Donald Trump und der lange Schatten des Jeffrey Epstein
Veröffentlicht 17. Juli 2025Zuletzt aktualisiert 18. Juli 2025
"Drain the swamp" war stets eines von Donald Trumps zentralen Wahlversprechen. Und es war eines, das bei seiner Anhängerschaft besonders verfing: In Washington, so die Kernbotschaft, herrsche eine völlig korrumpierte politische Elite, die sich aber für juristisch und moralisch unantastbar halte. Wäre Trump, der angebliche politische Außenseiter, erst einmal an der Macht, würde er endlich damit aufräumen und "den Sumpf trockenlegen".
Für seine bislang so begeisterten Anhänger dürfte es kaum einen Fall geben, der diese angeblich korrumpierte Elite besser widerspiegelt als der von Jeffrey Epstein. Der ehemalige Investmentbanker soll zwischen 2002 und 2005 zahlreiche minderjährige Mädchen sexuell missbraucht haben. Unterstützt wurde er dabei von seiner langjährigen Partnerin Ghislaine Maxwell, die später dafür verurteilt wurde. Gleichzeitig unterhielt der mehrfache Millionär Verbindungen in die obersten Kreise aus Politik und Wirtschaft sowie zu mehreren Hollywoodstars.
Verschwörungsbewegung "mit religiösen Zügen"
Trump selbst hatte im Wahlkampf versprochen, die geheimen Ermittlungsakten im Fall Epstein zu veröffentlichen. Doch nun, da er selbst Präsident ist, wollte er davon lange nichts mehr wissen. Seitdem geht ein tiefer Riss durch Trumps bisherige Anhängerschaft. Denn mittlerweile steht der Verdacht im Raum, Trump könne selbst Teil jenes Systems sein, das er einst zu bekämpfen versprach.
"Jeffrey Epstein ist einer der wahren Schurken unserer Zeit", sagte Glenn Thrush, Justizreporter der New York Times, im DW-Gespräch. "Er war ein Kinderschänder. Er war verschwiegen und pflegte vielfältige Beziehungen zu den Reichen und Mächtigen. Die Leute, die sich derzeit in diesem Fiebersumpf der Washingtoner Politik befinden, können nicht unbedingt verstehen, dass die Energie der Epstein-Verschwörungsbewegung fast religiöse Züge angenommen hat." Dabei hatte gerade Trump in seiner Zeit als Präsidentschaftskandidat mehrere Verschwörungserzählungen rund um Epstein mit angefacht.
Verschwörungsmythen aus dem Trump-Lager
"Die sogenannte 'Jeffrey-Epstein-Kundenliste' ist der wichtigste Gegenstand und zu einer Art Totem dieses Falls geworden", erläutert Thrush. Trump-Anhänger hatten einst die Behauptung in die Welt gesetzt, der Multimillionär habe eine solche Liste reicher und mächtiger Menschen besessen, denen er minderjährige Mädchen zum Zweck des sexuellen Missbrauchs vermittelt habe. "Ermittler beider Regierungen, der Biden- und der Trump-Regierung, haben uns jedoch mitgeteilt, eine solche Liste existiere nicht", versichert der New York Times-Journalist.
Die US-Zeitung Wall Street Journal berichtete über ein angebliches Schreiben für Epstein mit schlüpfrigem Inhalt, der Trumps Namen tragen soll. Die Zeitung berief sich auf Einblick in Dokumente.
Der Präsident bestreitet, Urheber gewesen zu sein - Trump kündigte nicht nur Klage gegen die Zeitung an, sondern auch gegen Medienmogul Rupert Murdoch, zu dessen Portfolio das Wall Street Journal zählt.
Zweifel und Spekulationen
Unter den Anhängern der "Make America Great Again" (MAGA)-Bewegung bleiben die Zweifel dennoch groß. Zu gut passen die Geschichten in den breiten Kanon anderer rechter Verschwörungsmythen, wie etwa dem sogenannten "Pizzagate": Dabei handelt es sich um eine längst widerlegte Behauptung, der zufolge hochrangige Demokraten in einer Pizzeria in Washington einen Pädophilenring betrieben hätten.
Auch um Epsteins Tod 2019 ranken sich wilde Spekulationen. Nach seiner Verhaftung wurde er tot in seiner Zelle aufgefunden. Die Ermittlungen ergaben, dass es sich um Selbstmord gehandelt habe. Mehrere Gefängniswärter hatten in der Todesnacht ihre Kontrollgänge versäumt, obwohl Epstein nur einen Monat zuvor bereits einen mutmaßlichen Suizidversuch unternommen hatte. Das bot genug Raum für wilde Spekulationen. Trump selbst befeuerte diese, indem er etwa wiederholt davon redete, in den USA existiere ein "deep state". Dieses Schlagwort bezeichnet ein angebliches Netzwerk aus geheimen Entscheidern, die am Willen des amerikanischen Volkes vorbei agieren.
Tiefer Riss in der MAGA-Bewegung
Nun fordern große Fürsprecher der MAGA-Bewegung die Aufklärung ein, die Trump einst versprochen hat. Alles andere sei eine "absolute Kehrtwende", die von den Menschen "nicht akzeptiert wird", wütete etwa die republikanische Kongressabgeordnete Marjorie Taylor Greene, einst eine der glühendsten Trump-Anhängerinnen. In sozialen Netzwerken machen Videos die Runde, auf denen enttäuschte Trump-Anhänger ihre MAGA-Basecaps verbrennen. Und eine ganze Reihe bekannter rechter Influencer von Laura Loomer bis Alex Jones stellt sich gegen den Kurs des Präsidenten.
Der versuchte zunächst die aufkommende Debatte zu beenden - ohne Erfolg. Am Mittwoch dann griff Trump seine Kritiker, die er seine "ehemaligen Unterstützter" nannte, wütend an: "Lasst diese Schwächlinge weitermachen und die Arbeit der Demokraten erledigen", giftete der Präsident: "Ich will ihre Unterstützung nicht mehr!"
Trump und Epstein - eine komplizierte Verbindung
Die besondere Sprengkraft des Falls hat auch damit zu tun, dass Donald Trump durchaus selbst Verbindungen zu Jeffrey Epstein pflegte. Videos aus den 1990er Jahren zeigen die beiden früheren Nachbarn gemeinsam auf einer Feier, auch soll Trump mindestens siebenmal mit Epsteins Privatjet geflogen sein. In einem Interview von 2002 nannte er Epstein einen "großartigen Mann" und sagte über ihn: "Es wird sogar erzählt, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich. Und viele von denen sind eher von der jüngeren Sorte." 2019 distanzierte sich Trump als Präsident von Epstein und erklärte, nichts vom Missbrauch gewusst zu haben.
Auch Glenn Thrush von der New York Times hat bislang keinerlei Hinweise darauf finden können, dass der Präsident selbst in den Epstein-Skandal verwickelt ist: "Wir haben eine ziemlich umfassende Untersuchung mit verschiedenen Reportern in unserer und anderen Redaktionen durchgeführt. Niemand hat konkrete Verbindungen zwischen Trump und Epstein aufgedeckt, abgesehen von Geschäftsbeziehungen und einigen oberflächlichen sozialen Interaktionen, die gut auf Video und Foto dokumentiert sind", so Thrush gegenüber der DW.
Massiver Vertrauensverlust
Trotzdem wird der US-Präsident die Geister, die er rief, so schnell nicht los. Nach dem Bruch zwischen Trump und seinem Berater Elon Musk schrieb dieser vor einigen Wochen auf X: "Zeit, die wirklich große Bombe platzen zu lassen: @realDonaldTrump ist in den Epstein-Akten." Belege lieferte der Tech-Milliardär nicht, der Tweet wurde wenig später wieder gelöscht.
Und doch hat sich die Epstein-Affäre für US-Präsident Trump zu einer tiefen Vertrauenskrise entwickelt, der tiefsten in seiner bisherigen Amtszeit. Trump selbst spielt auf Zeit und versuchte erst einmal, die Affäre auszusitzen.
Neue Wende des Präsidenten?
Inzwischen will Trump eigenen Angaben zufolge einige juristische Unterlagen zu dem Fall des gestorbenen Sexualstraftäters freigeben. Die Tragweite dieser Dokumente ist noch unklar. Trump schrieb auf seiner Plattform Truth Social: "Aufgrund der enormen Aufmerksamkeit, die Jeffrey Epstein zuteil wird", habe er Generalstaatsanwältin Pam Bondi gebeten, sämtliche "relevante Aussagen" vor der damaligen sogenannten Grand Jury in dem Fall vorzulegen. Er bezeichnete die Affäre um den Multimillionär dabei abermals als Schwindel der demokratischen Partei. Ob Trump mit seiner geänderten Strategie Erfolg hat, ist ungewiss.
Der Beitrag wurde am Tag nach der Veröffentlichung um aktuelle Aspekte ergänzt (mit dpa).