1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Erst Zäune, dann Zölle

Sandra Weiss Mexiko-Stadt
6. Juni 2019

Einer gegen alle: Im Handels- und Grenzstreit zwischen den USA und Mexiko hat US-Präsident Trump seine Partei gegen sich aufgebracht. Die Republikaner lehnen Strafzölle ab, weil sie der US-Wirtschaft schaden.

Grenze Mexiko USA Grenzzaun Mauer Zaun Menschen Symbolbild
Bild: Getty Images/J. Moore

Der Streit zwischen Mexiko und den USA um Migration geht in die nächste Runde. Nach einer gescheiterten Verhandlungsrunde hat US-Präsident Donald Trump Mexiko mit Strafzöllen in Höhe von fünf Prozent ab dem 10. Juni gedroht. 

Trump nutzt Strafzölle als Druckmittel gegen Mexiko: Wenn Mexiko seine Grenzen nicht besser sichere, so der US-Präsident, und die Weiterreise von mittelamerikanischen Auswanderern verhindere, die in die USA wollten, sollen die Zölle bis Oktober progressiv auf 25 Prozent ansteigen. Zwischen Januar und März durchquerten rund 300.000 Migranten, hauptsächlich Familien aus Honduras und Guatemala, das Land.

Mexiko und die USA bilden gemeinsam mit Kanada eine Freihandelszone. Das 1994 gegründete nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta wurde am 30. November 2018 durch das Nachfolgeabkommen USMCA, United States-Mexico-Canada Agreement, abgelöst.

Alles nur Bluff? 

Seit Trumps Ankündigung verliert der mexikanische Peso an Wert. Die Rating-Agenturen Moody's und Fitch stuften am Mittwoch die Kreditwürdigkeit Mexikos herab. Doch was die Märkte in Aufregung versetzt, scheint die Diplomaten kalt zu lassen.

Kurssturz: Nach der Androhung von Strafzöllen verlor der mexikanische Peso gegenüber dem US-Dollar um 25 Prozent Bild: picture-alliance/AP Photo/G. Riquelme

Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard wirkte jedenfalls auffällig entspannt. "Das Schachspiel beginnt gerade erst, und wir werden sehen, wer seine Figuren besser ausspielt", erklärte Ignacio Martínez vom Labor für Wirtschafts- und Handelsanalysen der Autonomen Staatlichen Universität Mexikos (UNAM), gegenüber der DW.

Denn im Gegensatz zu den notorisch nervösen Finanzmärkten sind Verhandlungen mit Trump ein langatmiger Poker. Noch spielen beide Parteien mit verdeckten Karten. Trump zwang Mexiko an den Verhandlungstisch, um stärkere Kontrollen gegen illegale Einwanderung zu  erwirken. Mexiko hingegen bekam unerwartet Rückendeckung von Trumps Republikanischer Partei. Deren Fraktionsvorsitzender im Abgeordnetenhaus, Mitch McConnell, erklärte öffentlich, dass es für die von Trump angedrohten Strafzölle gegen Mexiko wenig Unterstützung in seiner Partei gebe.

US-Republikaner gegen Trump

"Durch eine solche Maßnahme würden sich die USA selber schaden", erläutert Gabriela Siller, Analystin der mexikanischen "Banco Base" gegenüber der DW. Weil beide Volkswirtschaften stark miteinander verflochten seien, würden dadurch die Preise für US-Verbraucher steigen, und US-Marken würden international weniger wettbewerbsfähig. Das sei im Vorwahlkampf für die Republikaner "wenig attraktiv".

Selbstbewusst: Mexikos Wirtschaftsministerin Graciela Márquez Colin (Mitte) über die zähen Verhandlungen mit den USA Bild: Getty Images/AFP/E. Baradat

Mexiko hingegen dürfte einen Zoll von fünf Prozent durch eine Abwertung der einheimischen Währung abfedern können, glaubt Siller. "Das Katastrophen-Szenarium von Strafzöllen in Höhe von 25 Prozent und einem abgewerteten Peso ist unwahrscheinlich," so die Analystin. Trumps Drohung sei damit zwar noch nicht vom Tisch, wirke aber unglaubwürdig, was die Verhandlungsposition der US-Delegation schwäche.

US-Präsident Trump würde Mexiko gerne zum sicheren Drittland erklären. Auf diese Weise könnten alle Migranten, die auf dem Landweg in die USA einreisen, wieder zurückgeschickt werden. Anfangs tolerierte Mexikos Regierung die Migranten-Karawanen und verteilte humanitäre Visa.

Doch mittlerweile wurden angesichts des enormen Zustroms aus Mittelamerika die Visa gestrichen und Kontrollen und Abschiebungen verschärft. Das Land sieht sich angesichts seiner großen sozialen Probleme und eines nur mäßigen Wirtschaftswachstums überfordert. Außerdem wollen die meisten Migranten nicht in Mexiko bleiben, sondern Asyl in den USA beantragen. 

Marshall-Plan für Mittelamerika

Mexikos Außenminister Ebrard erklärte am Mittwoch, man sei sich einig, dass es so nicht weitergehen könne. Die USA pochten auf "kurzfristige Maßnahmen". Mexiko hingegen bestehe darauf, dass Repression kein probates Mittel sei. Ebrard forderte einen Marshall-Plan für Mittelamerika, an dem sich auch die EU, die USA und multilaterale Organisationen beteiligen sollten.

Sollten sich die Delegationen der beiden Länder nicht einigen und Trump die Zölle in Kraft setzen, droht Mexiko eine Rezession. Allerdings gebe es diverse Gegenmaßnahmen, erläutert Experte Ignacio Martínez vom Labor für Wirtschafts- und Handelsanalysen der UNAM.

"Mexiko kann vor der Welthandelsorganisation klagen oder im Rahmen des Freihandelsabkommens. Es kann ebenfalls Strafzölle verhängen, die Trump politisch schaden, etwa gezielt auf Industrie- und Landwirtschaftsprodukte aus republikanischen Hochburgen. Das hat 2018 schon einmal gut funktioniert."

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen