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US-Behörden empfehlen Stopp von J&J-Impfungen

13. April 2021

Nach Impfungen mit dem Corona-Vakzin von Johnson & Johnson wurden schweren Nebenwirkungen erfasst. Der US-Pharmakonzern verschiebt deshalb die Auslieferung seines Impfstoffs nach Europa.

USA | Coronavirus | Impstoff von Johnson & Johnson
Das Corona-Vakzin von Johnson & Johnson trägt den Namen Janssen Bild: Mary Altaffer/AP Photo/picture alliance

Die US-Gesundheitsbehörden raten zu einer sofortigen Aussetzung von Corona-Impfungen mit dem Vakzin von Johnson & Johnson. Die Arzneimittelbehörde FDA und das Seuchenzentrum CDC begründeten dies in einer gemeinsamen Erklärung mit dem Auftreten seltener Sinusvenenthrombosen, die in sechs Fällen nach Impfungen mit dem Produkt des US-Pharmakonzerns gemeldet wurden.

Frauen im Alter von 18 bis 48 Jahren betroffen

Von dem Ende Februar in den USA zugelassen Impfstoff seien bislang mehr als 6,8 Millionen Dosen landesweit gespritzt worden. Für eine vollständige Immunisierung ist anders als bei anderen Corona-Vakzinen bei demjenigen von Johnson & Johnson nur eine Dosis notwendig. Die sechs Sinusvenenthrombosen-Fälle seien zwischen 6 und 13 Tage nach der Impfung aufgetreten. In drei Fällen sei zusätzlich eine Thrombozytopenie, also ein Mangel an Blutplättchen, gemeldet worden. Es handele sich um Frauen im Alter zwischen 18 und 48 Jahren.

Das US-Seuchenzentrum CDC in Atlanta zieht KonsequenzenBild: picture-alliance/AP/D. Goldman

Alle Fälle würden nun genauer untersucht. Bis ein Ergebnis vorliege, werde als Vorsichtsmaßnahme die vorübergehende Aussetzung der Impfungen mit Johnson & Johnson empfohlen. Die US-Regierung reagierte darauf gelassen. Der Corona-Koordinator des Weißen Hauses, Jeff Zients, erklärte, die Pause werde keine "bedeutsamen Auswirkungen auf unseren Impfplan" haben. Bislang mache das J&J-Vakzin weniger als fünf Prozent der verabreichten Impfdosen aus. Außerdem habe die Regierung ausreichend Impfdosen der Hersteller BioNTech/Pfizer und Moderna gesichert, um nahezu die gesamte US-Bevölkerung zu impfen.

 

Markteinführung in Europa aufgeschoben

Johnson & Johnson erklärte in einer ersten Stellungnahme, die Thrombose-Fälle seien bekannt. Ein klarer kausaler Zusammenhang sei bislang nicht nachgewiesen worden. Trotzdem verschob das Unternehmen die Auslieferung seines Präparats in der Europäischen Union. "Wir haben die Entscheidung getroffen, die Markteinführung unseres Impfstoffs in Europa aufzuschieben", erklärte der Konzern. In der EU war das Vakzin von Johnson & Johnson Mitte März zugelassen worden.

Kurz nach Ostern hatte die Europäische Arzneimittelbehörde EMA dann mitgeteilt, Fälle von Thrombosen nach einer Impfung mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson zu prüfen. Es seien vier ernsthafte Fälle von Blutgerinnseln aufgetreten, eine Person sei gestorben. Die Behörde hatte betont, dass ein Zusammenhang mit dem Impfstoff des US-Herstellers noch nicht festgestellt worden sei.

Am 12. April hat Johnson & Johnson mit der Lieferung seines Vakzins in die EU-Staaten begonnen. Die Brüsseler Behörde erwartet bis Ende Juni 55 Millionen Dosen des Impfstoffs. Gut 10 Millionen Dosen sollen nach Deutschland gehen.

Schwere Nebenwirkungen wie bei AstraZeneca

Eine Häufung von Sinusvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und Blutungen waren zuvor in Europa kurz nach der Impfung mit dem Vakzin von AstraZeneca beobachtet worden. Im März hatten daraufhin Deutschland und andere EU-Länder die Impfungen mit dem Produkt des schwedisch-britischen Herstellers vorübergehend ausgesetzt.

Bei den Produkten von AstraZeneca und Johnson & Johnson handelt es sich um sogenannte vektorbasierte Impfstoffe. Sie nutzen ein harmloses Virus, um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen. Mit Hilfe dieser Informationen wird im Körper des Geimpften ein Viruseiweiß gebildet, genauer gesagt das Spike-Protein auf der Oberfläche des Coronavirus.

Forscher rätseln noch

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, hatte kürzlich auf Twitter die Vermutung geäußert, dass die Adenoviren, die in beiden Impfstoffen als Träger genutzt werden, die seltenen Nebenwirkungen verursachen. Der Greifswalder Forscher Andreas Greinacher macht das Auftreten bestimmter Antikörper für die Thrombosen verantwortlich. Es sei denkbar, dass die Betroffenen etwas in ihrem Körper hätten, was sie dafür anfällig mache, diese speziellen Antikörper zu produzieren. Was das sei, sei noch unklar, erklärte er.

Südafrika setzt Impfkampagne aus

Südafrika reagierte unmittelbar auf die Meldungen aus den USA über einen mögliche Zusammenhang zwischen Sinusvenenthrombose-Fällen und dem Präparat von Johnson & Johnson und unterbrach die Impfkampagne mit dem Vakzin. "Wir haben beschlossen, unseren Rollout freiwillig auszusetzen, bis der ursächliche Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Blutgerinnseln und dem Johnson & Johnson-Impfstoff ausreichend geklärt ist", sagte Gesundheitsminister Zweli Mkhize. Damit gerät die schleppende Impfkampagne in Afrikas am stärksten von Corona betroffenem Land weiter ins Stocken. Bislang hat Südafrika nur den in USA hergestellten Impfstoff verabreicht.

ww/kle (dpa, afp, rtr)