Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich der gewählte US-Präsident Joe Biden mit einem von der Opposition kontrollierten Senat arrangieren muss. Es steht 49 zu 48 für die Republikaner - und nur drei Sitze sind noch vakant.
Anzeige
Im Kampf um die künftige Mehrheit im mächtigen US-Senat haben die Republikaner einen wichtigen Teilerfolg errungen. Nach einem engen Rennen im Bundesstaat North Carolina konnte sich der bisherige republikanische Mandatsinhaber Thom Tillis durchsetzen. Sein Konkurrent Cal Cunningham von den Demokraten räumte seine Niederlage ein: "Die Wähler haben gesprochen, und ich akzeptiere ihre Entscheidung."
Bei den parallel zur Präsidentschaftswahl vor einer Woche abgehaltenen Kongresswahlen haben die Republikaner nun schon 49 der 100 Sitze im Senat erringen können. Die Demokraten stehen derzeit bei 48 Sitzen. Offen ist noch die künftige Besetzung eines im Bundesstaat Alaska zu vergebenden Senatssitzes sowie der zwei Sitze, die dem Bundesstaat Georgia zustehen. In Alaska liegt der republikanische Senator Dan Sullivan erwartungsgemäß vorn.
Für Bidens Demokraten ist nur ein Patt möglich
Alle Augen richten sich damit auf Georgia. In dem Südstaat fällt die Entscheidung über die beiden Sitze erst in einer Stichwahl am 5. Januar. Dann treten der republikanische Senator David Perdue und sein demokratischer Rivale Jon Ossoff sowie die republikanische Senatorin Kelly Loeffler und der Demokrat Raphael Warnock gegeneinander an.
Der Senat ist extrem wichtig für einen Präsidenten: Er bestätigt seine Kandidaten für Regierungs- und Richterposten und kann Gesetzesvorhaben blockieren. Die Demokraten hatten sich vor der Wahl große Hoffnungen gemacht, die Mehrheit im Senat zurückzuerobern. Erst dann stünden Joe Biden alle Möglichkeiten für groß angelegte Reformen offen.
Sollten die Demokraten in Georgia beide Mandate erobern, entstünde im Senat eine 50-zu-50-Pattsituation. Für diesen Fall sieht die US-Verfassung vor, dass der Vizepräsident bei den Senatsentscheidungen mit seiner Stimme die Mehrheit herstellt - nach Bidens Amtsantritt wird seine Parteikollegin Kamala Harris das Amt der Vizepräsidentin innehaben.
rb/AR (afp, ap, dpa, rtr)
Wie viel Macht hat der US-Präsident?
Wer Chef im Weißen Haus ist, hat die weltpolitische Übermacht - meint man. Doch ganz so klar ist das nicht: Die Befugnisse des US-Präsidenten sind eingeschränkt, auch andere haben ein Wörtchen mitzureden.
Bild: Klaus Aßmann
Das sagt die Verfassung
Gewählt wird der Präsident für vier Jahre, maximal für zwei Amtszeiten. Er ist Staatsoberhaupt und Regierungschef, dirigiert also den Regierungsapparat. Rund vier Millionen Menschen arbeiten in der Exekutive, inklusive der Streitkräfte. Es ist Aufgabe des Präsidenten, die vom Kongress erlassenen Gesetze umzusetzen. Er kann als oberster Diplomat Botschafter empfangen - und so Staaten anerkennen.
Bild: Klaus Aßmann
Kontrolle durch "Checks and Balances"
Die drei Gewalten haben untereinander Mitspracherechte und schränken so ihre Macht gegenseitig ein. Der Präsident darf Menschen begnadigen und ernennt Bundesrichter - aber nur mit Zustimmung des Senats. Der Präsident ernennt unter anderem auch seine Minister und Botschafter, ebenfalls mit Beratung und Zustimmung des Senats. Das ist eines der Mittel der Legislative, die Exekutive zu kontrollieren.
Bild: Klaus Aßmann
Die Kraft der "State of the Union"
Der Präsident muss den Kongress über die Geschicke des Landes informieren. Das tut er einmal jährlich in seiner "Rede zur Lage der Nation". Er darf zwar keine Gesetzesvorschläge in den Kongress einbringen, kann aber in der Rede seine Themen vorbringen. Er kann somit den Kongress öffentlichskeitswirksam unter Druck setzen. Mehr allerdings auch nicht.
Bild: Klaus Aßmann
Er kann einfach "Nein" sagen
Wenn der Präsident dem Kongress einen Gesetzesvorschlag ohne seine Unterschrift zurückgibt, legt er damit sein Veto ein. Dieses Veto kann der Kongress nur mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern außer Kraft setzen. Nach Angaben des Senats wurden in der Geschichte der USA von etwas mehr als 1500 Vetos nur 111 überstimmt, also rund sieben Prozent.
Bild: Klaus Aßmann
Graubereiche in der Machtdefinition
Die Verfassung und die Urteile des Obersten Gerichtshofs klären nicht eindeutig, wie viel Macht der Präsident hat. Ein Kniff ermöglicht einen zweiten Veto-Typ, das "pocket veto". Unter bestimmten Umständen kann der Präsident einen Gesetzesvorschlag "in seine Tasche stecken", er wird dadurch nicht gültig. Der Kongress kann dieses Veto nicht überstimmen. Über 1000 Mal wurde dieser Trick genutzt.
Bild: Klaus Aßmann
Anweisungen, die wie ein Gesetz gelten
Der Präsident kann Regierungsmitarbeitern anordnen, wie sie ihre Pflichten zu erfüllen haben. Diese Verordnungen, sogenannte "Executive Orders", haben Gesetzeskraft. Niemand muss sie absegnen. Trotzdem kann der Präsident nicht tun, was er will. Gerichte können die Verordnungen kassieren oder der Kongress kann ein Gesetz dagegen erlassen. Und: Der nächste Präsident kann sie einfach aufheben.
Bild: Klaus Aßmann
Den Kongress ausspielen...
Der Präsident darf Verträge mit anderen Regierungen aushandeln, denen aber der Senat am Ende mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen muss. Um das zu umgehen, nutzen Präsidenten statt Verträgen "Executive Agreements", Regierungsvereinbarungen, die der Kongress nicht absegnen muss. Sie gelten, solange der Kongress keinen Einspruch erhebt oder Gesetze erlässt, die die Vereinbarung unwirksam machen.
Bild: Klaus Aßmann
... und dann wieder zurückstecken müssen
Der Präsident ist Oberbefehlshaber der US-Truppen, aber der Kongress erklärt den Krieg. Unklar ist, inwiefern ein Präsident Truppen ohne Zustimmung in einen bewaffneten Konflikt führen kann. Der Kongress fand, mit dem Eintritt in den Vietnamkrieg war eine rote Linie übertreten und schritt per Gesetz ein. Der Präsident kann also nur solange Kompetenzen an sich ziehen, bis der Kongress reagiert.
Bild: Klaus Aßmann
Die ultimative Kontrolle
Sollte ein Präsident sein Amt missbrauchen oder straffällig werden, kann das Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren einleiten. Bisher ist das dreimal geschehen - erfolglos. Es gibt aber ein mächtigeres Instrument, um dem Präsidenten Einhalt zu gebieten: Der Kongress bewilligt den Etat und kann ihm den Geldhahn zudrehen. (Die Galerie wurde 2017 erstmals veröffentlicht und nun aktualisiert.)