig ausgewähltBild: Kevin Lamarque/AP Photo/picture alliance

Es ist bereits seine zweite offizielle Afrika-Reise seit Amtsantritt im vergangenen Jahr: US-Außenminister Antony Blinkens Tour auf dem Kontinent beginnt an diesem Sonntag, die Länder, die er besucht, sind sorgfältig ausgewählt: Südafrika, die Demokratische Republik Kongo und das Nachbarland Ruanda stehen in der Zeit vom 7. bis 12. August auf Blinkens Reiseplan.

Ein wichtiges Ziel dabei ist: alte Verbündete in Zeiten der geopolitischen Spannungen wieder näher an die Vereinigten Staaten zu binden. So zumindest sieht es Daniel Silke, politischer Analyst in Südafrika. Er ordnet den Besuch Blinkens als ein weiteres Beispiel für den laufenden globalen diplomatischen Krieg ein, der in Afrika zwischen Russland, den USA und China im Gange sei und sagt im DW-Interview: "Die drei großen Supermächte wetteifern alle um die Aufmerksamkeit Afrikas, sowohl aus politisch-diplomatischer Sicht als auch mit Blick auf Rohstoffexporte."

Einfluss in Afrika nehmen

Mehr Einfluss in Afrika nehmen - das haben bereits andere Spitzenpolitiker vor Blinken versucht. Russlands Außenminister Sergej Lawrow und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besuchten vor wenigen Tagen mehrere afrikanische Nationen, kurz nachdem Samantha Power, die Direktorin der US-Agentur für internationale Entwicklung, aus Afrika zurückgekehrt war.

Außenminister Blinken: Läuft die US-Afrika-Politik aus dem Ruder?Bild: Yuki Iwamura/AP Photo/picture alliance

Die Entscheidung, seinen Außenminister nun in diese Regionen zu entsenden, macht die Sorge von US-Präsident Joe Biden deutlich, dass etwas in seiner Afrika-Politik aus dem Ruder laufen könnte. Alle drei Länder seien Verbündete der Vereinigten Staaten, betont Afrika-Experte Silke. Aber: "Die Abstimmung Südafrikas in den Vereinten Nationen über den Krieg in der Ukraine und die sehr gemischten Botschaften der Regierung unter Führung des Afrikanischen National Kongresses (ANC) lassen Südafrika als schwachen Verbündeten der USA und sogar der Demokratischen Republik Kongo und Ruandas erscheinen."

Schärfere Töne in Südafrika

Südafrika hatte sich im März bei der Abstimmung in der Vollversammlung der Vereinten Nationen über eine Resolution zum Krieg gegen die Ukraine der Stimme enthalten - so wie 35 andere Länder auch. Die große Mehrheit der Staatengemeinschaft, nämlich 140 Länder, stimmte hingegen dafür. Sicher werde in Pretoria ein anderer Ton angeschlagen, wenn Blinken dort eintreffe, glaubt Silke.

Vor dem Hintergrund der sich verändernden Geopolitik und der steigenden Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten, China und Russland sei dieser Besuch eine Gelegenheit für den US-Außenminister, Südafrika zu einer kritischeren Haltung zu bewegen - gerade wenn es um Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine und Chinas zunehmendes Säbelrasseln in Sachen Taiwan gehe.

Daran geknüpft ist eine neue politische Strategie der US-Regierung, die seit einem Jahr in Arbeit ist und während des Südafrika-Besuchs vorgestellt werden soll, sagt Alex Vines, Leiter des Afrika-Programmes bei der Londoner Denkfabrik Chatham House. "Die Strategie zielt darauf ab, die Bemühungen der US-Regierung um Afrika besser zu bündeln, einschließlich der Frage, wie China und Russland auf dem Kontinent eingedämmt werden können", sagte Vines der Deutschen Welle.

Geernteter Weizen Getreide in der Region Saporischschja: Ausfall der Getreidelieferungen aus der Ukraine weltweit spürbarBild: Photoshot /picture alliance

Das Außenministerium in Washington teilte vor Blinkens Abreise mit, der Fokus solle auf drängenden Fragen liegen: Es gehe um einen Dialog über stärkere Zusammenarbeit in Sachen Gesundheit, Strafverfolgung, Handel, Investitionen und Energie, aber auch Ernährungssicherheit stehe im Mittelpunkt.

Denn in vielen Ländern ist die Ernährung der Menschen in Gefahr: Der bisherige Ausfall der Getreidelieferungen aus der Ukraine ist weltweit spürbar. Die Vereinten Nationen warnen vor der schlimmsten Hungerkrise in Afrika seit Jahrzehnten. Um sich ein eigenes Bild von den Auswirkungen der Nahrungsmittelkrise zu machen, ist aktuell die US-Vertreterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, in Ghana, Uganda und auf den Kapverden unterwegs.

Große Besorgnis über Kämpfe im Ostkongo

Bei der Reise von US-Außenminister Blinken Reise sind die Sicherheitsfragen im Kongo von zentraler Bedeutung, denn die Gewalt im Ostkongo droht zu eskalieren. "Hauptziel des Besuchs in Kinshasa und Kigali ist es, sich mit den jüngsten bewaffneten Auseinandersetzungen im Ostkongo und der wiederauflebenden bewaffneten Gruppe M23 auseinanderzusetzen", betont der Londoner Experte Vines. Die Regierung in Washington sei beunruhigt wegen der Ausbreitung der Gewalt und wie sich die Verbündeten gegeneinanderstellen.

Die jüngsten Gefechte im Osten Kongos haben die Spannungen zwischen den Regierungen in Kinshasa und Kigali eskalieren lassen. Die Sicherheitslage in Ostkongo hatte sich 2021 verschlechtert. Die Demokratische Republik Kongo beschuldigt Ruanda, die M23-Miliz in der Provinz Nord-Kivu zu unterstützen.

Ende Juli war es bei Demonstrationen gegen die UN-Friedensmission MONUSCO zu Ausschreitungen in der Provinzhauptstadt Goma gekommen. Mindestens fünf Menschen kamen ums Leben. MONUSCO-Blauhelme wurden beschuldigt, auf Demonstrierende gefeuert und mehrere Zivilisten erschossen zu haben, was zu neuen Protesten führte.

"Wir wollen MONUSCO nicht im Kongo, weil Landsleute getötet werden. Trotzdem sind hier bewaffnete Gruppen, auch aus dem Ausland. Dann kommt noch MONUSCO dazu und tötet uns. Wir sagen nein dazu!", sagte die Demonstrantin Rebecca Kabuo, Mitglied der sozialen Bewegung Lucha, der Nachrichtenagentur Associated Press (AP). Wie AP meldet, prüft die Regierung in Kinshasa aufgrund der Proteste, ob sie die Präsenz der UN-Friedenstruppen im Land weiter zulassen soll.

Da auch die Vereinigten Staaten zu den MONUSCO-Truppensteller gehören, dürfte dies auch Thema beim Besuch von US-Außenminister Blinken sein. Anthony Blinken werde sich in Kinshasa nicht nur mit Politikern treffen, sondern auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft, heißt es aus seinem Ministerium. Demnach wolle er den Weg bereiten für eine friedliche und faire Präsidentenwahl im kommenden Jahr in der DR Kongo. Angesichts der anhaltenden Gewalt in dem zentralafrikanischen Land scheint dies Ziel noch in weiter Ferne zu sein.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen