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PolitikGlobal

USAID: Donald Trump legt US-Entwicklungshilfe lahm

3. Februar 2025

Die USA frieren ihre Hilfsgelder ein. Damit fällt das weltweit wichtigste Geberland vorerst weg. Von Botsuana bis Nepal erleben Menschen die Folgen.

Logo der US-Behörde für Internationale Entwicklung
Seit seinem Amtsantritt ist US-Präsident Donald Trump dabei, den Staatsapparat umzukrempeln. Nun knöpft er sich die Behörde für internationale Entwicklung vor.Bild: Celal Gunes/AA/picture alliance

Die neue US-Regierung unter Donald Trump hebt die Entwicklungspolitik des Landes aus den Angeln. Die Behörde USAID, seit den 1960er Jahren für Entwicklungsprojekte zuständig, werde "von einem Haufen radikaler Verrückter" geleitet, sagte Trump am Sonntag (2.2.). "Wir holen sie da raus". In den vergangenen Tagen wurden laut Medienberichten bereits hunderte USAID-Mitarbeiter entlassen oder beurlaubt, darunter auch Führungskräfte. Es gibt Überlegungen, USAID vollständig aufzulösen. Die Website und das Konto der Behörde auf "X" sind nicht mehr erreichbar.

Bereits am ersten Tag seiner neuen Amtszeit hatte US-Präsident Donald Trump verfügt, dass die USA ihre Entwicklungshilfe aussetzen. 90 Tage lang sind Gelder eingefroren, Beamte und Projekt-Mitarbeiter haben die Order bekommen, die Arbeit einzustellen. 

Mit Vitaminen gegen die Kindersterblichkeit

"Das kam überraschend, wir hatten nicht damit gerechnet, dass es alle Projekte trifft", sagt Roshan Pokhrel, Staatssekretär im nepalesischen Gesundheitsministerium. Vergangene Woche kam der Anruf: Alle von den USA finanzierten Projekte im Land werden gestoppt. "Das betrifft bei uns vor allem Ernährungsprogramme und Programme für die Müttergesundheit", so Pokhrel im Telefoninterview mit der DW. "Das macht uns definitiv Sorgen."

Etwa im nepalesische Vitamin-A-Programm. Zehntausende Gesundheitshelferinnen reisen dafür bis in die entlegensten Dörfer am südlichen Rand des Himalaja-Gebirges. Im Gepäck: Vitamin-A-Kapseln für mehr als drei Millionen Kinder. 

Kleiner Tropfen mit großer Wirkung: Ein nepalesisches Kind erhält Vitamin ABild: Sulav Shrestha/Xinhua News Agency/picture alliance

Seit den 1990er Jahren finanzieren die USA dieses Programm in Nepal. Experten schätzen, dass so das Leben von etwa 45.000 Kindern unter fünf Jahren gerettet werden konnte. Denn Vitamin-A-Mangel führt nicht nur zu Blindheit. Er macht auch anfälliger für Krankheiten wie Masern, Durchfall oder Malaria.

Amerika zuerst statt Hilfe für andere

Gemäß der Trumpschen "America-first"-Agenda sollen in Zukunft nur noch Projekte gefördert werden, die nachweislich die USA selbst stärker, sicherer oder reicher machen.

Die Biden-Regierung dagegen habe das Geld ausgegeben "wie betrunkene Matrosen", so Trump-Sprecherin Karoline Leavitt. Sie behauptete, 50 Millionen US-Dollar seien allein für Kondomlieferungen nach Gaza aufgewendet worden. Laut der offiziellen Ausgaben-Auflistung ist dies unwahr. Der 90-Tage-Stopp diene dazu, Steuergelder besser zu verwalten, so Leavitt.

USA bislang Spitzenreiter 

"Das ist massiv, weil die USA der weltweit größte Geber von Entwicklungshilfe sind", sagt der Politologe Stephan Klingebiel von der entwicklungspolitischen Denkfabrik German Institute of Development and Sustainability (IDOS). Er verweist darauf, dass ein sehr großer Anteil der weltweiten Entwicklungsgelder aus den USA kommen. Im Jahr 2023 waren es nach US-Angaben etwa 68 Milliarden US-Dollar. "Wenn das alles von jetzt auf gleich im wörtlichen Sinne zum Stillstand kommt, dann betrifft das ganz unmittelbar Menschen."

Trump setzt auf schnelle Deals statt langfristiger Entwicklung, sagt Dr. Stephan Klingebiel vom German Institute of Development and Sustainability (IDOS)Bild: Benjamin Westhoff/German Institute of Development and Sustainability (IDOS)

Nach Trumps Erlass wurde Hilfe für Geflüchtete in Nordsyrien eingestellt, Kriegsversehrte in der Ukraine erhielten keine Prothesen mehr, Minen im Sudan wurden nicht mehr geräumt. 

Welche Ausnahmen gelten?

Bei Hilfsorganisationen und Projektpartnern herrscht Entsetzen – und Verwirrung. Denn nicht immer ist klar, welche Projekte betroffen sind und welche weiterlaufen können. Und US-Gerichte zweifeln die Rechtmäßigkeit des Ausgabenstopps an - bislang ohne Wirkung, was die Auslandshilfe angeht. Ausnahmen galten zunächst für Militärhilfen an Israel und Ägypten. Auch die Ukraine erhält laut dessen Präsident Wolodymyr Selenskyj weiter Waffenhilfe. Zudem soll Hunger-Nothilfe nicht eingestellt werden. Mitte der Woche nahm US-Außenminister Marco Rubio dann auch lebensrettende humanitäre Nothilfe in den Ausnahmenkatalog auf. Dazu soll auch die Ausgabe von Medikamenten für Menschen mit HIV gehören.

Nozizwe Ntesang setzt sich für Menschen mit HIV in Botsuana ein - dort ist einer von fünf Erwachsenen infiziertBild: LEGABIBO

Doch viele Hilfsorganisationen haben bislang nur die Order erhalten, die Arbeit einzustellen. Und seitdem nichts mehr von ihrem Mittelgeber gehört. "Jetzt hängen wir in der Luft", sagt Nozizwe Ntesang der DW. Sie setzt sich als Aktivistin für LGBTQ-Rechte in Botsuana ein, ihre Organisation heißt LEGABIBO (Lesbians, Gays and Bisexuals of Botswana). "Wir werden größtenteils aus den USA finanziert, über den "Notfallplan des Präsidenten für die AIDS-Hilfe PEPFAR", sagt sie der DW am Telefon.

Leben mit HIV dank antiretroviraler Medikamente

Der frühere US-Präsident George W. Bush hatte PEPFAR 2003 ins Leben gerufen. Das Programm hat seitdem etwa 25 Millionen Menschen weltweit das Leben gerettet, mit antiretroviralen Medikamenten. In ambulanten Kliniken hat LEGABIBO diese bislang an bis zu 9000 Menschen monatlich ausgegeben, sagt Ntesang. "Doch heute war zum ersten Mal seit Jahren niemand in den Kliniken. Wenn sie diese Behandlung nicht mehr bekommen, bedeutet das eine echte Gefahr für ihre Gesundheit. Das ist im Grunde genommen ein Todesurteil."

HIV-Selbsttests in Ghana

01:56

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Man habe nun dem botsuanischen Gesundheitsministerium geschrieben und nicht nur Solidarität eingefordert, sondern auch die Bereitstellung von Notfallmitteln, so Ntesang. Für viele Regierungen ärmerer Länder dürfte es jedoch schwer werden, US-Projekte selbst weiterzuführen.

Wer kann die Lücke füllen?

Und was ist mit anderen Ländern wie etwa Deutschland, dem hinter den USA zweitgrößten Geber von Entwicklungshilfe? "Selbst wenn sie das Geld hätten, können sie in so kurzer Zeit nicht die Logistik stemmen und die Infrastruktur übernehmen, um das Ganze zu kompensieren", sagt der Politologe Klingebiel. 

FOCAC-Gipfel: China dominiert in Afrika

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Auf lange Sicht dürfte vor allem China die nun klaffende Lücken füllen, meint er. "Dort, wo der Westen, Länder wie die USA, nicht mehr so stark antreten, gehen China, Russland und andere Akteure sehr gerne in diese Nische. Das sehen wir oft auf dem afrikanischen Kontinent, das sehen wir aber auch anderswo. So schafft Trump neue Möglichkeiten für China." Die USA hätten dann weltweit weniger Einfluss. Denn Hilfsgelder sind auch ein Instrument, die Politik anderer Länder im eigenen Interesse mitzugestalten.

Weckruf für die Welt

Einzelne Stimmen sehen im Wegfall von Auslandshilfe aber auch eine Chance für ärmere Länder. So etwa Uhuru Kenyatta, ehemaliger Präsident Kenias: "Lasst uns auf eigenen Füßen stehen", sagte er jetzt bei einem Gesundheitskongress in Mombasa. "Warum weint ihr? Es ist nicht eure Regierung, es ist nicht euer Land. Er [Trump, die Red.] hat keinen Grund, euch etwas zu geben. Ihr zahlt keine Steuern in Amerika. Das ist ein Weckruf an euch zu sagen: Was tun wir, um uns selbst zu helfen?"

Ihm sei sehr wohl bewusst, dass man hart verdientes Geld von US-Steuerzahlern einsetze, sagt Roshan Pokhrel aus dem nepalesischen Gesundheitsministerium. "Aber wir in den Ländern der Dritten Welt wie Nepal würden diese Mittel gerne weiter vernünftig einsetzen". Er hoffe, dass die US-Projekte nach Ablauf der 90 Tage wieder anliefen. Das, so sagt er, würde der ganzen Welt helfen und damit auch den USA als einem führenden Land der Erde.

Politik unter Trump: Recht des Stärkeren? – Auf den Punkt

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