US-Demokraten forcieren Verfahren gegen Trump
31. Oktober 2019Erstmals seit Beginn der Ermittlungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump hat das Repräsentantenhaus in einem förmlichen Beschluss die Untersuchungen gebilligt und das weitere Prozedere festgelegt. Die Kongresskammer votierte mit den Stimmen der Demokraten für eine Resolution, die Regeln für die weiteren Untersuchungen setzt und unter anderem öffentliche Zeugenanhörungen ermöglicht.
Die Abstimmung verlief bei diesem ersten Stimmungstest nahezu gleichauf mit den Mehrheitsverhältnissen im Repräsentantenhaus - 232 zu 196 Stimmen. Lediglich zwei Demokraten sprachen sich gegen ein Verfahren aus. Die Republikaner votierten geschlossen gegen die Vorlage.
Öffentliche Zeugenanhörungen möglich
Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, sagte, die Regeln sorgten für Klarheit und Transparenz. Die Öffentlichkeit könne sich nun selbst ein Bild von Zeugenaussagen machen. Dass überhaupt Impeachment-Ermittlungen nötig seien, sei traurig. Doch die Demokratie des Landes stehe auf dem Spiel.
Bei dem Votum handelte es sich noch nicht um eine Abstimmung über die Eröffnung eines sogenannten Impeachment-Verfahrens gegen Trump. Diese erfolgt erst nach Abschluss der Ermittlungen - sofern aus Sicht der Abgeordneten genug Belege für ein schwerwiegendes Fehlverhalten Trumps vorliegen. Das Votum vom Donnerstag gilt aber als wichtige Wegmarke: Damit werden die Ermittlungen formalisiert und auf eine neue Ebene gehoben, weil künftig Zeugenanhörungen in dem Fall, die bislang hinter verschlossenen Türen stattfanden, öffentlich abgehalten werden können.
Zunächst hatten die Demokraten darauf verzichtet, ihr Vorgehen im Plenum der Kammer zur Abstimmung zu stellen - mit der Begründung, die Verfassung verlange dies nicht. Das Weiße Haus hatte das Fehlen eines Plenumsbeschlusses aber scharf kritisiert und unter anderem als Begründung dafür bemüht, eine Kooperation bei Zeugenaussagen oder der Herausgabe von Dokumenten kategorisch zu verweigern.
Die Regierungszentrale beklagte auch, Trump würden in dem Verfahren fundamentale Rechte verweigert, etwa Belege einzusehen oder Zeugen zu benennen. Um diese Argumentation zu entkräften, setzten die Demokraten schließlich doch ein Votum an. Pelosi erklärte, damit könne das Weiße Haus das Fehlen eines Plenarbeschlusses nicht mehr als "grundlose" Ausrede nutzen, um die Untersuchung zu boykottieren.
Hintergrund der Ermittlungen ist die Ukraine-Affäre, bei der es um ein Telefonat Trumps mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj geht. Der US-Präsident soll Selenskyj unter Druck gesetzt haben, Nachforschungen zum aussichtsreichen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu unternehmen. Trump soll zudem die Zurückhaltung von rund 400 Millionen US-Dollar an Militärhilfen für die Ukraine als Druckmittel eingesetzt haben, um die Führung in Kiew zu Ermittlungen zu drängen. Trump bestreitet jegliches Fehlverhalten.
Weißes Haus protestiert
Trump schrieb auf Twitter erneut von der "größten Hexenjagd in der Geschichte der USA". Das Weiße Haus verurteilte das Vorgehen der Demokraten gegen Präsident Trump als "unfair, verfassungswidrig und von Grund auf unamerikanisch" verurteilt. "Der Präsident hat nichts falsch gemacht und die Demokraten wissen es", sagte Sprecherin Stephanie Grisham. Sie warf den Demokraten und Pelosi "Besessenheit" vor, die nicht Trump, sondern dem amerikanischen Volk schade. Die Demokraten verschwendeten jeden Tag ihre Zeit mit dem "offenkundigen, parteiischen Versuch, den Präsidenten zu zerstören", erklärte Grisham.
Um den Präsidenten tatsächlich des Amtes zu entheben, muss sich allerdings der gesamte Kongress dafür aussprechen. Während im Repräsentantenhaus bei einem finalen Votum die einfache Mehrheit genügt, müssen im Senat zwei Drittel der 100 Senatoren zustimmen. Dort haben allerdings Trumps Republikaner eine knappe Mehrheit. Eine Zustimmung der Kammer zu einer Amtsenthebung gilt deswegen als unwahrscheinlich, auch wenn es in den USA keinen Fraktionszwang gibt. Bisher ist noch kein US-Präsident auf diesem Wege des Amtes enthoben worden.
kle/sti (rtr, dpa, afp)