Das Nationale Olympische und Paralympische Komitee der USA empfiehlt, die Charta 50 des IOC zu ändern. Sportler sollen sich bei den Spielen gegen Rassismus und für soziale Gerechtigkeit äußern dürfen.
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Diese Empfehlung könnte die olympische Welt verändern: Eine Arbeitsgruppe des Olympischen und Paralympischen Komitees der USA (USOPC) schlägt dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) vor, die umstrittene Charta 50 zu verändern. Diese besagt, dass bei Olympia jegliche Demonstrationen sowie politische, religiöse oder rassistische Botschaften verboten sind.
Was seit Jahrzehnten in Stein gemeißelt war, könnte jetzt bröckeln. Denn das Wort des USOPC hat großes Gewicht bei den Entscheidungsträgern in Lausanne, sind die Vereinigten Staaten doch ein Kernmarkt der Bewegung und über die TV- und Werbeeinnahmen auch ein nicht unbedeutender Finanzier. Zudem kommen die meisten Medaillengewinner aus den USA.
Reaktion auf Floyd-Tötung
Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Anti-Rassismus-Bewegung, die von den USA aus die Welt erobert hatte. Nach dem Tod des dunkelhäutigen US-Bürgers George Floyd waren Sportler rund um den Globus aus Protest vor dem Beginn ihrer Wettkämfe auf die Knie gefallen. Damit hatten sie eine Debatte losgetreten über die Trennung von Sport, Gesellschaft und Politik.
IOC-Präsident Thomas Bach hatte für den olympischen Bereich auf die IOC-Athletenkommission verwiesen. Die sollte "im Dialog mit ihren Kollegen und den Athleten aus der ganzen Welt" herausfinden, wie Athleten "ihre Unterstützung auf würdige Weise zum Ausdruck bringen können", sagte Bach im Juni.
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Coventry will abwarten
Darauf hat das NOK der USA nun reagiert, wohl nicht ganz unzufällig am Tag der Menschenrechte: "Die Stummschaltung von Athleten während der Spiele steht in starkem Kontrast zur Wichtigkeit, Teilnehmer zuerst als Menschen und dann als Athleten anzuerkennen", hieß es in dem an das IOC gerichteten Empfehlungsschreiben der USOPC-Arbeitsgruppe. "Athleten zu verbieten, ihre Sicht während der Spiele frei zu zeigen, insbesondere die von historisch unterrepräsentierten und minderwertig behandelten Gruppen, trägt dazu bei, Athleten zu entmenschlichen und widerspricht Schlüsselwerten von Olympia und den Paralympics."
Die Athletenkommission des IOC reagierte umgehend: Das Statement werde so wie andere Rückmeldungen berücksichtigt, die die Kommission von den Athleten aus weiteren 205 Nationalen Olympischen Komitees - darunter aus Australien, Kanada und Deutschland - erhalten habe, erklärte Kirsty Coventry, die Sprecherin der IOC-Kommission, bei Twitter. Die 37-jährige frühere Schwimmerin, die auch Sportministerin in Simbabwe ist, erklärte, dass der Konsultationsprozess andauere. Es werde ein gemeinsames Treffen ihrer Kommission mit Vertretern des USOPC am 25. Juni geben, um über diese Fragen zu sprechen.
to/ck (sid, dpa)
George Floyds Tod bewegt die Welt
Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd bringen immer mehr Menschen ihre Wut über die systematischen Misshandlungen von Schwarzen zum Ausdruck - zum Teil auch mit gewaltsamen Protesten.
Bild: picture-alliance/newscom/C. Sipkin
"Ich kann nicht atmen"
Die Proteste gegen Polizeigewalt gegen Schwarze haben sich von Minneapolis aus schnell in andere Städte wie New York City verbreitet, wo auch diese Frau auf die Straße ging. Die Demos begannen Anfang der Woche, nachdem ein Polizist George Floyd, einem 46-jährigen Schwarzen, Handschellen angelegt und ihm sein Knie in den Nacken gedrückt hatte - bis Floyd schließlich aufhörte zu atmen und starb.
Bild: picture-alliance/newscom/C. Sipkin
Ruhigere Demos, heftige Ausschreitungen
Am Samstag verliefen die Kundgebungen meist friedlich, im Laufe der Nacht eskalierten sie jedoch teilweise. In Washington, D.C. , wo auch dieser Mann kniete, war die Nationalgarde vor dem Weißen Haus stationiert. Mindestens ein Mensch starb bei Schießereien in Indianapolis. In New York fuhren zwei Polizei-Fahrzeuge in eine Menschenmenge.
Bild: picture-alliance/ZUMA/J. Mallin
Ausgeraubt
Ein Mann trägt eine Kette aus einem zerstörten Laden: In einigen Städten, darunter Los Angeles, Atlanta, New York, Chicago und Minneapolis, haben sich die Proteste in Ausschreitungen verwandelt; Menschen plünderten und demolierten lokale Geschäfte und Betriebe.
Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Pizello
Wer hat Schuld?
Präsident Donald Trump hat damit gedroht, das Militär zur Niederschlagung der Proteste zu entsenden. Seine Regierung werde die Gewalt endgültig stoppen. Trump schob die Schuld an den Ausschreitungen angeblich linksextremen Gruppen zu. Der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, sagte Reportern, er habe mehrere unbestätigte Berichte über weiße Rassisten gehört, die die Gewalt schürten.
Bild: picture-alliance/ZUMA/K. Birmingham
Medien im Fadenkreuz
Viele Journalisten, die über die Proteste berichteten, wurden selbst zur Zielscheibe. Am Freitag wurden ein CNN-Korrespondent und seine Crew bei der Berichterstattung in Minneapolis verhaftet, mehrere Reporter wurden von Geschossen getroffen oder während der Sendung festgenommen. Stefan Simons von der DW wurde von der Polizei beschossen, als er sich darauf vorbereitete, auf Sendung zu gehen.
Bild: Getty Images/S. Olson
Ein Protest geht um die Welt
Auch in den kanadischen Städten Vancouver und Toronto gehen immer mehr Menschen gegen allgegenwärtigen Rassismus auf die Straße. Sie erinnern dabei auch an Regis Korchinski-Paquet. Die dunkelhäutige Frau war am Mittwoch vom Balkon ihrer Hochhaus-Wohnung gefallen, in der sie sich zuvor alleine mit Polizisten aufgehalten hatte. Die Beamten sollten der psychisch angeschlagenen Frau helfen.
Bild: picture-alliance/NurPhoto/A. Shivaani
Auch in Deutschland wächst die Wut
Am Berliner Mauerpark wird mit einem Graffito an den gewaltsamen Tod von George Floyd erinnert. Seine verzweifelten Worte "I can't breathe" - "Ich kann nicht atmen" - gingen als Twitter-Hashtag um die Welt. Am Samstag demonstrierten zudem Tausende vor der US-Botschaft in Berlin.