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Politik

"US-Außenpolitik nun extrem unberechenbar"

21. Dezember 2018

Viele sahen in Verteidigungsminister James Mattis eine Stimme der Vernunft in der US-Regierung. Sein Rücktritt ist die "schlimmste Nachricht, die die NATO zu Weihnachten erreichen konnte", sagt USA-Experte Thomas Jäger.

Donald Trump
Bild: Getty Images/C. Somodevilla

DW: Herr Jäger, welchen Einfluss hat Verteidigungsminister Mattis bisher auf US-Präsident Donald Trump ausgeübt?

Thomas Jäger: Auf der politischen Arbeitsebene haben schon viele in der Trump-Administration versucht, sich nicht so sehr an Trumps Weisungen zu halten, auch James Mattis. Die Orientierung des Verteidigungsministers war anders als die des Präsidenten, nämlich pro Bündnis, pro Führungsrolle der Vereinigten Staaten sowie Akzeptanz der Herausforderung durch andere, der man mit Stärke begegnen will. In seiner Rücktrittserklärung hat Mattis nun im Prinzip gesagt, das es ihm nicht weiter gelingt, den Präsidenten davon abzuhalten, Fehler zu machen. In der ersten Phase von Trumps Amtszeit war es der Bereich der Handelspolitik, in dem eine Reihe von Mitarbeitern im Weißen Haus versucht hat, ihn von Fehlern abzuhalten, und dann irgendwann resigniert gegangen ist. Und Mattis ist jetzt auch an dem Punkt angelangt, an dem er sagen muss: Der Präsident entscheidet über meinen Kopf hinweg. Mein Name soll nicht länger legitimierend für eine Politik stehen, die ich nicht mittrage.

Politiker auf der ganzen Welt haben sich alarmiert über Mattis' Rücktritt gezeigt . Was befürchten sie nun für die US-amerikanischen Außenpolitik?

Das Rücktrittsschreiben des Verteidigungsministers ist in der Tat die schlimmste Nachricht, die die NATO zu Weihnachten hätte erreichen können. Denn Trump versteht weder die Bedeutung von Allianzen noch die Führungsrolle der USA und hat nun erstmal niemanden mehr, der das Ruder der Außenpolitik in eine andere Richtung hält. Der US-Präsident denkt zum Beispiel, egal was passiert, er könne das mit Putin auf seine komische Männerart lösen. Er will US-Truppen aus dem Nordosten Syriens abziehen, obwohl klar ist, dass die Türkei dann dort ihre Sicherheitsinteressen durchsetzt und Assad sowohl militärisch als auch politisch in einer Art und Weise wieder aufgebaut wird, die die Europäer auf gar keinen Fall wollten. Was in Sachen US-Außenpolitik demnächst auf uns zukommt, ist in höchsten Maß unberechenbar.

Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu KölnBild: privat

Verfolgt Trump ihrer Einschätzung nach überhaupt in der Außenpolitik langfristige Ziele, oder entscheidet er eher tagesformabhängig und nach Bauchgefühl?

Das einzige Ziel, das Trump konstant verfolgt. ist wirtschaftlicher Erfolg für die Vereinigten Staaten, und dem ordnet er auch außenpolitische Entscheidungen unter. Er ist besessen davon, dass sein Land zu viel zahlt und zu wenig bekommt. Den Truppenabzug in Syrien hat er ja auch damit begründet, dass der IS besiegt sei und die USA nun kein weiteres Geld ausgeben wollten. Ein weiterer Orientierungspunkt sind für Trump die Fehler seiner Vorgänger. Und dass etwa der Irak-Krieg oder Obamas Zögern in Syrien falsch waren, stimmt ja sogar. Aber unter völlig veränderten Umständen das Gegenteil von einem Fehler zu machen, heißt eben nicht, das Richtige zu tun. Und da fehlt es Trump einfach an Einsicht, er versteht die Zusammenhänge in der Außenpolitik nicht.

Ist zu befürchten, dass Trump nun einen Hardliner oder eine Marionette auf den Posten des Verteidigungsministers setzt?

Es gibt ja bereits Spekulationen, wer neuer US-Verteidigungsminister werden könnte. Und von dieser Person wird es abhängen, ob man aufatmen kann. Aber wenn man bedenkt, wie Trump nach Rücktritten oder Entlassungen andere Posten nachbesetzt hat, waren das oft Leute von außen, ohne wirklichen Sachverstand. Wir sollten uns vielleicht angucken, wer in letzter Zeit viel bei "Fox &Friends" über Militär gesprochen hat. Jemand Erfahrenes, der zumindest ein ganz gutes Verhältnis zu Trump hat, ist Lindsey Graham. Doch auch er hat die Syrien-Entscheidung heftigst kritisiert und es ist fraglich, ob er seinen Senatorenposten für diesen Schleudersitz hergeben wird. Wenn man Mattis' Worte nimmt "Herr Präsident, Sie haben einen Verteidigungsminister verdient, der eng auf ihrer politischen Linie liegt", dann gibt unter den Fachleuten eigentlich keinen, der das tut.

Thomas Jäger ist Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität zu Köln. Jäger ist auch Herausgeber der "Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik".

Das Interview führte Ines Eisele.

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