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Politik

Pence: Beschwichtigen in Osteuropa

Michael Knigge sth
30. Juli 2017

Viele osteuropäische Staaten sind besorgt, weil US-Präsident Trump sich halbherzig zur NATO und zur Beistandspflicht bekannt hat. Kann Vizepräsident Mike Pence in Estland, Georgien und Montenegro die Nerven beruhigen?

US Vizepräsident Mike Pence
Bild: picture-alliance/AP Images/J. Minchillo

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie: "Auf Wunsch Präsident Trumps wird Vizepräsident Mike Pence zwischen dem 30. Juli und dem 2. August nach Tallinn, Tiflis und Podgorica in Estland, Georgien und Montenegro reisen", lautet der erste Satz einer Pressemitteilung, die das Weiße Haus vergangenen Monat veröffentlichte.

Wieder einmal soll der US-Vize also in Europa die Wogen glätten. Dabei war es vor allem Präsident Trump selber, der seine europäischen Verbündeten nervös machte, als er sich über Sinn und Zweck der transatlantischen Allianz lustig machte, als er zögerte, sich für die NATO zu engagieren und politisch nach Moskau blickte. Doch seit Trump durch die Russland-Affäre unter Druck geraten ist, hat er seinen Ton gegenüber Europa gemildert. Bei einem Besuch in Polen Anfang des Monats bekräftigte er Washingtons Bündnistreue und versicherte, dass die USA hinter Artikel 5 des Nordatlantik-Vertrags stünden, der den Bündnisfall definiert.

"Schlauer Schachzug": Präsident Trump schickt seinen bescheidenen Vize Mike PenceBild: picture-alliance/Newscom/O. Douliery

Aber eine einzige Rede - vor allem, wenn sie von einem Präsidenten kommt, der als impulsiv und wankelmütig gilt - dürfte die Verbündeten in den baltischen Staaten und anderswo nicht davon überzeugen, dass das Weiße Haus tatsächlich voll und ganz seinen europäischen Partnern verpflichtet ist.

Der Erwachsene im Weißen Haus

Wohl auch deshalb kommt Vizepräsident Pence nun ins Spiel. Er hat bereits während der Münchner Sicherheitskonferenz - kurz nach Trumps Amtseinführung - versucht, den Europäern ihre Befürchtungen zu nehmen. "Wenn es um europäische Sicherheits- und NATO-Politik geht, steht es außer Frage, dass Vizepräsident Pence die Rolle des Erwachsenen einnehmen soll", sagt Norman Naimark, Professor für Osteuropäische Studien und Geschichte an der Stanford Universität. "Ich denke, es ist ein schlauer Schachzug des Weißen Hauses, vielleicht ermutigt durch das Außenministerium, Pence in diese Länder zu schicken."

Für Mariya Omelicheva, Expertin für Sicherheitspolitik an der Universität Kansas, geht es bei der Reise vor allem darum, das US-amerikanische Engagement für die transatlantische Sicherheit, die NATO und das kollektive Verteidigungsprinzip wiederzubeleben. Bereits vor seinem Amtsantritt habe Trump die ost- und mitteleuropäischen Staaten - also die ehemaligen Mitglieder des Warschauer Paktes - "sehr nervös" gemacht. Aufgrund seines zurückhaltenden Politikstils sei Pence gut geeignet, den Europäern wieder Sicherheit zu vermitteln, ergänzt Naimark.

"Als konservativer Republikaner wird Pence auch versuchen, diese nervösen Verbündeten davon zu überzeugen, dass die Liebäugelei mit den Russen nicht bedeutet, dass die USA ihre bisherigen Interessen für ein Abkommen zwischen Moskau und Washington opfern werden", sagt Naimark. In den baltischen Ländern, deren Regierungschefs Pence während der ersten Etappe seiner Reise im estnischen Tallinn treffen wird, ist die Angst vor Russland wohl am größten.

Moskaus Kriegsspielchen

Pence' Besuch des Baltikums liegt zeitlich günstig, da Russland für September eine militärische Großübung entlang seiner westlichen Grenzen sowie in Weißrussland angekündigt hat. Diese Machtdemonstration Moskaus mit zehntausenden Soldaten bereitet den USA, der NATO und den baltischen Ländern große Sorgen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verlangte daher bereits im Juni von Moskau Auskunft über die geplante Übung. Er berichtete aber auch, dass die Streitkräfte der Allianz in Osteuropa nun voll funktionsfähig seien.

Sicherheitsexpertin Omelicheva erwartet, dass Vizepräsident Pence bei seiner Rede in Tallinn Amerikas Einsatz für die Sicherheit der baltischen Staaten erneut bekräftigen wird. "Die Beteuerungen werden um so glaubwürdiger, da Trump nun selbst während des G20-Gipfels über seine Unterstützung der NATO gesprochen hat und das Weiße Haus verschärfte Russland-Sanktionen billigen will."

Nicht die feine englische Art: US-Präsident Trump verschafft sich Platz fürs NATO-GruppenfotoBild: picture alliance/AP Photo/NATO TV

Fehler ausbügeln

Aber es stehen noch andere Stationen an: Georgien ist die zweite Etappe der Reise - und kein NATO-Mitglied. Pence will sich mit führenden Politikern treffen und US-amerikanische und georgische Truppen besuchen, die an einer internationalen Militärübung teilnehmen. Auch in Tiflis stehe die Vertrauensbildung auf der Agenda, sagt Omelicheva. Die Georgier sind - zu Recht - besorgt, dass die USA ihre militärische Unterstützung im Ausland kürzen könnten. Die Politikprofessorin vermutet aber noch einen weiteren Grund für Pence' Besuch: "Die US-Regierung könnte das Gefühl haben, dass sie einen Fehler gemacht hat, weil sie während des russisch-georgischen Krieges 2008 nicht aktiver reagiert hatte."

In Montenegro, dem jüngsten Mitglied der NATO - und einem Land, das traditionell mit Russland verbunden ist -, möchte Pence wahrscheinlich die Verbindung zum Westen stärken, sagt Stanford-Professor Naimark. Möglicherweise muss er aber auch eine Misstimmung in dem kleinen Land ausräumen: "Ich frage mich," sinniert Naimark, "ob es vielleicht etwas damit zu tun, dass Trump Montenegros Premierminister während des Fototermins beim jüngsten NATO-Treffen zur Seite geschubst hat."

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