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Letzter "Tribute von Panem"-Film feiert Premiere

Jochen Kürten18. November 2015

Wegen der Anschläge in Paris wurde bei der US-Premiere in Los Angeles ein wenig stiller gefeiert. "Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 2" schließen die Saga ab. Und fußen auf alten Kinogenres und -vorbildern.

Filmstill Die Tribute von Panem Mockingjay Teil 2 (Foto: Murray Close/Studiocanal/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/Studiocanal/M. Close

Eine kleine Schicht der Menschheit lebt im Luxus, der Rest muss schuften. Die eine Gruppe, die kleinere, beutet die andere aus. Die Gesellschaft ist gespalten. Nur notdürftig bleibt der Frieden bewahrt. Doch die da unten begehren auf. Aufstände drohen, die Revolution wird vorbereitet. Wem das bekannt vorkommt, der hat sich im Kino vermutlich schon einige Filme aus den Genres Science-Fiction, Fantasy oder Abenteuer angeschaut.

"Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 2", der jetzt (19.11.) auch in die deutschen Kinos kommt, ist ein schönes Beispiel für die clevere Neugestaltung filmischer Ausstattungs-Opern auf der Leinwand. Selten ist man in den letzten Jahren im Kino auf eine derartig geschickt zusammengesetzte Film-Serie gestoßen. Auch der neue und letzte Teil der "Tribute"-Saga vereint gleich mehrere klassische Filmgenres.

Tribute von Panem: bunter Genre-Mix

Dass die von Suzanne Collins zunächst als Roman-Trilogie konzipierte Erzählung meist unter dem Schlagwort Fantasy eingeordnet wird, ist - zumindest was die Verfilmungen betrifft - nur die halbe Wahrheit. Neben gängigen Fantasy-Elementen setzt auch "Mockingjay Teil 2" auf Science-Fiction-Sequenzen, sieht phasenweise aus wie ein klassischer Historienfilm über die Zeit Ludwig XIV, nutzt bekannte Vorbilder des Horror-Genres und setzt nicht zuletzt auf Anleihen beim Antikenfilm à la "Ben Hur".

So feierte man in Berlin vor ein paar Tagen die Welt-PremiereBild: Getty Images/AFP/J. Macdougall

Dass das ganze, vor allem gegen Ende des Films, auch noch wie ein klassisches Liebes-Melodrama wirkt, bestätigt nur eines: Das moderne Blockbuster-Kino aus Hollywood für eine nachwachsende Kinogeneration arbeitet inzwischen mit allen erdenklichen dramaturgischen und ästhetischen Mitteln. Darüberhinaus wendet es sich auch an ein jugendliches Publikum, für das Computer-Spiele mindestens ebenso wichtig sind wie das "alte" Medium Kino. Viele Szenen aus "Mockingjay Teil 2" erinnern sehr an Ausgangssituationen moderner PC-Spiele.

Wirkungsvolle Dramaturgie, eindringliche Charaktere

Doch man muss den Machern der Tribute-Kino-Serie ein Kompliment machen. Regisseur Francis Lawrence und seine Drehbuchautoren haben es geschafft, innerhalb kürzester Zeit einen ganz eigenständigen Kinomythos zu kreieren. Die Charaktere wurden über die vier Teile weiterentwickelt, die Handlung durchaus mit Zwischentönen und Anspielungen auf die aktuelle Weltlage versehen.

Die Zuschauer werden mit komplexen Fragen wie "Wie verhalte ich mich in einer Diktatur?" oder "Wieweit kann der Mensch in militärischen Auseinandersetzungen human bleiben?" konfrontiert. Das alles hat mehr Tiefe und Charme als das übliche Baller-Kino eines Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger (bzw. deren Nachfolger Vin Diesel etc.). Auch manche der derzeit so erfolgreichen Verfilmungen des Marvel-Universums verhalten sich im Vergleich zu "Die Tribute von Panem" wie ein einfaches Comic-Heft zu einem Roman von Leo Tolstoi.

Er verantwortete die letzten drei Tribute-Teile: Regisseur Francis Lawrence an einem der Berliner DrehorteBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Filmisches Erweckungserlebnis fürs Leben

So könnte auch dieser Film für eine junge Kino-Generation zum kulturellen Erweckungserlebnis werden. Vergleichbare Kino-Mythen wie "Star Wars" haben es vorgemacht: Wenn die Mischung stimmt, kann die Faszination jahrzehntelang anhalten und sogar generationenübergreifend wirken. Als Fritz Lang das monumentale Science-Fiction-Opus "Metropolis" 1927 in die Kinos brachte, war das noch anders. Heutzutage hätte man vermutlich eine ganze Serie aus dem Stoff gefertigt - "Metropolis schlägt zurück" oder zumindest "Metropolis II" wären die Fortsetzungen vermutlich betitelt worden.

George Lucas und seine Star-Wars-Saga revolutionierten die Ausstattungsopern

Spätestens Ende der 1970er Jahre hatte man das dann raus. Regisseur George Lucas drehte "Star Wars". Der entpuppte sich als Jahrhundert-Erfolg, drei Jahre später war "Das Imperium schlägt zurück" auf dem Markt. Der siebente Teil startet Mitte Dezember in den Kinos, weitere sind bis ins Jahr 2020 terminiert. Der Begriff "Merchandising" wurde damals geboren. Es blieb nämlich nicht nur bei Film-Fortsetzungen.

Die Spielzeug-Industrie stieg im großen Stil ein. Später wurden Video- und Computerspiele entwickelt. So ist es bis heute geblieben: Wenn ein mit vielen Millionen Dollar produzierter Film erfolgreich ist, dann folgt meist das, was man industrielle Verwertungskette nennt. Manchmal sind die Summen, die über den Verkauf von Lizenzen eingenommen werden, größer als die, die mit dem Verkauf der Kino-Tickets erreicht werden.

Im Film erkämpfen sich die Guten ihren Weg mit Hilfe von HologrammenBild: picture-alliance/dpa/Studiocanal/M. Close

Zukunftsvision im Kino

Meist ist es eine ganz bestimmte Art von Filmen, die sich zu solch erfolgreichen Kinoserien entwickeln. Bestimmte Genres bieten sich für die allumfassende Vermarktung besonders an: Filme, die den Zuschauern eine neue Welt eröffnen, eine, die nicht der realen entspricht. Nicht zufällig sind das immer wieder Zukunftsvisionen - siehe die vier Teile der "Die Tribute von Panem"-Reihe.

Früher war es Pappmaschee, heute sind es die Computer

Das einfache Prinzip "Gut gegen Böse" wird in Endlosschleifen mit neuen Zutaten immer wieder variiert. Vor dem Hintergrund phantasievoller Landschaften, die früher aus Pappmaschee oder Plastik entstanden und heutzutage meist digital am Computer erzeugt werden, lassen Produzenten, Regisseure und Spezialisten der einzelnen Film-Gewerke neue, künstliche Welten entstehen.

Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Geheimnisvolle Wesen zwischen Mensch und Tier, Roboter aller Couleur, Replikanten, Androiden und Erdbewohner in den seltsamsten Kostümen bevölkern diese Filme. Die Fortbewegungsmittel erinnern, auch wenn sie sich in der Film-Zukunft bewegen wie in der australischen "Mad Max"-Saga, eher an das Mittelalter als an die Neuzeit.

Ikone einer neuen Kino-Generation: Jennifer Lawrence als Katniss EverdeenBild: picture-alliance/dpa/M. Close

Geschicktes Stilmix aus Alt und Neu

Bei den Waffen, die in diesen Filmen immer eine wichtige Rolle spielen, ist das ähnlich. Auch hier gilt: Pfeil und Bogen sind nicht out, auch wenn die Drehbuchautoren die Handlung in ferner Zukunft angesiedelt haben. Nicht zufällig zieht Katniss Everdeen, die Heldin aus "Tribute von Panem", mit Pfeil und Bogen durch die Lande.

Fantasy- und Science-Fiction-Genrefilme, die künstlichen Welten am häufigsten als Gefäß dienen, unterscheiden sich mit all ihren Fantasie-Accessoires im Grunde nicht von Ausstattungsfilmen alter Schule. Sie sind nur die eine Seite der gleichen Medaille: "Der Ausstattungs- und Kostümfilm teilt sich in zwei Richtungen", so die Filmpublizistin Ursula Vossen, "die eine weiß sich der historischen Treue verpflichtet, die andere erschafft eine Welt nach ihren Vorstellungen, wenn auch vor einem geschichtlichen Hintergrund." Der kann dann auch ruhig in der Zukunft spielen. "Die Tribute von Panem - Mockingjay Teil 2" ist ein schönes Beispiel dafür.

Am 18./19. November läuft der Film weltweit regulär in vielen Ländern der Erde an. In den USA startet er am 20.11.2015.

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