USA-Einreise: Warum Deutsche oft festgehalten werden
23. März 2025
Die Beamten der Passkontrolle bei der Einreise in die USA werden oft als aggressiv, mitunter sogar krawallig erlebt, berichten Einreisende. EU-Bürger dagegen haben es normalerweise leicht. Bis auf Reisende aus Bulgarien und Rumänien können alle EU-Bürger ohne Visum für 90 Tage in die USA reisen, vorausgesetzt, sie haben online das entsprechende ESTA-Formular (Electronic System for Travel Authorization) ausgefüllt und die geforderten Angaben zu ihrem persönlichen Hintergrund gemacht. Warum wurden dann vier Deutsche seit Anfang des Jahres wochenlang vom amerikanischen Zoll festgehalten?
Green Card nutzlos
"Ich fühle mich so hilflos", sagte Astrid Senior gegenüber Journalisten in Boston, nachdem ihr Sohn Fabian Schmidt am 7. März am dortigen Flughafen festgenommen wurde. Senior und Schmidt sind keine bloßen Touristen, sie haben eine Green Card und damit eine dauerhafte amerikanische Aufenthaltsberechtigung.
Fabian Schmidt, 34, wurde nach Angaben seiner Mutter "stundenlang" verhört, als er nach einem Deutschlandbesuch in die USA zurückkehrte. Ihm sei gesagt worden, seine Green Card sei ungültig. Ihrem Sohn seien Schlaf, Essen, Wasser und Medikamente verweigert worden. Sein Zustand habe sich so sehr verschlimmert, dass er in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei.
Die US-Zollbehörden haben den Krankenhausaufenthalt von Schmidt bestätigt, aber Medien gegenüber gesagt, sie könnten sich aus rechtlichen Gründen nicht weiter zu dem Fall äußern. Schmidts Anwalt David Keller hat erklärt, weder ihm noch seinem Mandanten sei gesagt worden, warum er festgehalten werde.
John Gihon von der American Immigration Lawyers Association sagte der DW, es gebe keine zeitliche Begrenzung, wie lange man ohne formelle Anklage von den Zollbehörden festgehalten werden könne. "Bisher gab es hier die Regel, dass man innerhalb von maximal 72 Stunden die Anklageschrift in der Hand haben musste, aber das scheint nicht mehr zu gelten."
Auswärtiges Amt schaltet sich ein
Astrid Senior sagte in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Bostoner Rundfunksender WGBH, ihr Sohn sei in den USA in der Vergangenheit mit dem Gesetz in Konflikt geraten, darunter wegen Besitzes von Marihuana und wegen Fahrens unter Marihuana-Einfluss, aber nicht in den letzten Jahren. Die Cannabis-Klage sei sogar nach der Legalisierung der Droge in Kalifornien, wo der Vorfall stattfand, fallengelassen worden. Ihr Sohn sei allerdings 2022 einer gerichtlichen Vorladung in der Angelegenheit nicht nachgekommen, nachdem die Behörden die Vorladung nicht an Schmidts neue Adresse in New Hampshire weitergeleitet hatten.
"Fabian hat mir gesagt, dass er große Angst hat", sagte Astrid Senior dem Sender. Der 34-Jährige ist Elektroingenieur, lebt in einer langjährigen Partnerschaft und hat eine achtjährige Tochter. Seine Mutter sagte, ihr Sohn sei unter Druck gesetzt worden, seine Green Card zurückzugeben, das habe er aber abgelehnt. Schmidt ist nach wie vor in einer Haftanstalt in Rhode Island, wo eine Gruppe Unterstützer inzwischen regelmäßig gegen seine Festnahme protestiert.
Das Auswärtige Amt schreibt der DW: "Unser Generalkonsulat in Boston betreut den Betroffenen konsularisch und steht mit ihm, den Familienangehörigen und den lokalen Behörden in Kontakt. Klar ist: Wir erwarten auch von unseren Partnern, dass Haftbedingungen internationalen Menschenrechtsstandards entsprechen und Inhaftierte menschenwürdig behandelt werden."
Wochenlange Haft von Touristen
Der 25-jährige Lucas Sielaff aus Bad Bibra im ostdeutschen Bundesland Sachsen-Anhalt erzählte dem Magazin "Der Spiegel" kürzlich von einem ähnlichen Vorfall. Er wurde nach zwei Wochen Haft freigelassen und musste nach Deutschland zurückkehren.
Sielaff berichtet, er habe, wie oft während der vergangenen Jahre, seine amerikanische Freundin in Nebraska besucht. Beide hätten dann den kranken Hund der Freundin zu einem Tierarzt in Mexiko gebracht, wo Behandlungen leichter zu bekommen seien. Bei der Wiedereinreise in die USA habe es an der Grenze eine angespannte Befragung gegeben. Er vermute, so Sielaff, der Grenzbeamte habe geglaubt, er sei illegal in den USA. Er sei dann in Kalifornien in Abschiebehaft gekommen - zusammen mit mehr als hundert anderen Männern. Am 6. März, nachdem man ihm zwei Wochen keinen Grund für seine Festnahme genannt habe, sei er in ein Flugzeug nach München gesetzt worden.
Auch die Berliner Tätowiererin Jessica Brösche war Anfang des Jahres zwei Wochen lang in den USA in Haft. Brösche wollte am 15. Januar von Mexiko aus in die USA einreisen. Der Grenzbeamte fand bei ihr Geräte zum Tätowieren und glaubte, sie wolle illegal in den USA arbeiten. Nach sechswöchiger Haft wurde sie nach Deutschland ausgeflogen.
Auch die 22-jährige deutsche Studentin Celine Flad hat unangenehme Erfahrungen mit dem amerikanischen Zoll gemacht. Sie wollte in New York und Miami Urlaub machen. Dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" sagte sie, trotz gültigem Reisepass und ESTA-Formular habe man ihr gesagt, es gebe ein "Problem" mit dem Pass. Für 24 Stunden wurde sie festgehalten und dabei wiederholt gefragt, warum sie in die USA einreisen wolle. Die Grenzbeamten, so Flad, hätten ihr Smartphone genommen und ihre Bilder darauf durchsucht. Obwohl sie den Beamten ihre Hotelbuchungen in New York und Miami sowie ein Flugticket weiter nach Cancún in Mexiko gezeigt habe, habe man ihr gesagt, sie müsse so bald wie möglich nach Deutschland zurückfliegen. Den Grund habe sie nie erfahren.
Reisehinweise des Auswärtigen Amts
Die vier Deutschen sind nicht die einzigen Touristen und US-Bürger, die sich seit Präsident Donald Trumps jüngstem Kampf gegen illegale Einwanderung in solchen Situationen wiederfinden. Auch Menschen aus anderen Ländern, die eigentlich visumfrei in die USA einreisen können, wie Kanada und Frankreich, haben von ähnlichen Vorfällen berichtet.
Inzwischen betont das Auswärtige Amt in Berlin sogar in einem Reisehinweis, dass ein Visum und ausgefülltes ESTA-Formular "nicht automatisch zu einer Einreise berechtigt". Der DW schreibt das AA außerdem: "Das Auswärtige Amt nimmt die Vorfälle der vergangenen Wochen bei der Einreise sehr ernst."