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Politik

Ende der Quarantäne "gefährlich"

5. Mai 2020

In den USA beginnen erste Bundesstaaten, die Schutzmaßnahmen in der Corona-Krise erheblich zu lockern. Präsident Trump freut sich - doch Experten warnen vor tödlichen Konsequenzen. Aus Washington Carla Bleiker.

USA Frisco | Coronavirus | Kundgebung
Diese Texaner demonstrierten schon am 25. April für LockerungenBild: Reuters/J. Lock

Homeoffice oder Arbeitslosigkeit, keine Schule und erst recht keine Restaurantbesuche - das Coronavirus hat das Alltagsleben in den meisten Teilen der Welt völlig auf den Kopf gestellt. In den USA steigt die Zahl der Arbeitslosen mittlerweile so stark wie zuletzt während der Wirtschaftskrise in den 1930er Jahren. Besonders Kleinunternehmer trifft die Krise hart. Den Wunsch, dass endlich wieder ein bisschen Normalität ins öffentliche Leben zurückkehren möge, haben viele Bürger in den vergangenen Wochen immer lauter geäußert.

Die Trump-Regierung hat für die Lockerung der Einschränkungen einen Drei-Phasen-Plan vorgestellt. Die Gouverneure der Bundesstaaten haben zwar das letzte Wort bei der schrittweisen Öffnung in ihren Staaten. Aber der Plan, den Gesundheitsexperten wie Anthony Fauci, der Chef-Epidemiologe der US-Regierung, entworfen haben, sieht Kriterien vor, die ein Bundesstaat erfüllen sollte, bevor Phase eins der Lockerungen beginnt.

Lockerungen in Georgia: Auch Strände hat der Gouverneur wieder öffnen lassenBild: AFP/C. Khanna

Die Kriterien sind Empfehlungen, keine Gesetze. Das kann man jetzt zum Beispiel in Georgia oder Texas sehen - Staaten, die die sogenannten Eintrittskriterien nicht ansatzweise erfüllen und trotzdem mit der Öffnung beginnen.

Kein einziger US-Bundesstaat erfüllt Lockerungskriterien

Am 16. April präsentierte Präsident Donald Trump seinen Plan "Opening Up America Again". Mit Phase eins beginnen sollten demnach Staaten, in denen die Zahl der Coronavirus-Infektionen in einem Zeitraum von zwei Wochen gesunken waren. Außerdem sollten genügend Corona-Tests vorhanden sein, um alle Ärzte und Krankenpfleger zu überprüfen, die irgendwie mit dem Virus in Berührung kommen könnten.

Doch noch kein einziger Bundesstaat konnte bisher eine Senkung von Corona-Fällen über 14 Tage vorweisen. Die Anzahl der Corona-Toten im ganzen Land sinkt ebenfalls nicht, sondern liegt konstant bei etwa 2000 pro Tag.

"Wir haben nicht nur zu wenig Tests, wir sind außerdem nicht sicher, wie gut die Tests, die wir aktuell nutzen, wirklich sind", sagte Ashwin Vasan, Arzt und Medizinprofessor an der Columbia University in New York, der DW. Zu diesem Zeitpunkt Bundesstaaten zu öffnen, sei "gefährlich und ein wenig leichtsinnig".

Wieder geöffnet: Friseure in Georgia, Shopping Malls in Texas

Brian Kemp, der republikanische Gouverneur von Georgia, sieht das anders. Sein Bundesstaat begann als einer der ersten, die strikten Corona-Schutzmaßnahmen zu beenden. Seit dem 24. April dürfen Friseure, Masseure und Tätowierer wieder ihrer Arbeit nachgehen, seit dem 1. Mai dürfen Restaurants und Kinos wieder öffnen - in reduziertem Umfang. "Wir können nicht für immer in Quarantäne leben", sagte ein Sprecher Kemps vor den ersten Lockerungsschritten im April. Doch Georgias Öffnung ging selbst Trump zu schnell. Er sei ganz und gar nicht mit der Entscheidung Kemps einverstanden, verkündete der Präsident. Den Gouverneur von der Öffnung abhalten wollte er aber nicht: Kemp solle "das tun, was er für richtig hält".

In Georgia steigt die Zahl der neu gemeldeten Fälle aktuell nicht mehr, aber sie sinkt auch noch nicht seit 14 Tagen.

Generell ist Trump ein Freund davon, das Land schnellstmöglich wieder in einen annähernd normalen Zustand zu bringen. Die hohen Arbeitslosenzahlen könnten schließlich seine Wiederwahl im November gefährden. "Wir wollen unser Land wieder öffnen", betonte der Präsident laut "New York Times" dann auch in einem Telefonat mit Gouverneuren Ende April.

Texas' Gouverneur Greg Abbott: Lockerungen für Shopping Malls Bild: picture-alliance/AP Photo/E. Gay

Auch in Texas geht es damit voran. Im Lone Star State hat der republikanische Gouverneur Greg Abbott weitgehende Öffnungen erlaubt. Seit dem 1. Mai können Texaner wieder in Shopping Malls einkaufen, Bücher aus der Bibliothek ausleihen und Filme im Kino anschauen. All diese Institutionen sowie Restaurants und Museen sind auf ein Viertel ihrer gewöhnlichen Besucherzahl beschränkt. Der Lockdown in Texas war mit 28 Tagen einer der kürzesten aller US-Bundesstaaten. Die Einschränkungen haben "das getan, was sie sollten und die Wachstumsrate von COVID-19 verlangsamt", behauptete Abbott. Doch laut "New York Times" steigt die Anzahl der Coronavirus-Fälle in Texas weiter.

Verdopplung der Todesfälle möglich

Mediziner Ashwin Vasan sagt, Trump und die Gouverneure sollten sich fragen, ob es wirklich im besten Interesse aller Bürger sei, die Einschränkungen jetzt erheblich zu lockern - ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen. "Wir haben bei weitem noch nicht genügend Tests", sagt Vasan. "Deswegen wäre eine Öffnung sicherer, wenn alle richtige Atemmasken tragen müssten." Doch von denen gibt es nicht mal genug für medizinisches Personal.

Projektionen der Centers for Disease Control and Prevention sagen vorher, dass sich unter den laxen Schutzmaßnahmen im Bundesstaat Georgia die Anzahl der Todesfälle durch das Coronavirus bis Anfang August verdoppeln wird: Von 32 Personen täglich am 1. Mai auf 63 Tote täglich am 4. August. Auch Vasan glaubt, die "verfrühte" Öffnung werde tragische Konsequenzen haben: "Das ist kein Spiel. Menschen werden leiden und Menschen werden sterben."

Tödliche Ungleichheit in USA

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Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker
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