US-Militär stoppt Weitergabe von Wetterdaten
8. Juli 2025
In den letzten Jahren häuften sich weltweit extreme Wetterereignisse: Starkregen, Gewitter, Überschwemmungen, Hurrikans und Wirbelstürme oder auch langanhaltende Dürren, die zu Ernteausfällen oder Waldbränden führen.
Eigentlich sollte in diesen Zeiten also die Meteorologie gestärkt werden. Denn Schäden oder mögliche Opfer lassen sich reduzieren, wenn es möglichst genaue Wettervorhersagen gibt.
Weniger Wetterdaten – aus Sicherheitsgründen
Für verlässliche Wettervorhersagen braucht es viele unterschiedliche und sehr spezifische Daten. Die Verfügbarkeit von Wetterdaten nimmt aktuell jedoch drastisch ab.
Grund dafür ist auch die Entscheidung des US-Verteidigungsministeriums, ab Ende Juli 2025 die Wetterdaten von einigen Satelliten nicht mehr öffentlich zur Verfügung zu stellen – aus (Cyber)-Sicherheitsgründen. Dies teilte die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) mit.
Die Entscheidung hat also offiziell - anders als in vielen anderen Forschungsbereichen – nicht direkt etwas mit Budget-Kürzungen und Streichungen der Trump-Administration zu tun. Zunächst sollte die Bereitstellung bereits Ende Juni eingestellt werden, nach Protesten gab es zumindest einen einmonatigen Aufschub bis Ende Juli.
Welche Daten werden künftig fehlen?
Dass Wettervorhersagen nicht immer zutreffend sind, liegt nicht am Unvermögen der Meteorologie, sondern an der Komplexität des Themas. Denn unsere Atmosphäre ist ein sogenanntes "chaotisches System", bei dem "selbst kleinste Unterschiede in der Temperatur, im Druck, im Wind an relativ weit entfernten Orten und auch mit einem zeitlichen Verzug eine große Wirkung zeigen" können, so Meteorologe Peter Knippertz vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gegenüber der DW.
Durch die US-Entscheidung werden künftig vor allem Satellitendaten über die Erdatmosphäre und die Ozeane fehlen. Diese Daten verraten - teils in Echtzeit - sehr viel etwa über Stürme oder aufziehende Hurrikans, über das Meereis in den Polarregionen oder über Klimaveränderungen.
Seit den 1960er Jahren analysiert das US-Militär Wetterdaten, die ihr Defense Meteorological Satellite Program (DMSP) global sammelt. Aktuell sind offenbar noch drei Satelliten für dieses Programm aktiv. Das von der US Air Force verwaltete Programm wird von einer Air Force Base in Nebraska aus betrieben und soll "täglich weltweite Daten zur Wolkenbedeckung (zusammen mit ozeanografischen und solar-geophysikalischen Umweltparametern) sammeln und verbreiten. Das DMSP-System wird für strategische und taktische Wettervorhersagen eingesetzt, um das US-Militär bei der Planung von Operationen zu See, zu Land und in der Luft zu unterstützen", heißt es auf der Website.
Für die Meteorologie ist vor allem das "Operational Linescan System" (OLS) wichtig. Denn diese Radiometer überwachen zweimal täglich die globale Verteilung von Wolken und Wolkentemperaturen. Sehr wertvolle Daten liefert auch das "Special Sensor Microwave Imager Sounder" (SSM/IS), ein Mikrowellenradiometer, das die thermische Mikrowellenstrahlung der Erde misst und für globale Messungen von Lufttemperaturprofilen, Feuchtigkeitsprofilen und anderen atmosphärischen Messungen genutzt wird. Ein Blick auf die aktuell verfügbaren Daten lässt erahnen, wie groß die künftige Lücke sein wird.
All diese sehr spezifischen und wichtigen Rohdaten der Satelliten wurden bislang vom "Fleet Numerical Meteorology and Oceanography Center" der US Navy aufbereitet und anschließend auch Forschungseinrichtungen und für die zivile Nutzung zur Verfügung gestellt. Sie flossen tagtäglich in die Berechnungen der Wettervorhersagen mit ein. Damit ist ab Ende Juli Schluss.
Welche Auswirkungen hat die Datenlücke?
Unter Hochdruck suchen Meteorologen, Klimaforscher und viele andere Forschende nun nach alternativen Daten und versuchen, ihre Berechnungsmodelle so kalibrieren, dass sie auch ohne US-Wetterdaten funktionieren.
Für Fachleute bedeutet das Fehlen der Daten "einen statistisch messbaren Verlust von Vorhersagegüte, denn Mikrowelleninformationen zu Temperatur und Feuchte haben einen unverhältnismäßig großen Einfluss auf die Wettervorhersage", so Meteorologe Peter Knippertz gegenüber der DW.
Besorgt zeigte sich nicht nur das National Snow and Ice Data Center (NSIDC), dass künftig auf Meereisberechnungen von japanischen Satelliten zugreifen will. Präzise Vorhersagen über das arktische Meereis sind extrem wichtig für die internationale Schifffahrt. Schließlich bestimmt die jeweilige Menge und Dicke des Meereises, welchen Kurs Schiffe wählen und wo die wirtschaftlichste Route langführt.
Sorgen haben auch die Hurrikan-Experten, schließlich beginnt bald die Hurrikan-Saison im Atlantik. Zwar beteuert die US-Ozeanografiebehörde NOAA, dass sich der Wegfall von Daten nicht auf die Genauigkeit von Hurrikan-Vorhersagen auswirken würde, weil die verbleibenden Satelliten die künftig fehlenden Daten liefern könnten.
Aber Experten vor allem aus ärmeren Ländern befürchten, dass die entstehenden Lücken eben nicht kompensiert werden können. Gerade in Regionen, wo Wetterdaten nach wie vor manuell erhoben und übermittelt werden müssen, waren die vom US-Militär zur Verfügung gestellten Daten eine große Hilfe bei der Erstellung von Wettervorhersagen.
Auch US-Messstation auf Hawaii wird geschlossen
Zusätzlich soll auch die wichtige Messstation des Mauna Loa Observatory auf Hawaii laut US-Presseberichten geschlossen werden. Es sammelt bereits seit 1958 unverzichtbare Daten über die Zusammensetzung und über Veränderungen der Erdatmosphäre.
Diese Schließung erfolgt aber wohl nicht aus Sicherheitsgründen. Da in Hawaii vor allem der deutliche Kohlendioxid-Anstieg in der Atmosphäre und der menschengemachte Klimawandel dokumentiert und erforscht wird, sprechen eher politische Erwägungen für die Schließung.