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USA: Warum Trump auf Zölle statt auf Sanktionen setzt

Nik Martin
21. Juli 2025

Seit der Rückkehr von Donald Trump ins Amt setzt die US-Handelspolitik verstärkt auf Zölle statt Sanktionen. Die aggressive Zollstrategie sorgt international für Unsicherheit und belastet Unternehmen wie Märkte.

US-Präsident Donald Trump hält vor einem Mikrofon ein Papier hoch mit der Aufschrift "Foreign Trade Barriers" - zu deutsch "Hemmnisse im Außenhandel"
Lieber Zölle als Sanktionen: US-Präsident Trump bei der Ankündigung von neuen Zöllen gegenüber US-Handelspartnern wie China und EU im April Bild: Mark Schiefelbein/AP/dpa/picture alliance

Die Vorliebe von US-Präsident Donald Trump, seine politischen und wirtschaftlichen Ziele mit Zöllen zu erreichen, ist sehr umstritten. Für die einen sind Zölle die "weltweit schlechteste Wette", für andere gelten sie als "erprobtes und mächtiges Druckmittel" zum Schutz von nationalen Interessen der Vereinigten Staaten.

Fest steht: Seit seiner Rückkehr ins Weiße Haus 2025 haben Trumps wiederholte Zolldrohungen gegen Dutzende von Ländern große Unsicherheit bei US-Unternehmen und globalen Handelspartnern ausgelöst.

Trumps "Zolltango" - kühne Ankündigungen hoher Zölle auf ausländische Waren, gefolgt von abrupten Rückziehern - passt zu dessen wechselnden politischen und wirtschaftlichen Zielen. Die Finanzmärkte bleiben nervös, da sie nicht wissen, wie oder wann oder gegen wen der Präsident das nächste Mal Zölle verhängen will.

Beispiel Peking

Die Zölle auf Importe aus China, dem größten wirtschaftlichen und militärischen Rivalen der USA, erreichten im April einen historischen Höchststand und stiegen auf 145 Prozent, bevor sie im darauffolgenden Monat nach den Handelsgesprächen in London deutlich gesenkt wurden.

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Trumps plötzliche Erhöhung und spätere Rücknahme der Zölle zeigt, wie er sie als Mittel nutzt, um das zu korrigieren, was er aufgrund früherer Handelsstreitigkeiten als unfairen Handel ansieht.

"Was die Ansichten des Präsidenten prägt, ist der rasante Aufstieg Japans in den 1980er Jahren und das Gefühl, dass die Japaner die legendäre amerikanische Autoindustrie aus dem Wettbewerb drängen, weil die USA bei ihren Handelsbedingungen zu großzügig waren", sagte Jennifer Burns, Juniorprofessorin für Geschichte an der Stanford University, gegenüber DW.

Zölle für "America First"

Zölle sind Trumps bevorzugte Waffe, um das massive US-Handelsdefizit, insbesondere gegenüber China, zu bekämpfen, das sich laut der US-Statistikbehörde "United States Census Bureau" im Jahr 2024 auf 295 Milliarden US-Dollar (253 Milliarden Euro) belief.

Die Zölle stehen auch im Einklang mit Trumps "America First"-Agenda, die heimische Industrie zu schützen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in den USA zu fördern.

Das Weiße Haus verteidigt den Ansatz des Präsidenten und betont, dass Zölle schnell eingesetzt werden könnten und im Gegensatz zu Sanktionen ausländische Märkte für US-Unternehmen nicht vollständig verschlössen.

Präsident Trump fordert mit erhobenem Zeigefinger: "America First"Bild: Scott Olson/Getty Images/AFP

"[Trump] kann diesen Druck erhöhen, wann immer er will, und ihn dann wieder zurücknehmen, wenn die Märkte ausflippen, oder er seinen Zweck nicht mehr erfüllt", sagte Sophia Busch, stellvertretende Direktorin des Geo-Ökonomischen Zentrums der Denkfabrik Atlantic Council, zur DW. "Mit Zöllen ist das viel einfacher als mit Sanktionen."

Der Zoll soll Geld einnehmen

Obwohl Zölle wegen ihres Inflationspotenzials vielfach kritisiert werden, generieren sie im Gegensatz zu Sanktionen Einnahmen für das US-Finanzministerium. So stiegen die US-Zolleinnahmen im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 110 Prozent auf 97,3 Milliarden US-Dollar.

Laut dem Urban-Brookings Tax Policy Center werden die Zölle im nächsten Jahr voraussichtlich rund 360 Milliarden US-Dollar einbringen.

Trump betrachtet Zölle als flexibler und leichter umsetzbar. Zölle geben Trump direkte, einseitige Kontrolle durch Präsidialerlasse, ohne dass er die Zustimmung des US-Kongresses benötigt. Sanktionen hingegen erfordern oft komplexe rechtliche Rahmenbedingungen und die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern wie der Europäischen Union.

Zölle bevorzugt

Dies erklärt, warum Trump lieber Zölle einsetzt, um Ziele zu erreichen, die typischerweise mit Sanktionen in Verbindung gebracht werden. So kann er Druck auf Länder wie Kanada, Mexiko und China in nicht-handelsbezogenen Fragen aus wie Einwanderung und Drogenhandel ausüben.

Mit der Bestrafung von Zöllen wurde auch Kolumbien gedroht, nachdem es US-Abschiebeflüge abgelehnt hatte. Die angedrohten Abgaben gegen die Europäische Union wiederum wurden teilweise als Reaktion auf die EU-Datenschutz- und Klimavorschriften angekündigt.

Trumps Zolldrohungen betreffen besonders China - hier chinesische Container im Hafen von Long Beach, KalifornienBild: Mark Ralston/AFP

Anfang dieses Monats verhängte Trump einen 50-prozentigen Zoll auf Importe aus Brasilien, der als Vergeltung für die Strafverfolgung des ehemaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, eines engen Verbündeten, ausgelegt wurde. Der rechtsextreme Politiker muss sich wegen angeblicher Putschpläne zur Aufhebung seiner Wahlniederlage von 2022 vor Gericht verantworten. Er soll auch die Ermordung politischer Rivalen mitgeplant haben.

Früher waren Sanktionen das Mittel der Wahl

Frühere US-Regierungen haben Sanktionen gegenüber Zöllen als Strafmittel bevorzugt, um "Schurkenstaaten" auf Linie zu bringen. Seit Moskau im Februar 2022 seine Invasion der Ukraine begann, haben die USA mehr als 2500 Sanktionen gegen Russland verhängt, die sich gegen Einzelpersonen, Unternehmen, Schiffe und Flugzeuge richten.

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Die USA haben auch Sanktionen gegen Venezuela, den Iran und Nordkorea verhängt. "Diese Volkswirtschaften sind keine entscheidenden Handelspartner für die USA", sagte Busch vom Atlantic Council und fügte hinzu, dass Trumps Zölle auf die "wichtigsten Handelspartner der USA (…) eher eine wirtschaftliche Bedrohung im Inland" darstellten.

Denkt Trump jetzt doch über Sanktionen nach?

Mit Bezug auf einen von Senator Lindsey Graham vorgeschlagenen Gesetzentwurf, der zusätzliche Strafen für Moskau vorsieht, falls es nicht gelingt, ein Friedensabkommen mit Kiew auszuhandeln, sagte Trump, er ziehe neue Sanktionen "sehr ernsthaft" in Erwägung.

Sollte der "Sanctioning Russia Act 2025" verabschiedet werden, würden wichtige russische Beamte und Oligarchen, Finanzinstitute und der Energiesektor ins Visier genommen. Das Ziel: Russlands Fähigkeit zum Export von Öl und Gas einschränken.

Der Gesetzentwurf, der von beiden Parteien unterstützt wird, sieht auch Sekundärsanktionen gegen Drittländer und ausländische Unternehmen vor, die russische Energie importieren. Trump hat diese Sanktionen als "Sekundärzölle" von bis zu 500 Prozent bezeichnet.

Schädliche "Zollunsicherheit"

Trumps ähnliche "Sekundärzölle" von 25 Prozent gegenüber Käufern von venezolanischem Öl, die im März in Kraft traten, sollten ebenfalls Druck auf Energieimporteure ausüben, sich der US-Außenpolitik anzupassen - eine Rolle, die normalerweise Sanktionen vorbehalten ist.

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Sekundärsanktionen umfassen in der Regel die Aufnahme von Personen und Unternehmen in schwarze Listen, das Einfrieren von Vermögenswerten und Beschränkungen im Geldverkehr. Auch mit US-Strafanzeigen und Reiseverboten wird oft gedroht.

"Bei Sanktionen geht es eher darum, Länder für Verstöße gegen internationale Normen zu bestrafen", sagte Burns gegenüber der DW. "Sie sind eine Reaktion auf konkrete Maßnahmen, und wenn diese Maßnahmen eingestellt werden, können die Sanktionen aufgehoben werden."

Burns wies darauf hin, dass die Unsicherheit über Trumps Zollpolitik US-Unternehmen und globale Handelspartner in Bedrängnis gebracht habe, und warnte, dass "Jahre der Zollunsicherheit" zu einer "ernsthaften Konjunkturabschwächung führen könnten, da Unternehmen und Investoren auf eine vorhersehbare Lage warten".

Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.

 

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