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Politik

US-Truppenabzug aus Afghanistan abgeschlossen

31. August 2021

Der längste Krieg der Vereinigten Staaten ist zu Ende: Nach fast 20 Jahren wurde der US-Militäreinsatz am Hindukusch beendet. Die letzten amerikanischen Soldaten zogen aus Afghanistan ab. Die Taliban jubeln.

Afghanistan | US Militärflugzeug am Flughafen Kabul
US-Soldaten besteigen am Freitag in Kabul ein Flugzeug der amerikanischen LuftwaffeBild: Aamir Qureshi/AFP

Eine letzte US-Militärmaschine hob in der Nacht zum Dienstag vom Flughafen der afghanischen Hauptstadt Kabul ab, wie die US-Streitkräfte mitteilten. Damit ist auch die militärische Evakierungsmission abgeschlossen. US-Präsident Joe Biden hatte einen vollständigen Truppenabzug bis zum 31. August angeordnet.

"Ich bin hier, um den Abschluss unseres Abzugs aus Afghanistan und das Ende der Militärmission zur Evakuierung von US-Bürgern, Staatsbürgern von Drittstaaten und gefährdeten Afghanen bekanntzugeben", sagte der Chef des Zentralkommandos der US-Streitkräfte, General Kenneth McKenzie, der per Videoschalte an einer Pressekonferenz im Pentagon teilnahm. Auch der US-Botschafter habe mit dem letzten C-17-Flugzeug das Land verlassen. Die diplomatische Mission, um Menschen eine Ausreise aus Afghanistan zu erlauben, dauere jedoch an.

Er verkündete den Abschluss des Abzugs: General Kenneth McKenzieBild: Alex Brandon/AP Photo/picture alliance

Mit Salutschüssen begrüßten die radikalislamischen Taliban den endgültigen Abzug der USA aus Afghanistan. Nach dem Abzug der letzten US-Soldaten übernahmen die Taliban auch die Kontrolle über den Flughafen von Kabul. "Wir haben erneut Geschichte geschrieben", erklärte der ranghohe Taliban-Vertreter Anas Hakkani auf Twitter. "Die 20-jährige Besatzung Afghanistans durch die USA und die NATO ist heute Nacht zu Ende gegangen." Er sei "sehr glücklich, nach 20 Jahren Dschihad, Aufopferung und Elend diese historischen Momente mitzuerleben", betonte Hakkani. Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid schrieb auf Twitter, sein Land habe jetzt die völlige Unabhängigkeit erreicht. 

Botschaft nach Doha verlegt

Vor dem Abflug hatten die US-Truppen noch dutzende gepanzerte Fahrzeuge, Flugzeuge sowie das Raketenabwehrsystem C-RAM-System auf dem Flughafen von Kabul funktionsunfähig gemacht, damit diese nicht in die Hände der Taliban oder anderer islamistischer Gruppen fallen.

Mit dem Truppenabzug setzen die Vereinigten Staaten auch ihre diplomatische Präsenz am Hindukusch bis auf Weiteres aus und verlegen die Botschaft von Kabul nach Doha. Außenminister Antony Blinken sagte in Washington unter Hinweis auf das "unsichere Sicherheitsumfeld und die politische Lage", sein Land eröffnete ein "neues" Kapitel bezüglich Afghanistan. Die "neue diplomatische Mission" werde von einem "neuen Team" unter der Leitung von Ian McCary in Doha geleitet, der bisher die Nummer zwei in der US-Botschaft in Kabul war.

Spezialkräfte der Taliban haben den Kabuler Flughafen übernommenBild: Wakil Kohsar/AFP/Getty Images

Washington werde mit den Taliban "zusammenarbeiten", wenn diese "ihre Verpflichtungen einhalten", unterstrich Blinken. Die neuen Machthaber Afghanistans müssten ihren Anspruch auf Legitimität und Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft "verdienen". Eine kleine Zahl von rund 100 bis 200 US-Bürgern befinde sich auch nach dem Ende der Evakuierungsflüge noch in Afghanistan, so Blinken. Die USA versuchten ihnen auch nach dem Ende der Rettungsmission die Ausreise zu ermöglichen.

Militäreinmarsch vor 20 Jahren

Der Abflug des letzten US-Militärflugzeugs markiert das Ende eines 20-jährigen Militäreinsatzes in Afghanistan. Die USA und ihre westlichen Verbündeten waren nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in Afghanistan einmarschiert. In kurzer Zeit vertrieb das westliche Militärbündnis die damals herrschenden Taliban, die dem Terrornetzwerk Al-Kaida Unterschlupf gewährt hatten, von der Macht. Zur Ruhe kam Afghanistan aber nie, der blutige Konflikt zog sich über die Jahrzehnte und gilt als "längster Krieg" in der US-Geschichte.

Die Regierung des damaligen US-Präsidenten Donald Trump sagte den Taliban schließlich im Februar 2020 einen vollständigen Truppenabzug bis zum 1. Mai des folgenden Jahres zu. Im Gegenzug sollten die Taliban ihre Verbindungen zu Al-Kaida kappen, keine Angriffe mehr auf westliche Truppen verüben und Friedensverhandlungen mit der afghanischen Regierung aufnehmen.

Trumps Nachfolger Biden kündigte dann im April zunächst an, dass die USA ihren Afghanistan-Einsatz bis zum 11. September abschließen, dem 20. Jahrestag der Terroranschläge von 2001. Das Datum wurde später auf den 31. August vorgezogen.

Taliban übernehmen die Macht

Inmitten der US-Truppenreduzierung überrannten die radikalislamischen Taliban das Land und übernahmen vor rund zwei Wochen mit ihrem Einmarsch in Kabul die Macht. Es folgte ein dramatischer Evakuierungseinsatz am Kabuler Flughafen, um westliche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte außer Landes zu bringen.

Die Mission wurde vergangene Woche durch einen Selbstmordanschlag der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) mit mehr als hundert Toten überschattet. Unter den Opfern waren 13 US-Soldaten. Biden ist wegen der chaotischen Umstände des Truppenabzugs, der Machtübernahme der Taliban und wegen des Anschlags massiv in die Kritik geraten.

Sicherheitsrat appelliert an Taliban

Am Montagabend forderte der UN-Sicherheitsrat die radikalislamischen Taliban in einer Resolution dazu auf, eine "sichere" Ausreise von Afghanen und ausländischen Staatsangehörigen aus Afghanistan zu ermöglichen. Für die Resolution stimmten 13 Mitgliedsstaaten. Die Veto-Mächte China und Russland enthielten sich. Die Resolution bezieht sich auf eine Erklärung der Taliban vom Freitag, in der die Islamisten versicherten, dass Afghanen jederzeit ins Ausland reisen und Afghanistan sowohl auf dem Luft- als auch auf dem Landweg verlassen könnten.

Die zuvor von Frankreich geforderte Schaffung einer "sicheren Zone" in Kabul beschloss der Sicherheitsrat hingegen nicht. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte durch Aussagen, die am Wochenende in der französischen Wochenzeitung "Journal du Dimanche" veröffentlicht wurden, Hoffnungen auf konkretere Maßnahmen geweckt.

Experten zufolge wurde der Text der Resolution verwässert, um die Unterstützung Chinas und Russlands zu sichern. "Dies ist ein ziemlich dünner Text", sagte Richard Gowan, UN-Experte bei der International Crisis Group. Macron habe die Idee einer "sicheren Zone" übertrieben "oder zumindest nicht sehr klar kommuniziert", sagte er zu AFP. "Die Resolution sendet zumindest ein politisches Signal an die Taliban, dass der Flughafen offen gehalten werden muss, damit die Vereinten Nationen Hilfsgüter liefern können."

kle/rb (afp, dpa, rtr)

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