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Politik

US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi in Taiwan

2. August 2022

Offiziell unangekündigt, doch zuletzt von fast allen erwartet: Mit ihrem Besuch auf der Insel macht die Nummer drei in der US-Hierarchie weltweit Schlagzeilen.

Taiwan I Asienreise I Ankunft Nancy Pelosi
Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, mit ihrer Delegation nach der Landung in TaipehBild: Taiwan Ministry of Foreign Affairs/ZUMA Wire/IMAGO

Ungeachtet aller Drohungen aus Peking hat die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, auf ihrer Asienreise auch Taiwan angesteuert. Am Sungshan-Flughafen in der Hauptstadt Taipeh wurde sie von Außenminister Joseph Wu empfangen.

Nach ihrer Ankunft erklärte die 82-Jährige auf Twitter, der Besuch unterstreiche "Amerikas standhaften Einsatz, um die lebendige Demokratie in Taiwan zu fördern". Die geplanten Gespräche mit der taiwanischen Führung konzentrierten sich darauf, "unsere gemeinsamen Interessen" zu fördern und im Bemühen um eine "freie und offene Indopazifik-Region" voranzukommen.

Die Vereinigten Staaten widersetzten sich allen Versuchen, den Status quo um Taiwan "einseitig zu verändern", so Pelosi weiter. Ihr eigener Aufenthalt auf der Insel stehe "in keiner Weise im Widerspruch zur langjährigen Politik der USA".

In einem Gastartikel für die "Washington Post" schreibt die Vertreterin der Demokraten von Präsident Joe Biden, die chinesische Führung habe in den vergangenen Jahren die Spannungen im Verhältnis zu Taiwan "dramatisch verschärft". Aufgrund der militärischen Aktivitäten der Volksrepublik sei das US-Verteidigungsministerium zu dem Schluss gekommen, Peking bereite sich auf eine gewaltsame Vereinigung der Insel mit dem Festland vor. China übe Druck auf Drittländer aus, die mit Taiwan kooperierten. Zugleich attackiere es die Insel mit Cyberangriffen.

Auch in der chinesischen Presse wird über Pelosis Reise berichtetBild: Andy Wong/AP Photo/picture alliance

Pelosi trifft Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen

Den zweiten Besuchstag startete Pelosi mit Gesprächen im Parlament. Danach wurde sie von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen empfangen. Unbekannte Hacker legten derweil Tsais Website für mehr als eine Viertelstunde lahm. Alle Regierungsstellen hätten ihre Wachsamkeit und Schutzmaßnahmen gegen Cyberattacken verstärkt, sagte ein Sprecher des Präsidialamts in Taipeh. Woher die Angriffe kamen, wurde nicht gesagt.

Nancy Pelosi bei der Ankunft im Parlament in TaipehBild: Ann Wang/REUTERS

China hat den US-Botschafter in Peking einbestellt. Nach Angaben der Staatsmedien protestierte der chinesische Vize-Außenminister Xie Feng bei dem Treffen mit Botschafter Nicholas Burns aufs Schärfste gegen die Reise der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses nach Taiwan.

Schießübungen in sechs Meeresgebieten

China hatte im Vorfeld massiv vor einem Taiwan-Besuch Pelosis gewarnt und dies mit militärischen Manövern unterstrichen. Nach der Landung ihres Flugzeugs in Taipeh kündigte das Verteidigungsministerium in Peking Schießübungen in sechs Meeresgebieten rund um die demokratische Inselrepublik an, die von diesem Dienstag bis Sonntag dauern sollen. Die Manöver seien eine "ernste Warnung an die Unabhängigkeitskräfte, die eine Abspaltung wollen", sagte ein Sprecher. Es gehe darum, jegliche "Einmischung ausländischer Kräfte" und "separatistische Versuche" von Unabhängigkeitsbefürwortern in Taiwan abzuwehren.

Das chinesische Außenministerium erklärte, man werde "alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die nationale Souveränität und territoriale Integrität zu verteidigen". Weiter hieß es: "Wer mit dem Feuer spielt, wird sich selbst verbrennen." Nahezu wortgleich hatte Präsident Xi Jinping am Freitag in einem konfrontativen Telefonat seinen US-Kollegen gewarnt. Das taiwanische Militär versicherte unterdessen, gegen mögliche Bedrohungen seitens der Volksrepublik gewappnet zu sein.

Baerbock: "Ernsthafte Fragen"

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schalt die chinesischen Drohgebärden gegenüber Taiwan erneut. "Wir haben in den letzten Monaten seit dem 24. Februar (dem Tag des russischen Einmarschs in der Ukraine, Anm. d. Red.) gelernt, dass aggressive Rhetorik zu gefährlichem Handeln führen kann", sagte Baerbock in einer Rede in New York.

Pekings Äußerungen mit Blick auf Taiwan hätten "ernsthafte Fragen aufgeworfen". Die Grünen-Politikerin hatte China bereits am Montag kurz nach ihrer Ankunft in der US-Metropole kritisiert, was einen offiziellen Protest der Volksrepublik zur Folge hatte. Der Abteilungsleiter für Europa im chinesischen Außenministerium, Wang Lutong, protestierte offiziell bei der neuen deutschen Botschafterin in Peking, Patricia Flor. Er sprach von "falschen Kommentaren" Baerbocks. Die Taiwan-Frage sei eine "innere Angelegenheit Chinas".

"Aggressive Rhetorik kann zu gefährlichem Handeln führen": Bundesaußenministerin Annalena BaerbockBild: Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Als Nummer drei in der Hierarchie der USA - hinter dem Präsidenten und dessen Stellvertreterin - ist Pelosi die ranghöchste Besucherin in Taiwan seit 25 Jahren; 1997 war ihr republikanischer Amtsvorgänger Newt Gingrich auf der Insel gelandet. Der Abstecher, über den die internationale Presse seit Tagen spekulierte, war aus Sicherheitsgründen nicht angekündigt worden. Nach Stationen in Singapur und Malaysia stehen lediglich noch Besuche in Südkorea und Japan auf dem offiziellen Reiseplan.

"Nicht in eine Krise verwandeln"

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, John Kirby, hatte am Montag gemahnt, Peking dürfe nicht überzogen reagieren. Es gebe keinen Grund, "einen potenziellen Besuch, der im Einklang mit der langjährigen US-Politik steht, in irgendeine Form von Krise zu verwandeln".

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Kirby, warnte vor überzogenen ReaktionenBild: Win McNamee/Getty Images

Taiwan hatte sich 1949 nach dem Sieg der Kommunisten unter Mao Zedong im Bürgerkrieg von China abgespalten. Peking betrachtet die Insel bis heute als abtrünnige Provinz, die wieder mit dem Festland vereinigt werden soll - notfalls mit militärischer Gewalt.

"Strategische Zweideutigkeit"

Die USA erkennen seit 1979 zwar die Führung in Peking als alleinige Repräsentantin Chinas an und unterhalten - wie die meisten Länder - keine offiziellen Beziehungen zu Taiwan. Sie haben sich aber per Gesetz verpflichtet, Taiwan Militärausrüstung zu liefern, um dessen Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen. Dabei behält sich Washington eine "strategische Zweideutigkeit" in der Frage vor, ob bei einer chinesischen Invasion in Taiwan auch das US-Militär eingreifen würde.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nährte zuletzt Befürchtungen, Peking könnte im Umgang mit Taiwan auf ein ähnliches Vorgehen setzen. Moskau stellte sich wiederum demonstrativ an die Seite Chinas. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow unterstrich kurz vor der Ankunft der US-Spitzenpolitikerin in Taipeh die Solidarität Russlands. Ein Besuch Pelosis in Taiwan wäre "eine reine Provokation", sagte er. Den USA warf Peskow vor, den "Weg der Konfrontation" zu wählen.

jj/ehl/qu (dpa, afp, rtr, ap)