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Politik

US-Mega-Bombe als Botschaft

Shamil Shams | Masood Saifullah
14. April 2017

Die USA haben den IS in Afghanistan mit einer gewaltigen Bombe angegriffen. Mindestens 36 IS-Kämpfer wurden getötet. Doch die Bombe zielte nicht allein auf den IS, sind Beobachter überzeugt.

USA Bombe GBU-43/B in Florida
Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/US Air Force

Die Bewohner des Achin-Distrikts in Ostafghanistan beschreiben die Explosion der amerikanischen Mega-Bombe "GBU-43/B Massive Ordnance Air Blast" (MOAB) als größte jemals gesehene. Malek Yunes, ein Einwohner aus Achin, erzählte der Deutschen Welle: "Gestern Abend gegen sieben Uhr (Ortszeit) wurde das Ding abgeworfen. Fast eine halbe Stunde lang stand der ganze Ort in Flammen. Er ist komplett zerstört." Yunes weiß, wovon er spricht, denn in den vergangenen Jahrzehnten hat das Land gewaltige Bombardements erlebt, insbesondere nach der US-Invasion im Jahr 2001, aber auch nach dem Fall des Taliban-Regimes im gleichen Jahr.

Die US-Luftwaffe hatte mit der Bombe auf die Terrormiliz IS gezielt. 36 Kämpfer sollen getötet worden sein. Der Sprecher des Gouverneurs, Ataullah Khogianai, erklärte der Deutschen Welle: "Die Verstecke des IS sind vollständig zerstört. Zivile Opfer gibt es nicht, weil viele Bewohner der Gegend bereits vor dem IS geflohen waren."

Deutungsversuche

Die "Mutter aller Bomben", wie die Abkürzung MOAB auch übersetzt wird, ist nach Angaben von Bill Roggio von der "Foundation for Defense of Democracies" besonders dafür geeignet, Ziele zu treffen, die mit herkömmlichen konventionellen Bomben nicht erreicht werden können. Die mehr als 8400 Kilogramm Sprengstoff saugen den Sauerstoff der Trefferzone auf und setzen die Luft in Brand.

Seit Monaten kämpft die afghanische Armee mit US-Unterstützung in Nangarhar gegen den ISBild: Getty Images/AFP/N. Shirzada

Dass die Trump-Administration diese gewaltige Waffe nun erstmals überhaupt, und zwar im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) in Afghanistan, eingesetzt hat, wirft Fragen auf: Ist die Bedrohung US-amerikanischer Interessen durch den IS in Afghanistan so groß, dass der Einsatz der MOAB gerechtfertigt ist? Und: Hat Washington mit der Tötung von 36 IS-Kämpfern durch eine fast 15 Millionen US-Dollar (14,1 Millionen Euro) teure Waffe tatsächlich nur auf den IS gezielt?

Der ehemalige General der afghanischen Armee Attiqullah Amarkhail erklärte gegenüber der Deutschen Welle: "Ich kenne die bombardierte Region gut und ich glaube nicht, dass das US-Militär eine derartig große Bombe braucht, um eine so kleine Zahl von IS-Kämpfern zu treffen." Eine elf Tonnen schwere Bombe für gerade einmal 36 Gegner sei unverhältnismäßig, wenn nicht noch ein anderes Ziel damit verbunden sei.

Der IS in Afghanistan

Nach eigenen Angaben der USA gibt es zwischen 600 und 800 IS-Kämpfer in Afghanistan. Im Vergleich zum Irak und Syrien ist das wenig. Erste Berichte über IS-Kämpfer in Afghanistan erschienen Anfang 2015. Bereits 2014 erklärten die afghanische Regierung und das US-Militär, dass der IS Kämpfer in Afghanistan rekrutiere und dabei das Vakuum nutze, das die Schwächung der Taliban hinterlassen habe.

Seit 2015 sind IS-Kämpfer auch in AfghanistanBild: picture-alliance/dpa/G. Habibi

Besonders betroffen ist der Distrikt Achin in der östlichen Provinz Nangarhar. Dort ist die Terrormiliz schon länger aktiv. Die Lage erinnert an Syrien oder den Irak. Der IS kontrolliert die Region teilweise, tötet Gegner, plündert Häuser und verbreitet mithilfe eines Radiosenders Angst und Schrecken. Insofern verwundert es nicht, dass die Bewohner seit langem den Kampf gegen die Terrormiliz fordern. "Wenn der IS jetzt nicht hier gestoppt wird, wird er nicht nur zur Bedrohung für Afghanistan, sondern auch für die anderen Länder in der Region", sagte ein Bewohner Achins bereits 2015 im Gespräch mit der DW.

Die USA haben mit dem Abwurf der MOAB nun eine Nachricht an den IS gesandt, wie Michael Kugelman vom Woodrow Wilson Zentrum im Gespräch mit der DW sagt: "Die USA werden den IS jagen, wo auch immer er ist, ob in Afghanistan oder sonstwo. Allerdings sollte der Bombenabwurf nicht als Präzedenzfall für zukünftige Angriffe auf den IS verstanden werden." Insgesamt hätten die USA und die afghanische Armee in den letzten Monaten große Fortschritte bei der Bekämpfung des IS in der Region gemacht. "Ich vermute die Bombe hatte den Zweck, die Kämpfer zu treffen, die bei bisherigen US-afghanischen Operationen überlebt  und sich in Tunnelsysteme zurückgezogen hatten."

Afghanistan-Konferenz in Moskau

Möglicherweise war der Bombenangriff aber auch als Warnung gedacht. Auffällig ist nämlich, dass sich der Bombenabwurf ereignete, während in Moskau eine Afghanistan-Konferenz stattfindet. An der Konferenz nehmen zwölf Länder inklusive Afghanistan, China, Indien, der Iran und Pakistan teil, aber nicht die USA, die eine Einladung ausgeschlagen hatten.

Russland versucht seit einiger Zeit seinen Einfluss auf Afghanistan mit der Hilfe von Pakistan und dem Iran auszudehnen. Der Bombenabwurf könnte also auch ein Signal sein, dass Washingtons reduziertes Engagement in Afghanistan nicht als Schwäche gedeutet werden dürfe. "Die USA präsentieren ihre militärischen Fähigkeiten mit Blick auf Russland und China", ist Ex-General Amarkhail überzeugt. "Der Zeitpunkt des Bombenabwurfs ist entscheidend."

Mit Blick auf Afghanistan sei der Abwurf unglücklich, denn er werde die Sicherheitslage verschlechtern. Die Militanten würden das Bombardement propagandistisch ausschlachten, um mehr Kämpfer zu rekrutieren.

 

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