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Politik

US-Präsident Biden umwirbt ASEAN-Staaten

12. November 2022

In Kambodscha versucht Joe Biden Dämme gegen den wachsenden Einfluss Pekings zu bauen. Die Chinesen allerdings haben schon längst engere Bande zu den ASEAN-Mitgliedern geknüpft.

Kambodia | 2022 ASEAN Gipfeltreffen in Phnom Penh - Joe Biden
Charmeoffensive: Joe Biden (2. v. l.) mit den Staats- und Regierungschefs der ASEAN-GruppeBild: KEVIN LAMARQUE/REUTERS

Die USA wollen dem wachsenden Einfluss Chinas in der Asien-Pazifik-Region gegensteuern und die Zusammenarbeit mit den südostasiatischen Ländern ausweiten. US-Präsident Joe Biden sagte auf dem Gipfel der ASEAN-Staats- und Regierungschefs in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh, der Verband stehe "im Mittelpunkt der Indopazifik-Strategie meiner Regierung".

Dem ASEAN-Zusammenschluss gehören neben dem Gastgeberland neun weitere Staaten an, darunter Thailand, Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Singapur. Zusammengerechnet haben die Mitglieder über 600 Millionen Einwohner und damit mehr als etwa die Europäische Union, die allerdings in Summe ein vielfach höheres Bruttoinlandsprodukt aufweist.

"Umfassende strategische Partnerschaft"

Die USA und die ASEAN-Staaten hoben ihre Beziehungen - wie zuvor angekündigt - auf die Ebene einer "umfassenden strategischen Partnerschaft". Biden sprach von einer "neuen Ära der Kooperation". Das benachbarte China hatte bereits vor einem Jahr auf ähnliche Weise seine Beziehungen zu den aufstrebenden südostasiatischen Ländern vertieft. Peking rivalisiert indes mit mehreren ASEAN-Staaten um Teile des Südchinesischen Meeres. Durch das rohstoffreiche Gebiet, das auch geostrategisch eine wichtige Rolle spielt, läuft etwa ein Drittel des weltweiten Schiffsverkehrs. Das internationale Schiedsgericht in Den Haag hatte Chinas Ansprüche 2016 als unrechtmäßig abgewiesen.

"Neue Ära der Kooperation": Biden mit der US-Delegation in Phnom PenhBild: CINDY LIU/REUTERS

Biden erklärte nun in Anspielung auf diesen Konflikt, Ziel der US-asiatischen Zusammenarbeit sei ein Indopazifik, der "frei und offen, stabil und blühend, widerstandsfähig und sicher" sei. Gemeinsam müssten "Herausforderungen vom Südchinesischen Meer bis hin zu Myanmar" bewältigt werden.

"Jeder hat in Myanmar versagt"

Im früheren Birma, das traditionell enge Kontakte zu China pflegt, hatte das Militär 2021 gegen die gewählte demokratische Führung geputscht. Ex-Regierungschefin Aung San Suu Kyi und weitere Mitglieder der vormaligen Führung sitzen in Haft. Der Chef der myanmarischen Junta, General Min Aung Hlaing, war nicht nach Phnom Penh eingeladen worden. UN-Generalsekretär António Guterres, der ebenfalls an dem Gipfel teilnimmt, sagte mit Blick auf die Lage nach dem dortigen Staatsstreich: "Jeder hat in Bezug auf Myanmar versagt." Die Vereinten Nationen nehme er davon nicht aus. Die Situation im Land sei ein "endloser Albtraum".

"Endloser Albtraum": UN-Generalsekretär António GuterresBild: TANG CHHIN SOTHY/AFP/Getty Images

Bei einem bilateralen Treffen mit dem kambodschanischen Ministerpräsidenten Hun Sen sprach der US-Präsident Sorgen über eine Beteiligung Chinas an einem Marinestützpunkt des Gastgeberlandes an. Wie das Weiße Haus mitteilte, betonte Biden "die Bedeutung voller Transparenz über die militärischen Aktivitäten der Volksrepublik China auf dem Ream-Marinestützpunkt".

Geheimabkommen mit China?

Nach unbestätigten Medienberichten hat Kambodscha einen Teil der Streitkräftebasis am Golf von Thailand per Geheimabkommen für 30 Jahre an Peking verpachtet. Dort könnte der zweite exterritoriale chinesische Marinestützpunkt entstehen - nach Dschibuti in Afrika -, der auch für Aktivitäten im Südchinesischen Meer von zentraler Bedeutung wäre. Die Volksrepublik hatte die Berichte zunächst bestritten, dann aber eingeräumt, China helfe beim laufenden Ausbau der Basis.

Biden, der auf seiner Reise mehrfach über Ländernamen stolperte und von "Kolumbien" statt von "Kambodscha" sprach (im Englischen: "Colombia" und "Cambodia"), erinnerte Hun Sen auch an die Bedeutung von Bürger- und Menschenrechten. Zugleich verlangte er die Freilassung von Aktivisten, die unter politisch motivierten Vorwürfen festgenommen worden waren.

Ukraine wirbt um Unterstützung aus Asien

Ein weiteres Thema des US-Präsidenten in Phnom Penh ist Russlands "brutaler Krieg gegen die Ukraine". Erstmals waren Vertreter aus Kiew zu einem ASEAN-Gipfel eingeladen. US-Außenminister Antony Blinken sicherte der Ukraine bei einer Begegnung mit seinem Amtskollegen Dmytro Kuleba erneut Unterstützung zu - "so lange wie nötig". Kuleba forderte die südostasiatischen Staaten auf, Russland zu einer Fortsetzung des unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei ausgehandelten Getreideabkommens zu drängen. Die Vereinbarung läuft in einer Woche aus.

Das ASEAN-Treffen bildet den Auftakt zu drei weiteren Gipfeln in der Region: Am Montag will Biden auf der indonesischen Insel Bali zum ersten Mal seit seiner Amtsübernahme Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping persönlich treffen. Am Dienstag und Mittwoch tagen dort die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Industrienationen (G20). Anschließend findet am Freitag und Samstag in der thailändischen Hauptstadt Bangkok der Gipfel der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) statt. Russlands Präsident Wladimir Putin wird an keiner dieser Zusammenkünfte teilnehmen.

"Andere Länder, andere Partner": Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit Journalisten auf dem Flug nach SingapurBild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Habeck: Abhängigkeiten reduzieren

Deutschland versucht derweil nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, seine Handelspolitik in Asien neu aufzustellen. "Wir brauchen andere Länder, andere Partner", sagte Habeck vor einer Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft in Singapur. Beispielhaft nannte er die Hoffnung auf zügige Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien. In wichtigen Bereichen wie etwa der Halbleiterindustrie dürfe man sich keine einseitigen Abhängigkeiten von China leisten. Allerdings gehe es auch nicht um eine wirtschaftliche Abkoppelung von Peking.

Die Bundesregierung will unter anderem mit dem Instrument staatlicher Investitionsgarantien erreichen, dass sich die Wirtschaft breiter aufstellt. In einem Interview mit dem Sender n-tv kündigte Habeck an, die Garantien je Unternehmen und Land auf drei Milliarden Euro zu begrenzen. Weitere Absicherungen könne eine Firma dann nur für Investitionen in einem anderen Land erhalten.

jj/kle (dpa, afp, rtr, epd)