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US-Wahl: Vance-Walz Debatte ist "überraschend höflich"

2. Oktober 2024

Zum ersten und einzigen Mal in diesem US-Wahlkampf lieferten sich die Vizepräsidenten-Kandidaten einen Schlagabtausch. J.D. Vance und Tim Walz diskutierten ernsthaft über Politik – keine Selbstverständlichkeit.

J.D. Vance und Tim Walz an Rednerpulten
J.D. Vance (links) und Tim Walz (rechts) bei ihrer TV-Debatte Dienstagabend in New YorkBild: Matt Rourke/AP/picture alliance

Die ganz großen viralen Momente blieben aus, als der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat J.D. Vance und sein demokratischer Rivale Tim Walz am Dienstagabend in New York aufeinander trafen. Keine persönlichen Angriffe auf den Gegner, keine Schläge unter die Gürtellinie und keine entsetzten Gesichtsausdrücke.

Stattdessen lieferten sich die running mates von Donald Trump und Kamala Harris 35 Tage vor der Wahl am 5. November einen hochpolitischen Schlagabtausch, bei dem sie sowohl innen- als auch außenpolitische Themen ausgiebig diskutierten. Das mag auf den ersten Blick wenig überraschend erscheinen. Aber wer den US-Wahlkampf in diesem und in den vergangenen Jahren verfolgt hat, weiß, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist.

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"Es ging überraschend höflich zu. Das letzte Mal, dass wir eine solche Debatte hatten, war vor 2016",  sagte Filippo Trevisan, Politikwissenschaftler an der American University in Washington, D.C., der DW. "Nicht nur die Debatte in diesem September zwischen Trump und Harris, auch die Vizepräsidenten-Debatte zwischen Harris und Mike Pence 2020 lief sehr anders ab."

Bei der Präsidentschaftsdebatte zwischen dem republikanischen Kandidaten Trump und der demokratischen Kandidatin Harris hatte Trump an Absurdität grenzende Bemerkungen über Einwanderer, die angeblich Haustiere stehlen und essen würden, gemacht. Harris schien sich nur mit Mühe zurückhalten zu können, Trump mit Schimpfwörtern zu belegen.

Diesmal machte Vance die Einwanderungspolitik der amtierenden Vizepräsidentin Kamala Harris für die Leiden der amerikanischen Gesellschaft verantwortlich: von zu hohen Immobilienpreisen bis zur Opioid-Epidemie. Und Walz warnte, dass das Verhältnis zwischen den USA und ihren Verbündeten unter einer Trump-Präsidentschaft leiden würde, weil man sich auf den Republikaner nicht verlassen könne.

Vance, Walz und der Nahe Osten

Die erste Frage der Moderatorinnen des TV-Senders CBS bezog sich auf die Ereignisse im Nahen Osten, wo Israel kurz zuvor eine Militäroffensive gegen den Libanon gestartet hatte. Der Iran wiederum hatte am Dienstagabend mehr als 180 Raketen auf Israel abgefeuert. Die USA sind der engste und wichtigste Partner Israels. Würden sie einen israelischen Angriff auf den Iran unterstützen?

Der Raketenangriff des Irans auf Israel war ein wichtiges Thema bei der DebatteBild: AP/dpa/picture alliance

Auf diese Frage ging keiner der beiden Kandidaten direkt ein. Stattdessen sprach Walz davon, wie "gefährlich" Trump in einer so instabilen Weltlage sei. Vance hingegen sagte, Trump habe effektive Abwehrmechanismen gegen jegliches Fehlverhalten auf der internationalen Bühne etabliert.

Streitpunkte US-Wirtschaft und Abtreibung

Der Krieg in der Ukraine spielte in der Vize-Debatte keine Rolle. Stattdessen diskutierten die Kandidaten unter anderem über den Klimawandel, Einwanderung und die Wirtschaft. Bei letzterem griff Vance Kamala Harris mit einem Argument an, das von Republikanern häufig zu hören ist. Harris' Plan, der Mittelklasse wieder auf die Beine zu helfen, höre sich zwar teilweise "ziemlich gut" an, so Vance – aber warum habe sie dann in ihren bisherigen dreieinhalb Jahren als Vizepräsidentin nichts davon durchgesetzt? ´

Neben der Wirtschaft ist Abtreibung eines der großen Themen im US-Wahlkampf. Trump und Vance sind dafür, dass die Bundesstaaten eigene Abtreibungsgesetze erlassen. Harris und Walz wollen, dass Schwangere wieder landesweit Zugang zu sicheren Abtreibungen haben - so wie es der Fall war, bevor der mehrheitlich konservative Supreme Court 2022 das entsprechende Gesetz kippte.

In der Debatte am Dienstag berief sich Vance auf die Vielfalt der Bundesstaaten als Begründung für die sehr unterschiedlichen Gesetze. Walz erzählte daraufhin die Geschichte von Amber Thurman, einer jungen Amerikanerin aus Georgia, einem Bundesstaat mit strengen Abtreibungsgesetzen. Sie war im August 2022 in einen anderen Bundesstaat gereist, um dort einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Zurück in Georgia traten seltene Komplikationen auf, die wegen der strengen Gesetze nicht rechtzeitig behandelt wurden – Thurman starb. Walz sagte, solche Tragödien seien vermeidbar. Die Demokraten stünden für die Freiheit der Frauen, eigene Entscheidungen zu treffen.

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Walz oder Vance: Wer hat gewonnen?

In den US-Medien herrscht die Meinung vor, dass Vance in der Debatte besser abgeschnitten habe. Er habe eine gute Figur gemacht und Kamala Harris effektiver angegriffen, als es Trump in der Präsidentschaftsdebatte, schreibt etwa Politico. Walz' warmes, väterliches Image sei in der Debatte hingegen nicht wirklich zum Tragen gekommen.

Politikwissenschaftler Trevisan sagt, es sei Vances Job in der Debatte gewesen, eine Brücke zu den Wählern zu schlagen, die keine überzeugten Trump-Fans sind. Er musste, so Trevisan, die Menschen davon überzeugen, dass Trumps Ideen nicht so extrem sind, wie sie dargestellt werden. "Das hat er gut gemacht, er ist ein wirklich starker Debattierer."

Doch auch Walz hatte seinen großen Moment. Als es um die Präsidentschaftswahl 2020 und den Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 ging, fragte er Vance, ob Trump seiner Meinung nach die Wahl verloren habe. Trump weigert sich bis heute, die Niederlage anzuerkennen, obwohl alle Gerichte den Wahlsieg von Joe Biden bestätigt haben. Vance wich aus, er konzentriere sich auf die Zukunft. Walz war von dieser vagen Aussage "schockiert".

Aber wird all das bei der Wahl in fünf Wochen einen Unterschied machen? Unwahrscheinlich, sagt die Leiterin des DW-Studios in Washington, Ines Pohl.

"Ich erwarte nicht, dass diese Begegnung große Auswirkungen haben wird", sagt Pohl. "Die Kandidaten werden mit dieser Debatte keinen unentschlossenen Wähler überzeugt haben."

Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker
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