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Politik

USA beschlagnahmen Gelder der afghanischen Zentralbank

11. Februar 2022

Präsident Joe Biden will rund die Hälfte der in den USA eingefrorenen Währungsreserven Afghanistans für mögliche Entschädigungen von Terroropfern zurückhalten. Die andere Hälfte will er für humanitäre Hilfe verwenden.

Da Afghanistan Bank (DAB) | Kabul, Afghanistan
Die Zentralbank in der afghanischen Hauptstadt KabulBild: Saifurahman Safi/Xinhua/picture alliance

Nach Angaben des Weißen Hauses in Washington unterzeichnete Präsident Joe Biden einen Erlass, der vorsieht, dass die gesamten afghanischen Währungsreserven in den USA blockiert und zur Notenbank in New York transferiert werden. Die beschlagnahmten sieben Milliarden Dollar (rund 6,1 Milliarden Euro) der afghanischen Zentralbank, die in den USA gelagert sind, sollen demnach aufgeteilt werden. Während die eine Hälfte des Geldes der notleidenden afghanischen Bevölkerung zugutekommen soll, wird die andere Hälfte für Angehörige von Opfern der Terroranschläge vom 11. September 2001 zurückgehalten. Nach Ansicht von Beobachtern ist die Beschlagnahmung von Vermögen eines anderen Staates ein höchst ungewöhnlicher Schritt.

"Die Regierung wird versuchen, den Zugang von 3,5 Milliarden Dollar dieser Gelder für die afghanische Bevölkerung und für Afghanistans Zukunft zu erleichtern", erklärte das Weiße Haus. Das Geld soll demnach direkt die afghanische Bevölkerung erreichen und nicht "in die Hände der Taliban" geraten. Die Islamisten hatten im August 2021 inmitten des Truppenabzugs der USA und ihrer Verbündeten die Macht in Afghanistan zurückerobert. Die humanitäre Krise in dem Land hat sich seit seitdem drastisch verschärft. Millionen Menschen sind nach UN-Angaben von Hunger bedroht. UN-Generalsekretär Antonio Guterres und internationale Hilfsorganisationen hatten angesichts einer drohenden Hungersnot appelliert, Geld für humanitäre Hilfe freizugeben.

Ansprüche von Terror-Opfern

Wie das Weiße Haus erklärte, sollen mehr als 3,5 Milliarden Dollar der eingefrorenen Zentralbankgelder in den USA bleiben und für "US-Opfer des Terrorismus" reserviert werden, die vor Gericht Schadenersatz fordern. "Viele US-Opfer des Terrorismus, unter ihnen Angehörige von Opfern, die bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 starben, haben Ansprüche gegen die Taliban erhoben und erheben vor Bundesgerichten Anspruch auf Mittel der afghanischen Zentralbank."

Ein ungewöhnlicher Schritt: US-Präsident Joe Biden vor dem Weißen Haus (Archivbild)Bild: Andrew Caballero-Reynolds/AFP

Bei den Anschlägen auf das Word Trade Center in New York und das US-Verteidigungsministerium in Washington waren rund 3000 Menschen getötet worden. Die damals in Afghanistan herrschenden Taliban hatten dem für die Anschläge verantwortlichen Terrornetzwerk Al-Kaida Unterschlupf gewährt.

Das in den USA gelagerte Geld der afghanischen Zentralbank war nach dem Sieg der Taliban zunächst eingefroren worden.  Ein Mitarbeiter der US-Regierung sagte jetzt, zum Zeitpunkt der Machtübernahme der Taliban hätten rund neun Milliarden Dollar an afghanischen Währungsreserven außerhalb des Landes gelegen. Sieben Milliarden Dollar seien in den USA gewesen, der Rest habe sich auf Deutschland, die Vereinigten Arabischen Emirate, die Schweiz und andere Staaten verteilt.

Zwei Journalisten inhaftiert

Unterdessen wurden in Kabul zwei ausländische Journalisten festgenommen, die für das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Afghanistan arbeiten. Die UN-Organisation erklärte, dass einheimische Mitarbeiter der Journalisten in Gewahrsam genommen worden seien. "Wir tun unser Möglichstes, um die Situation in Abstimmung mit anderen zu klären. Angesichts der Art der Situation werden wir keine weiteren Kommentare abgeben", twitterte das UNHCR. Die Organisation machte keine Angaben zur Identität der Festgenommenen.

Bei einem der Journalisten handelt es sich um den ehemaligen BBC-Korrespondenten und erfahrenen Afghanistan-Reporter Andrew North, wie seine Frau mitteilte. "Wir sind sehr besorgt um seine Sicherheit und rufen alle, die Einfluss haben, auf, sich für seine Freilassung einzusetzen", schrieb Natalia Antelava auf Twitter. Ihr Mann habe in Kabul für das UNHCR gearbeitet, um den Menschen in Afghanistan zu helfen.

Die Behörden würden die Angelegenheit untersuchen, sagte der Sprecher der Taliban-Regierung, Sabihullah Mudschahid. "Wir haben Informationen darüber erhalten und versuchen zu bestätigen, ob sie festgenommen wurden oder nicht", erklärte Mudschahid.

Gewalt gegen Journalisten

Seit ihrer Machtübernahme 2021 gehen die Taliban strikt gegen abweichende Meinungen vor. Oppositionelle wurden festgenommen und regierungskritische Demonstrationen gewaltsam aufgelöst. Dabei setzten die Sicherheitskräfte auch Gewalt gegen afghanische Journalisten ein, die über die Proteste berichteten. Erst Anfang des Monats waren zwei afghanische Journalisten für einige Tage inhaftiert worden, bevor sie wieder freikamen.

kle/sti (afp, rtr, dpa, ape)