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Krisenzeichen

Jens Korte, New York3. Oktober 2006

Immer mehr deutet auf eine Abkühlung der US-Konjunktur hin - und damit der Weltwirtschaft. Doch der Dow-Jones-Index liegt bei einem Allzeithoch.

Die Skyline von New York mit dem Chrysler-Building
Die Immobilienkrise hat auch Manhatten erreichtBild: AP

Ron Tardanico ist Immobilienmakler in New York. Seit 24 Jahren arbeitet er in dem Geschäft. Tardanico führt durch ein Luxusapartment an der schicken Upper Eastside und preist den Blick auf den Trump Palace an: "Bei Nacht sieht er aus, wie eine riesige Kerze - ein sehr romantisches Ambiente." Noch vor einem Jahr hätten ihm potenzielle Käufer die Tür eingerannt. Doch jetzt seien die Zeiten für Immobilienmakler schwerer, die Leute würden mehr aufs Geld achten als früher, sagt Tardanico. Selbst in den Hochhausschluchten in Manhattan bläst ein scharfer Wind durch den Immobilienmarkt.

Ängstlich und nervös

Und das gilt im Herbst 2006 für weite Teile der USA. Elise Glink moderiert eine speziell auf den Immobilienmarkt zugeschnittene Talkshow im Radio. "Im Moment sind viele Menschen verzweifelt, ich habe lange nicht mehr so eine große Hoffnungslosigkeit gesehen", sagt sie. "Hausbesitzer sind ängstlich und nervös. Jeder versucht hier mit aller Kraft sein Haus zu verkaufen."

Die Probleme auf dem Immobilienmarkt könnten der gesamten US-Konjunktur schwer zusetzen. Wer kein Haus kauft, brauche auch keine neuen Möbel oder Haushaltsgeräte, erklärt David Wyss, Chefökonom des Bewertungsunternehmens für Firmen und Finanzmärkte Standard & Poor's, . Dementsprechend stehe die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in direkter Verbindung zum schwächeren Immobilienmarkt.

Rettender Ölpreis

Unter dem Strich rechnet Wyss dennoch nicht mit einem Crash. "Wir glauben an eine sanfte Landung. So wie 1995/96, als die Wirtschaft etwa ein Jahr lang nur ein Wachstum von zwei Prozent verbuchte." Aber es gebe auch viele Risiken - darunter den Faktor Öl. "In den vergangenen Wochen sind die Ölpreise gefallen - das hat die Probleme vom Immobilienmarkt ausgeglichen."

20 Prozent sind die Rohölpreise seit Mitte Juli gefallen. Dadurch ist Benzin billiger geworden, und das war eine Finanzspritze für die US-Konsumenten. Angesichts der Weltlage kann sich der Trend jedoch jederzeit wieder umkehren. Sollten Benzin und Heizölpreise wieder steigen, könnte das schnell auf den Konsum drücken. Und sollten dann noch die Häuserpreise weiter fallen, könnte das Wort Rezession wieder die Runde an der Wall Street machen.

Vorübergehende Schwächephase?

Dean Maki, Chefvolkswirt der Investmentbank Barclays Capital, rechnet ebenfalls mit einer Abkühlung. Ein Wirtschaftswachstum von 3,5 Prozent wie in diesem Jahr werde 2007 wohl nicht wiederholt. Doch er rechne lediglich mit einer vorübergehenden und leichten Schwächephase.

Immobilienmakler Tardanico wird die Daumen drücken, dass Dean Maki Recht behält. Die Wohnung an der Upper Eastside ist zumindest bezugsfertig. Alles sei vorhanden - derjenige, der das Apartment kauft, brauche nur seine Kleider und Zahnbürste mitzubringen - und 1,7 Millionen Dollar - so viel kostet die Dreizimmerwohnung nämlich.

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