US-Gesundheitsminister Kennedy entlässt Impfstoffberater
10. Juni 2025
Alle 17 Mitglieder des Advisory Commitee on Immunization Practices (ACIP), eines Beratungsausschusses für Impfpraktiken, würden entlassen, heißt es in einer offiziellen Mitteilung des Gesundheitsministeriums der USA. Der Text steht auch in einem Gastbeitrag von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. in der Tageszeitung "Wall Street Journal". Der Schritt sei unerlässlich, um das Vertrauen der Öffentlichkeit wiederherzustellen. "Die Öffentlichkeit muss wissen, dass die Empfehlungen unserer Gesundheitsbehörden auf unvoreingenommener Wissenschaft beruhen, die in einem transparenten Verfahren bewertet wird und nicht in Interessenkonflikte gerät", wird Kennedy in der Erklärung des Gesundheitsministeriums zitiert. Der Minister sei bereits dabei, neue Mitglieder als Ersatz zu suchen, so das Ministerium weiter.
Angeblich Interessenskonflikte
Kennedy behauptet, das Gremium sei voller Interessenskonflikte und habe noch nie einen Impfstoff abgelehnt. Der republikanische Minister warf den Gremiumsmitgliedern vor, durch finanzielle Verbindungen zu Pharmaunternehmen kompromittiert zu sein. Die Experten seien "zu einer bloßen Registrierkammer für jeden beliebigen Impfstoff" geworden, erklärte Kennedy. Beweise für seine Behauptungen legte er nicht vor.
Das Gremium berät die US-Seuchenbehörde CDC, welche Personengruppen am meisten von einem bereits zugelassenen Impfstoff profitieren würden und wann sie ihn erhalten sollten.
Der Schritt Kennedys ist der weitreichendste in einer Reihe von Maßnahmen des Ministers - einem langjährigen Impfstoffskeptiker - zur Neugestaltung der US-amerikanischen Regulierung von Impfstoffen, Lebensmitteln und Medikamenten.
Fachleute sehen Vertrauen der Öffentlichkeit untergraben
Wissenschaftler und Experten sehen gerade durch dieses Vorgehen das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Gesundheitsbehörden untergraben. Von einer "Tragödie" sprach der ehemalige führende Forscher Jesse Goodman. "Dies ist eine hochprofessionelle Gruppe von Wissenschaftlern, Ärzten und anderen (...). Es ist die Art von politischer Einmischung, die das Vertrauen eher mindert als stärkt."
Der Branchenverband Pharmaceutical Research and Manufacturers of America erklärte, durch das Vorgehen würden nur die Unsicherheit und Skepsis gegenüber Impfstoffen in der Bevölkerung erhöht. Dorit Reiss, Expertin für Impfstoffrecht an der UC Law San Francisco, wies darauf hin: "Es ist ein Expertenausschuss. Präsidenten waren nie an der Zusammensetzung des ACIP beteiligt."
Republikanischer Senator widerspricht Kennedy Jr.
Auch unter den regierenden Republikanern ist die Maßnahme nicht ganz unumstritten. "Natürlich besteht nun die Befürchtung, dass das ACIP mit Menschen besetzt wird, die nichts über Impfstoffe wissen, außer dass sie ihnen misstrauen", schrieb der republikanische US-Senator Bill Cassidy in einem Beitrag im Onlinedienst X. "Ich habe gerade mit Minister Kennedy gesprochen und werde weiterhin mit ihm sprechen, um sicherzustellen, dass dies nicht der Fall ist", ergänzte er.
Cassidy ist ein Arzt aus dem südöstlichen Bundesstaat Louisiana. Er hatte sich auch schon skeptisch zu Kennedys Impfgegnerschaft geäußert.
Der US-Gesundheitsminister stellt seit vielen Jahren die Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen in Frage. Kennedy stellte Behauptungen auf, die im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkenntnissen stehen. So vertrat er wiederholt auch eine bislang widerlegte Theorie, Impfungen in der Kindheit führten zu Autismus. Im April gab Kennedy dazu eine entsprechende Untersuchung in Auftrag.
se/pg (rtr, ap, afp)