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USA: Grenell droht deutschem Journalisten mit Visa-Entzug

17. September 2025

Verschärft die US-Regierung die Bedingungen für deutsche Journalisten, die in den Vereinigten Staaten arbeiten? Nach dem Mord an US-Influencer Charlie Kirk ist eine hitzige Debatte entbrannt.

Deutschland Hamburg 2024 | Elmar Theveßen bei Markus Lanz im ZDF
Wird dem deutschen Journalisten Elmar Theveßen in den USA das Visum entzogen?Bild: teutopress/picture alliance

Müssen deutsche Journalisten in den USA künftig mit erheblichen Einschränkungen rechnen? Ein aktueller Konflikt zwischen amerikanischen Politikern und dem deutschen öffentlich-rechtlichen Sender ZDF legt das nahe. Ausführlich hatte sich der USA-Korrespondent des "Zweiten Deutschen Fernsehens" (ZDF), Elmar Theveßen, in der vergangenen Woche in der Talkshow "Markus Lanz" seines Senders über die Stimmung in den USA nach dem Mord an dem Influencer Charlie Kirk geäußert.

Dabei fiel ein Satz, der für Wirbel sorgen sollte: Kirk habe sich für die Steinigung Homosexueller stark gemacht, sagte Theveßen. Das stimmt so nicht, was von Seiten des ZDF auch eingeräumt wurde.

Charlie Kirk fiel bei einer Diskussionsveranstaltung auf dem Campus der Utah Valley University in Orem am 10. September einem Attentat zum Opfer. Er galt als enger Vertrauter von US-Präsident Donald Trump. Später hatte Theveßen in einem Podcast seines Senders über den stellvertretenden Stabschef im Weißen Haus, Stephen Miller gesagt, er komme in seinen Überzeugungen "ein Stück weit aus der Ideologie des Dritten Reiches".

Der frühere US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell (li.), gilt als enger Vertrauter von US-Präsident Donald TrumpBild: AP Photo/Alex Brandon/picture alliance

Richard Grenell, Ex-US-Botschafter in Berlin, droht mit Visa-Entzug

All das war dann Anlass genug für den früheren US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, Theveßen mit dem Entzug seines Journalisten-Visums in den USA zu drohen. Auf der Plattform "X" sagte Grenell, Theveßen sei ein "Linksradikaler" und rufe zu Gewalt gegen Menschen auf, die andere Meinungen vertreten würden.

Dazu erklärte das ZDF, Theveßen habe auf eine Haltung in der US-Regierung aufmerksam machen wollen, "die eine starke Machtkonzentration beim Präsidenten befürworte und demokratische Normen in Frage stelle". Grenell ist seit Februar "Sondergesandter der US-Regierung für Spezialmissionen" und gilt als enger Vertrauter des Präsidenten. Er war von Mai 2018 bis Juni 2020 Botschafter der USA in Deutschland. Die Vereinigten Staaten sind in Berlin derzeit nur mit dem Geschäftsträger Alan Meltzer vertreten.

Diskussionen auch um ZDF-Moderatorin Dunja Hayali

Die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali, die früher auch für die DW tätig war, hatte den Mord an Kirk in einer Moderation angesprochen und eingeordnet. Auch sie erntete heftige Kritik und wurde in den sozialen Netzwerken sogar mit dem Tod bedroht. Sie hatte formuliert: "Wo soll das alles hinführen? Im Land der Meinungsfreiheit, den USA, scheint es immer weniger möglich zu sein, andere Meinungen auszuhalten oder dagegenzuhalten, ohne dass es eskaliert."

Über den ermordeten Kirk hatte sie gesagt: "Dass es nun Gruppen gibt, die seinen Tod feiern, ist mit nichts zu rechtfertigen, auch nicht mit seinen oftmals abscheulichen, rassistischen, sexistischen und menschenfeindlichen Aussagen." Auf ihrem Instagram-Account schrieb ein User: "Sie werden bald für ihre Äußerungen bitter bezahlen. Sie haben nur das Allerschlimmste verdient."

Will sichl für einige Tage zurückziehen: ZDF-Moderatorin Dunja Hayali Bild: Hannes P Albert/dpa/picture alliance

In einer schriftlichen Stellungnahme kritisierte der Schriftstellerverband PEN, dass sich die öffentliche Debatte von höchster politischer Ebene bis hinunter zum digitalen Stammtisch radikalisiere. Mit Blick auf den Trump-Vertrauten Grenell erklärte die Vereinigung: "Als Regierungsmitglied einem Journalisten für nicht regierungsgenehme Ansichten mit Visumsentzug zu drohen und ihm gewalttätige Absichten zu unterstellen, sind einer Demokratie unwürdige Methoden."

US-Ministerium will Presse-Visa zeitlich beschränken

Unabhängig von den Fällen der beiden deutschen Journalisten sind deutsche Medienvertreter auch besorgt über einen Plan des US-Heimatschutzministeriums. Danach soll ein Journalisten-Visum künftig nur noch 240 Tage gültig sein, also etwa acht Monate. Bislang erhalten Journalisten aus Deutschland in den USA Visa, die fünf Jahre gültig sind. Auch zahlreiche andere Länder sollen von dem Plan betroffen sein. So appellierten rund 100 Medien aus dem In- und Ausland wie die "European Broadcasting Union" (EBU), das ZDF und das Deutschlandradio an das US-Ministerium, die Maßnahmen zurückzunehmen.

Der Vorsitzende des "Deutschen Journalistenverbandes" (DJV), Mika Beuster, sagte dazu in Berlin, für einen einzelnen Rechercheauftrag seien 240 Tage lang genug, "für eine dauerhafte Korrespondenten-Tätigkeit aber auf keinen Fall". Netzwerke ließen sich in acht Monaten kaum aufbauen: "So kann kein Auslandskorrespondent einen guten Job machen."

Mahnt die Pressefreiheit an: der deutsche Außenminister Johann Wadephul mit seiner schwedischen Amtskollegin Maria Malmer StenergardBild: Soeren Stache/dpa/picture alliance

Sorgen auch bei der deutschen Regierung

Der Fall Theveßen und die Visa-Pläne der Trump-Regierung für Journalisten: Beides besorgt mittlerweile auch die deutsche Bundesregierung: Auf Nachfrage der DW sagte der deutsche  Außenminister Johann Wadephul (CDU) während einer Pressekonferenz mit seiner schwedischen Kollegin Maria Malmer Stenergard in Berlin: "Ich kann nur meiner Hoffnung und Erwartung Ausdruck verleihen, dass die freie Presseberichterstattung in den Vereinigten Staaten von Amerika für deutsche Journalistinnen und Journalisten nicht beeinträchtigt wird."

Im Bundestag ergänzte der Außenminister am Mittwoch: "Wir werden es daher sehr aufmerksam beobachten, inwieweit deutsche Journalisten in anderen Ländern arbeiten können." Und das, so der Außenminister, gelte für China genauso wie für die Vereinigten Staaten von Amerika.