US-Gericht stoppt Nationalgarde-Entsendung nach Oregon
6. Oktober 2025
Der Einsatz von Soldaten im Innern ist auch in den Vereinigten Staaten hoch umstritten. Möglich ist das nur in absoluten Ausnahmefällen. Ein US-Gericht stoppte nun Präsident Donald Trumps jüngsten Versuch, Nationalgardisten zu entsenden - und zwar diesmal von Kalifornien in den benachbarten Bundesstaat Oregon. Sie sollten in Portland zum Einsatz kommen. Trump hatte die Großstadt angesichts von Protesten gegen seine Einwanderungspolitik zuvor als "vom Krieg verwüstet" bezeichnet.
Um seinen Willen durchzusetzen, versuchte Trump offenbar eine vorherige Gerichtsentscheidung vom Samstag zu umgehen. Da hatte Bundesrichterin Karin Immergut bereits untersagt, Nationalgardisten aus Oregon selbst nach Portland zu entsenden, der größten Stadt in dem Bundesstaat im Nordwesten der Vereinigten Staaten. Das aktuelle Vorgehen der Trump-Administration stattdessen auf Soldaten aus Kalifornien zurückzugreifen rief am Sonntag Immergut erneut auf den Plan.
Telefonanhörung am Sonntagabend
Während einer eilig von ihr einberufenen Telefonanhörung am Abend (Ortszeit) erließ die Richterin eine einstweilige Verfügung, die von Kalifornien und Oregon beantragt worden war. Immergut war einst von Trump selbst zur Bundesrichterin ernannt worden.
Bei der Telefonanhörung konnte die Richterin es kaum glauben, dass der Präsident am Sonntag Nationalgarde-Truppen aus dem benachbarten Kalifornien und dann auch aus Texas nach Oregon entsandte - nur wenige Stunden nach ihrer ersten Entscheidung, den Einsatz von Nationalgardisten in Portland zu stoppen.
"Wie könnte die Entsendung der Nationalgarde aus Kalifornien nicht in direktem Widerspruch zu der gestern von mir erlassenen Entscheidung stehen?", fragte Immergut einen Regierungsanwalt. "Umgehen die Beklagten nicht einfach meine Verfügung?" Sie betonte, es gebe "weder einen Aufstand in Portland noch eine Bedrohung für die nationale Sicherheit", womit Trump sein Vorgehen begründet hatte.
Erste Gerichtsentscheidung fiel bereits am Samstag
Ihr erstes Veto gegen den Nationalgarde-Einsatz in Portland hatte Richterin Immergut am Samstag damit begründet, dass die Proteste in der Stadt gegen Trumps rigide Migrationspolitik keine "Aufruhrgefahr" darstellten. Die örtlichen "regulären Strafverfolgungsbehörden" seien in der Lage, damit fertig zu werden, hatte Immergut betont.
Die Annahme der Regierungsargumente würde bedeuten, dass der Präsident "praktisch überall und jederzeit Militär entsenden" könne, warnte die Richterin am Samstag. Dies riskiere eine Verwischung der Grenze zwischen ziviler und militärischer Bundesgewalt "zum Schaden dieser Nation".
Ihre beiden Anordnung vom Wochenende gelten bis zum 18. Oktober. Die Trump-Regierung kündigte an, Berufung einzulegen.
Trotz der ersten Gerichtsentscheidung teilte die Gouverneurin von Oregon, Tina Kotek, am Sonntag mit, dass ein Kontingent von "101" Nationalgardisten aus Kalifornien nach Portland entsandt worden sei. Der Generalstaatsanwalt von Oregon, Dan Rayfield, machte deutlich, Präsident Trump könne nicht "weiterhin Katz und Maus mit den Einheiten der Nationalgarde der verschiedenen Bundesstaaten spielen und damit Gerichtsentscheidungen und die Rechtsstaatlichkeit umgehen". Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom sprach von "Machtmissbrauch".
Expertin warnt im DW-Interview
"Diese Mobilisierungen der Nationalgarde verstoßen gegen den 10. Zusatzartikel der Verfassung", so die Einschätzung von Claire Finkelstein, Professorin für Recht und Philosophie an der Universität von Pennsylvania. Das hätten mehrere Gerichte bereits festgestellt. "Man kann das Militär nicht für Strafverfolgungsmaßnahmen einsetzen", sagte Finkelstein der Deutschen Welle: "Es ist ein Versuch der Regierung, Macht anzuhäufen." Die USA seien auf dem Weg Richtung Autoritarismus.
Trump hat nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus im Januar den Kampf gegen die illegale Einwanderung in die USA zu seiner absoluten Priorität erklärt. Vor allem in sogenannten Sanctuary Cities war es jüngst zu Protesten gegen seine harte Migrationspolitik gekommen. Diese Städte gewähren auch Migranten ohne Aufenthaltsgenehmigung Schutz - und dazu gehört auch Portland.
Zunehmende Kriegsrhetorik
Nach Einsätzen der Nationalgarde in Los Angeles und Washington nahm Trump die Städte Portland und Chicago ins Visier. Ende September ordnete er die Entsendung von Militär nach Portland an, am Sonntag folgte Trumps Marschbefehl für 300 Nationalgardisten für einen Einsatz in Chicago.
Die US-Regierung setzt bei ihrem Vorgehen zunehmend auf Kriegrhetorik. Heimatschutzministerin Kristi Noem sagte am Sonntag im konservativen Nachrichtensender Fox News, Chicago sei "ein Kriegsgebiet". "Kriminelle" würden dort "das Leben von Menschen zerstören". "Portland brennt. Überall sind Aufständische", behauptete seinerseits Trump am Sonntag.
AR/pgr (rtr, ap, afp, dpa, DW)