US-Autor Philip Roth ist tot
23. Mai 2018Der preisgekrönte US-Schriftsteller Philip Roth ist am Dienstag (22.05.) in einem Krankenhaus in Manhattan gestorben. Die Todesursache sei Herzversagen gewesen, sagte Judith Thurman, eine enge Freundin des Autors. Roth sei vor zwei Wochen mit Herzrasen in eine Klinik eingeliefert worden, zitierte der US-Sender CNN Thurman. An dem Problem habe er schon seit Jahren gelitten.
Roths Biograph Blake Bailey bestätigte den Tod des preisgekrönten Autors auf Twitter und teilte mit, er sei im Kreis lebenslanger Freunde gestorben, die ihn sehr geliebt hätten. Roth galt als einer der wichtigsten Schriftsteller seiner Generation.
Die "New York Times" bezeichnete Philip Roth als eine "herausragende Figur der Literatur des 20. Jahrhunderts", die "Lust, jüdisches Leben und Amerika erforscht" habe. Die "Washington Post" griff ein Zitat der Literaturprofessorin Aimee Pozorski auf, die viel über Roth geschrieben hat: Sie nennt ihn "die Stimme seiner Generation". "Roth ist niemals damit gescheitert, mit seinen vielen Büchern (...) zu provozieren", schrieben CNN-Reporter.
Zu den bekanntesten Werken Roths gehören unter anderem die Roman-Trilogie "Der Ghostwriter", "Zuckermans Befreiung" und "Die Anatomiestunde". Viel Aufmerksamkeit erhielt auch sein Memoirenband "Patrimony", in dem er seine komplexe Beziehung zu seinem Vater thematisiert. Dafür gewann er den National Book Critics Circle Award. Für den Roman "American Pastoral" erhielt Roth 1998 den Pulitzerpreis.
Nobelpreisträger der Herzen
Philip Roth hinterlässt ein monumentales Lebenswerk. Er schrieb nicht den einen Klassiker, doch er legte Jahr um Jahr neue Bestseller vor - und etablierte sich auf diesem Weg. "Roth ist der größte Schriftsteller unserer Zeit" schrieb 2009 der "Guardian" und ließ dafür die größten amerikanischen Zeitgenossen wie Cormac McCarthy, John Updike und Don DeLillo links liegen.
Den Nobelpreis für Literatur hatte Roth aus Sicht seiner Fans so gut wie sicher, doch die Schwedische Akademie entschied stets anders. Die Auszeichnung blieb ihm verwehrt. Anlässlich seines Todes äußern viele Fans via Twitter erneut ihr Enttäuschung darüber - und verweisen auf die Ironie, dass Roth just in dem Jahr stirbt, in dem kein Literaturnobelpreis vergeben wird.
Roth galt jahrelang als Favorit für den Nobelpreis. Als er 2014 erneut scheiterte und der französische Schriftsteller Patrick Modiano zum Literaturnobelpreisträger ernannt wurde, schrieb der "Guardian": "Der wahre Skandal an Patrick Modianos Nobelpreis-Gewinn ist, dass Philip Roth ein gewaltiger Verlierer ist - schon wieder". Aus den wiederholten Pleiten des "seit 50 Jahren stehenden Titans" habe sich ein regelrechter Gag entwickelt. Alle anderen wichtigen Preise der Literaturwelt hatte Roth schließlich schon mit nach Hause genommen.
Der Autor selbst hingegen konnte sich darüber Zeit seines Lebens nicht besonders aufregen. So sagte Roth 2008 in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel": "Ach, der Nobelpreis, daran denke ich nicht."
Kindheit in einfachen Verhältnissen
Roth war am 19. März 85 Jahre alt geworden. Geboren wurde der Schriftsteller 1933 in Newark - von New York aus gesehen auf der anderen Seite des Hudson Rivers. Seine Eltern waren jüdische Immigranten der zweiten Einwanderergeneration. Er wuchs unter einfachsten Verhältnissen im Arbeiterviertel Weequahic auf. Gleich mit einem seiner ersten Werke, "Goodbye Columbus", gewann der damals junge Autor 1960 den National Book Award. Im Laufe seiner Karriere veröffentlichte Roth dann fast drei Dutzend Bücher, oft eines pro Jahr. Sarkastisch, humorvoll, voller Melancholie. Viele davon spielen im Newark seiner Jugend.
Abschied vom Schreiben 2012
Mit der Ankündigung seines Ruhestands hatte der US-Schriftsteller 2012 den Literaturbetrieb geschockt. "Der Kampf mit dem Schreiben ist vorbei", hatte er sich damals auf einen gelben Zettel geschrieben und auf seinen Computer geklebt." Jeden Morgen schaue ich auf diesen Zettel, und das gibt mir sehr viel Kraft."
An die Stelle des Schreibens trat für ihn das Lesen. Er selbst bezeichnete es als "den Anreiz meines denkenden Lebens". Auch über politische Entwicklungen in seinem Land und in der Welt hielt er sich auf dem Laufenden. Er war ein Kritiker Donald Trumps, den er in einem Interview mit der New York Times als "Katastrophe des 21. Jahrhunderts, die entwürdigendste Katastrophe der USA" bezeichnete.
Zu seinem 85. Geburtstag in diesem März sagte Roth, er bereue seinen Ruhestand nicht: "Die Bedingungen, die mich dazu gebracht haben, mit dem literarischen Schreiben aufzuhören, haben sich ja nicht verändert." Schon 2010 habe er das Gefühl gehabt, dass seine beste Arbeit hinter ihm liege. "Ich hatte einfach nicht mehr die geistige Lebhaftigkeit oder die verbale Energie oder die physische Fitness, um einen großen kreativen Angriff auf eine komplexe Struktur wie einen Roman zu starten. Jedes Talent hat seine Bedingungen, seine Beschaffenheit, sein Ausmaß, seine Kraft - nicht jeder kann für immer ergiebig sein." Oder wie er es in seinem Buch "Amerikanisches Idyll" schrieb: "Das Leben ist nur eine kurze Zeitspanne, in der man lebendig ist."
pl, kle/ suc, fab (afp/dpa/rtre/ard)