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Fünf Jahre George Floyd: Wo steht Black Lives Matter heute?

24. Mai 2025

Vor fünf Jahren erschütterte die Tötung des US-Amerikaners George Floyd die Welt - und machte Black Lives Matter zur globalen Protestbewegung. Heute steht BLM unter wachsendem Druck, nicht zuletzt durch Donald Trump.

Wandporträt von George Floyd in Berlin, daneben steht der Schriftzug "I can*t breathe" ( Ich kann nicht nicht atmen")
Ein Graffiti zum Gedenken an George Floyd am Berliner Mauerpark in Berlin - die Proteste breiteten sich weltweit aus Bild: O. Messinger/NurPhoto/picture-alliance

Wo einst der grell-gelbe Schriftzug "Black Lives Matter" auf dem Asphalt leuchtete, schieben sich heute wieder schwere SUVs durch die Straße. Republikaner im US-Kongress hatten sich an dem ikonischen Bild gestört; im März wurde es schließlich entfernt. Keyonna Jones steht mitten auf dieser einst berühmten 16th Street in Washington, D.C. "Ich fühle Dankbarkeit, bin überwältigt und enttäuscht - aber gleichzeitig auch gestärkt", sagt die Künstlerin der DW.

Auf der 16th Street in Washington prangte jahrelang dieser Schriftzug - bis die Trump-Administration ihn entfernen ließBild: picture alliance/dpa/Executive Office of the Mayor/AP

Vor rund fünf Jahren hatte sie in einer nächtlichen Aktion gemeinsam mit anderen Künstlern die riesigen Buchstaben auf den Asphalt gepinselt. Erst im Morgengrauen, als Fremde stehen blieben und mithelfen wollten, begriff sie, dass sie Teil von etwas Größerem geworden war. "Innerhalb von 24 Stunden war der Schriftzug überall auf der Welt zu sehen. Das hat mich erfüllt und mir Kraft gegeben", sagt sie. "So entsteht Veränderung."

Mord an George Floyd löst Proteste aus - weltweit

Die Veränderung, die Keyonna Jones will, ist Gerechtigkeit. Denn genau vor fünf Jahren starb der Afroamerikaner George Floyd bei einer brutalen Polizeikontrolle - qualvoll erstickt unter dem Knie eines Polizisten. Knapp neuneinhalb Minuten dauerte sein Todeskampf, minutiös dokumentiert von einer Handykamera. Immer wieder war Floyds "I can't breathe" ("Ich kann nicht atmen") zu hören.

"Ich fühle Dankbarkeit": Künstlerin Keyonna Jones wirkte an dem berühmten Schriftzug mitBild: Aline Spanting/DW

Das Video aus Minneapolis ging um die Welt. Bald gingen Hunderttausende gegen rassistische Polizeigewalt auf die Straße und forderten tiefgreifende Reformen. Die "Black Lives Matter"-Bewegung wurde zur wahrscheinlich größten Protestbewegung der US-Geschichte. 

Endlich im Fokus: Polizeigewalt 

Auch außerhalb der USA schlug Floyds Tod hohe Wellen. Ab Juni 2020 fanden weltweit Proteste statt - wenn auch mit unterschiedlichem Fokus. Aktivisten in Brasilien und Kolumbien nutzten die BLM-Bewegung, um auf rassistische Polizeigewalt gegen indigene und afro-lateinamerikanische Gemeinschaften aufmerksam zu machen.  

In Europa konnte die BLM-Bewegung vor allem in Deutschland, Dänemark und Italien zehntausende Menschen mobilisieren. Die Proteste hätten gezeigt, dass es "ein wachsendes Problembewusstsein" gebe, erklärt der Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, Tahir Della, der DW.

"Der Tod von George Floyd kann schon als Zäsur betrachtet werden", sagt auch Juristin Laila Abdul-Rahman, die sich an der Goethe-Universität Frankfurt mit Polizeigewalt beschäftigt, der DW. Auch in Deutschland habe BLM maßgeblich dazu beigetragen, die öffentliche Debatte zu prägen. "Der Diskurs wird jetzt anders geführt, auch in der Wissenschaft".

Fünf Jahre später - Versprechen sollen eingehalten werden

Fünf Jahre später mischt sich in die anfängliche Hoffnung vieler aber auch Enttäuschung. "Wir haben noch längst nicht die ganze Veränderung erreicht, die den Menschen damals versprochen wurde", sagt Robert Samuels, Co-Autor des Buches "His Name Is George Floyd", im Gespräch mit der DW. "Die USA haben es nicht geschafft, sich dauerhaft und aktiv dafür einzusetzen, dass Gleichheit herrscht und alle die gleichen Chancen erhalten".  

Hofft noch auf Veränderung: Buchautor Robert Samuel Bild: Robert Samuel

Diese Ernüchterung spiegelt sich auch in Umfragen wider: Während 2020 noch 52 Prozent der US-Amerikaner glaubten, dass der neue Fokus das Leben schwarzer Menschen verbessern würde, zeichnet sich laut dem Meinungsforschungsinstitut Pew Research Center fünf Jahre später ein anderes Bild. Nur noch 27 Prozent sagen, es habe tatsächlich zu positiven Veränderungen geführt. 72 Prozent sehen keine Verbesserungen. 

Trumps Verordnungen - für BLM ein Rückschlag

Das könnte auch mit Donald Trumps Politik zu tun haben: Kurz nach seinem Amtsantritt ordnete der US-Präsident an, dass alle Programme zur Förderung von Vielfalt, Teilhabe und Inklusion (DEI) in Bundesbehörden eingestellt werden müssten. Auch Unternehmen und Universitäten wurden unter Druck gesetzt, Richtlinien zur Förderung benachteiligter Gruppen an Universitäten aufgehoben. Außerdem will Trump Schulunterricht über Rassismus und soziale Gerechtigkeit zurückdrängen - zur Not mit dem Entzug staatlicher Fördermittel.

Und auch die polizeiliche Ermittlung nach Fällen von Polizeigewalt will die US-Regierung nun in Teilen einstellen. Das Justizministerium kündigte vor einigen Tagen an, es wolle Polizisten in Louisville im Bundesstaat Kentucky sowie in Minneapolis in Minnesota entlasten. Vorwürfe gegen Polizeikräfte in Memphis und vier weiteren Städten kämen ebenfalls auf den Prüfstand. Den Vollzugskräften sei "fälschlich" eine "vorsätzliche Diskriminierung" von Schwarzen unterstellt worden, so das Justizministerium. 

 

Das gemeinnützige Projekt "Mapping Police Violence" legte zudem alarmierende Zahlen vor. Demnach seien 2024 in den USA mindestens 1260 Menschen in Polizeihänden gestorben. Das sind mehr als jemals zuvor seit zehn Jahren, und überproportional viele schwarze Menschen. Auch Keyonna Jones sagt, sie habe in den letzten fünf Jahren sechs enge Freunde aus ihrer Nachbarschaft durch Schüsse oder Polizeigewalt verloren. 

Wie viele Menschen weltweit Opfer von rassistischer Polizeigewalt wurden und ob sich die Zahlen verändert haben, lässt sich schwer beziffern. Laut Menschenrechtsorganisationen würden die Vorfälle oft auch nicht zur Anzeige gebracht. In Brasilien zum Beispiel töteten Beamte "immer wieder Menschen, die keine Bedrohung darstellten - meist junge Schwarze - in der Gewissheit, dass diese Tötungen selten untersucht oder strafrechtlich verfolgt würden", schreibt Amnesty International in einem zuletzt 2024 aktualisierten Bericht.   

"Überleben ist nichts Neues" 

Trotzdem, so sagt Robert Samuels, gab es auch positive Veränderungen. Die Art, wie über Rassismus gesprochen wird, habe sich grundlegend gewandelt. Mindestens 16 Bundesstaaten haben die Polizeimethode des Fixierens Verdächtiger mit dem Knie am Hals verboten - genau die Praxis, die George Floyd das Leben kostete.  

Angesprochen auf Donald Trump flüchtet Keyonna Jones sich in Fatalismus. "Schwarze Menschen haben gelernt, ihr Leben lang - über Jahrhunderte und Jahrzehnte - zu überleben," so die Künstlerin. "Ich bin im Südosten von Washington D.C. aufgewachsen, einem Stadtteil, der oft vergessen und unterversorgt wird. Die Geschichte vom Überleben ist für mich nichts Neues. Deshalb erschüttert es mich kaum, wenn jemand Neues in der Regierung sitzt." 

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Aline Spantig Multimedia-Journalistin mit Fokus auf Gesundheit, Menschenrechte und globale Themen.
Stephanie Höppner Autorin und Redakteurin für Politik und Gesellschaft
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