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Politik

Ramstein: Kuschen die Deutschen vor den USA?

Udo Bauer
3. April 2019

Die Air Base Ramstein in Rheinland-Pfalz hat eine zentrale Bedeutung für das amerikanische Militär, auch für den weltweiten Einsatz von Militärdrohnen. Die Opposition im Bundestag beklagt eine Kultur des Wegschauens.

Ramstein Air Base
Bild: Imago/StockTrek/T. Ziegenthaler

Die Ramstein Air Base im Südwesten Deutschlands ist viel mehr als ein gewöhnlicher Militärflugplatz. Das 1400 Hektar große Gelände ist die größte Einrichtung der US-Luftwaffe außerhalb der USA. 50.000 Amerikaner leben in und um die Basis, davon gut 8000 Soldaten. Eine ganze Kleinstadt, Little America - erbaut zur Unterstützung von Militäreinsätzen, die die USA gemeinsam mit ihren europäischen Partnern durchführen - oder auf eigene Verantwortung. Unter anderem betreibt das US-Militär in Ramstein eine Satelliten-Relaisstation für die völkerrechtlich hochumstrittenen US-Drohneneinsätze in Afrika, Nahost und anderswo. 

Als erstes deutsches Gericht hat vor zwei Wochen das Oberverwaltungsgericht Münster die Bundesregierung in die Pflicht genommen, den Amerikanern dabei auf die Finger zu schauen. Die Bundesrepublik, so hieß es in dem Urteil, müsse sich "durch geeignete Maßnahmen" vergewissern, dass die USA bei ihren Drohneneinsätzen im Jemen das Völkerrecht wahrten. Kläger waren drei Jemeniten, die im Jahr 2012 Angehörige in ihrer Heimatprovinz Hadramaut durch amerikanische Drohnenangriffe verloren hatten. 

Bei US-Drohnenangriffen im Jemen sterben regelmäßig unbeteiligte ZivilistenBild: Reuters

Im Bundestag rumort es

Politiker der linken Oppositionsparteien sehen sich durch das Urteil in dem lang gehegten Verdacht bestätigt, dass deutsche Behörden und Politiker beim Partner USA gerne beide Augen zudrücken. Hier werde "das Recht von deutschem Boden aus gebrochen", heißt es bei der Linkspartei. Auch die Grünen sind auf den Barrikaden. "Die Bundesregierung", sagt deren Verteidigungsexperte Tobias Lindner der Deutschen Welle, "muss jetzt alle Hebel in Bewegung setzten, damit die Vereinigten Staaten ihre Standorte in Deutschland ausschließlich in Übereinstimmung mit den hier geltenden Gesetzen nutzen." Und sogar der Sprecher der Regierungspartei SPD im Verteidigungsausschuss, Fritz Felgentreu, erwartet "bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Partnern Selbstbewusstsein auf deutscher Seite auch gegenüber der Weltmacht USA."

Fordert mehr Selbstbewusstsein gegenüber den USA: Fritz Felgentreu (SPD)Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Union betont Bündnistreue

In der Union hingegen wird Bündnistreue gegenüber dem Partner angemahnt. Anita Schäfer zum Beispiel, in deren Wahlkreis Ramstein liegt, bestreitet, dass Deutschland irgendeine Mitverantwortung für die Drohnenangriffe hat. "Nur weil Daten durch Deutschland fließen", so Schäfer, "ist Deutschland nicht an den Operationen beteiligt, für die sie verwendet werden". Das Münsteraner Gericht sagt hingegen in seiner Urteilsbegründung, dass die Relaisstation in Ramstein "als notwendiges Bindeglied zwischen den Piloten in den USA und den Drohnen im Einsatzgebiet für die Einsätze von zentraler Bedeutung ist." Von der Regierung gibt es dazu bis jetzt keinen Kommentar. Über eine Revision, so heißt es, sei noch nicht entschieden worden.

Vorsichtige Justiz

Das Drohnenthema ist längst nicht das einzige, mit dem Ramstein Schlagzeilen macht. Vor zwei Jahren berichteten deutsche und osteuropäische Medien über Waffen- und Munitionslieferungen der Amerikaner an syrische Aufständische. Diese Transporte seien über Ramstein abgewickelt worden, hieß es. Der Verdacht: ein Verstoß gegen das deutsche Außenwirtschafts- und das Kriegswaffenkontrollgesetz. Zu einem Ermittlungsverfahren kam es aus Mangel an Beweisen aber nie. Laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern vom Februar 2018 erschienen zwar "die journalistischen Schlussfolgerungen nicht als ausgeschlossen", es fehle jedoch an "Anhaltspunkten für konkrete Waffenlieferungen". Mit amerikanischen Stellen sprach man während der Vorermittlungen nicht. 

US-Drohne vom Typ "Predator": Gesteuert über RamsteinBild: picture-alliance/dpa/L. Pratt

Auch in anderen Fällen wurden Ermittlungen bzw. Vorermittlungen schnell eingestellt. So zum Beispiel im Februar 2003. Ein Imam in Mailand war von der CIA entführt und via Ramstein in ein ägyptisches Foltergefängnis gebracht worden. 2008 stellte die Staatsanwaltschaft Zweibrücken ihre Ermittlungen ein, weil die Identität der Entführer nicht herauszufinden war, wie es hieß. In Italien hingegen war im Jahr zuvor im gleichen Fall ein Prozess gegen 23 CIA-Agenten eröffnet worden, die später in Abwesenheit zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden. Die Italiener kannten die Namen also. Das Gericht in Rom nahm in Kauf, dass die Beziehungen zu den USA schwer belastet wurden - die deutsche Justiz offenbar nicht.

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