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US-Wahl 2024: Liegen US-Meinungsforscher diesmal richtig?

25. Oktober 2024

Wahlumfragen in den USA sagen ein äußerst knappes Ergebnis bei den US-Präsidentschaftswahlen voraus. Doch Vorhersagen bei Kopf-an-Kopf-Rennen sind immer schwierig.

Wahlkabinen mit Wählerin
Das Ergebnis am Wahltag ist nicht immer das Ergebnis, das Meinungsforschungsinstitute vorhergesagt habenBild: Winstead Barnes/Xinhua/IMAGO

Politiker sagen gerne, die einzige Umfrage, die zählt, ist die am Wahltag. Laut aktuellen Umfragen zur Präsidentschaftswahl liefern sich Kamala Harris und Donald Trump ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das so eng ist wie noch nie.

Bei den Wahlen 2020 sagte die Mehrzahl der Meinungsforscher den Sieg von Joe Biden zwar korrekt voraus, doch am Wahltag selbst war der Vorsprung vor Trump deutlich geringer als die Umfragen vor der Wahl vermuten ließen.

Vier Jahre zuvor gewann Trump überzeugend, obwohl Umfragen einen Erdrutschsieg seiner Konkurrentin Hillary Clinton vorausgesagt hatten. Pew Research stellte später fest, dass mindestens 88 Prozent der landesweiten Umfragen die Popularität der demokratischen Kandidatin überbewertet hatten.

"Landesweite Umfragen führen leicht in die Irre, wenn man versucht, zu verallgemeinern, was passieren wird", sagt Thomas Gift, Leiter des Centre of US Politics am University College London, Großbritannien, der DW. "Im Moment sieht es zum Beispiel so aus, als würde Kamala Harris die meisten Wählerstimmen gewinnen, sie liegt ja um ein paar Prozentpunkte vorn. Aber es ist unklar, ob sie die meisten Wahlleute für sich gewinnen wird."

Im Moment gehen die Meinungsforscher davon aus, dass die Wähler und Wählerinnen in gleichen Teilen zu Harris beziehungsweise Trump neigen. Aber ob sie mit ihren Vorhersagen diesmal richtig liegen? Das hängt davon ab, ob die Demoskopen die "versteckten" Trump-Wähler aufspüren können.

Kunst und Wissenschaft der Wahlumfragen

Wenn es darum geht, die Absichten von Wählern zu bestimmen, versuchen Meinungsforscher, so viele Variablen wie möglich zu berücksichtigen.

"Wir erfassen Menschen, die sehr unterschiedlich sind, und geben diese Informationen an die Öffentlichkeit weiter", erklärt Don Levy, Leiter des Siena College Research Institute, das gemeinsam mit der New York Times eine der angesehensten Meinungsumfragen Amerikas durchführt.

Meinungsforschungsinstitute versuchen in der Regel nach dem Zufallsprinzip eine ausreichende Anzahl "wahrscheinlicher Wähler" zu befragen, um ein Ergebnis mit einem Vertrauensgrad von 95 Prozent und einer bestimmten Fehlerspanne, oft zwischen drei bis vier Prozent, zu erhalten.

Die Stichprobengröße, die benötigt wird, um diese Parameter zu erfüllen, ist gering. Ein Meinungsforscher benötigt nur etwa 600 Personen, um eine Population von 100.000 Menschen mit einer Fehlermarge von vier Prozent abzubilden. Um eine Fehlerspanne von drei Prozent zu erreichen, müssen 1000 Personen befragt werden. Soweit die Wissenschaft, die hinter Wahlumfragen steckt.

Die Kunst ist es, die richtige repräsentative Mischung für die Stichprobe zu finden, um sicherzustellen, dass die Umfrage so präzise wie möglich ist. Hierbei folgt jeder Meinungsforscher seinen eigenen Methoden.

Zunächst muss festgestellt werden, ob jemand voraussichtlich zur Wahl geht oder nicht. Wenn nur knapp über die Hälfte der Wahlberechtigten tatsächlich zur Wahl geht, macht es keinen Sinn, jemanden zu befragen, der dies nicht tun wird.

Sienna verbindet hierzu Aufzeichnungen zur Teilnahme einer Person an Wahlen mit einer mündlichen Befragung per Telefon. Wird eine Person von Siena als wahrscheinlicher Wähler eingestuft, wird sie über ihre Meinung zur Wahl befragt und einer demografischen Kategorie zugeordnet. Dies dient der Erstellung von Quoten für die Umfrage, denn je detaillierter die Wählerstichproben sind, desto zuverlässiger sind die Ergebnisse der Umfrage.

Siena verwendet etwa 40 Quoten, anhand derer die wählende Bevölkerung so präzise wie möglich abgebildet werden soll. Dazu zählen Geschlecht, Alter, Bildungsgrad, ethnische Zugehörigkeit und viele mehr.

"Wir bemühen uns sehr, diese Stichproben zu quotieren, nicht nur für die gesamten Vereinigten Staaten oder den gesamten Staat Pennsylvania, sondern auch für die einzelnen Regionen des Staates", erläutert Levy.

Suche nach dem versteckten Trump-Wähler

Bei 40 verschiedenen Quoten repräsentative Stichproben zu finden, ist nicht einfach. Offensichtlich gab es in den Jahren 2016 und 2020 Defizite bei den Umfragemethoden, die dazu führten, dass die Beliebtheit von Trump deutlich unterschätzt wurde.

Die Diskrepanz zwischen den Umfragen und den tatsächlichen Wahlergebnissen führt Levy darauf zurück, dass die Meinungsforscher Mühe hatten, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu erfassen: die Wähler, die Trump unterstützen und nicht bereit sind, an Umfragen teilzunehmen.

Meinungsforscher versuchen herauszufinden, welche Wahlberechtigten an Wahlen voraussichtlich auch teilnehmenBild: Kelly Wilkinson/AP/picture alliance

"Bei nahezu jedem Meinungsforschungsinstitut schlich sich derselbe Fehler ein", meint er über diese Verzerrung der Ergebnisse. Er glaubt, dass die mangelhafte Erfassung dieser sich gegen das "Establishment" stellenden, eine Teilnahme an Umfragen verweigernden Wähler allein 2020 zu einer Fehlerspanne von drei bis sieben Prozent geführt hat. Die Lösung? Diese Verweigerer mitzuzählen.

"Sobald ich sagte 'Hier ist Don vom Siena College Research Institute, wir machen heute eine Umfrage' antwortete eine signifikante Anzahl von Angerufenen einfach mit 'TRUMP' und legte auf", berichtet Levy. "2020 registrierten wir das, zählten sie aber nicht mit. Im Rückblick stellten wir fest, dass unsere Fehlermarge um etwa 40 Prozent korrigiert worden wäre, wenn wir das getan hätten. Diesmal zählen wir sie also mit."

Umfragen, Vorhersagen und Pennsylvania

Anders als in anderen Ländern werden Wahlen in den USA nicht von dem Kandidaten gewonnen, der die meisten Stimmen der Wählenden auf sich vereint. Stattdessen muss das zukünftige Staatsoberhaupt die Stimmen von mindestens 270 der 538 Wahlleute gewinnen.

Jeder Bundesstaat verfügt über eine bestimmte Anzahl von Wahlleuten, die sich nach der Anzahl der Kongressabgeordneten richtet. Die Wahlleute eines Staates werden in der Regel dem Kandidaten zugeschlagen, der in diesem Staat die meisten Wählerstimmen gewonnen hat. Mit Ausnahme der Staaten Maine und Nebraska erhält ein Kandidat also alle Wahlkollegiumsstimmen eines Staates.

Dieses komplexe Wahlsystem hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass sowohl Trump 2016 als auch George W. Bush 2000 die Wahlen gewannen, obwohl sie weniger Wählerstimmen als ihre Konkurrenten erhalten hatten.

Um Vorhersagen zur Aufteilung des Wahlkollegiums treffen zu können, müssen Analysten und Kommentatoren also die Umfragedaten zu den Gewinnern in den einzelnen Bundesstaaten heranziehen und mit diesen Karten erstellen, die die roten, blauen und unentschiedenen Staaten zeigen.

Im Moment sind sich die meisten Analysten einig, dass die Präsidentschaftswahl in sieben Staaten entschieden wird: Arizona, Georgia, Michigan, Pennsylvania, Nevada, North Carolina und Wisconsin.

Auch wenn Vorhersagen nicht hundertprozentig zuverlässig sind, widmen bei diesem Kopf-an-Kopf-Rennen viele Analysten einem Staat ganz besondere Aufmerksamkeit: Pennsylvania. Bei den letzten vier Wahlen stand dieser Bundesstaat jeweils auf der Seite des gewählten Präsidenten und es gibt hier 19 Wahlleute zu gewinnen.

"Es ist nur schwer vorstellbar, dass einer der beiden Kandidaten im Weißen Haus einzieht, ohne Pennsylvania zu gewinnen", sagt Thomas Gift vom University College London, der selbst aus Pennsylvania stammt.

Die Geldmengen, die von beiden Seiten im "Keystone State" ausgegeben werden, und die Beachtung, die ihm geschenkt wird, seien ein Zeichen für seine Bedeutung, meint Gift. "Die Kandidaten tun alles, um Pennsylvania zu gewinnen. Ich glaube wirklich, dass hier die Wahl entschieden wird."

Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.

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