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Politik

Israel-Lobbyisten vor neuen Herausforderungen

Helena Humphrey kk
24. März 2019

Die pro-israelische Lobbyorganisation "American Israel Public Affairs Committee" lädt zu ihrer alljährlichen Konferenz nach Washington. Nach vergleichsweise ruhigen Jahren weht derzeit ein schärferer politischer Wind.

USA Washington AIPAC Konferenz Benjamin Netanjahu Ministerpräsident Israel
Israelis Premierminister Netanjahu auf der AIPAC-Konferenz 2015 (Foto: Archiv)Bild: REUTERS/Jonathan Ernst

Der Saal im Convention Center in Washington ist ganz auf Harmonie getrimmt: Wenn der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu zum Abschluss der Konferenz, voraussichtlich am Dienstag, an das Rednerpult treten wird, werden im Hintergrund zwei miteinander verschränkte digitale Davidsterne leuchten: einer in rot, der andere in blau. Der Punkt, an dem sie ineinandergreifen, wird in funkelndem Violett strahlen. Die Farbe soll Überparteilichkeit signalisieren - ein seltenes Gut im aktuellen politischen Klima.

Seit fast 70 Jahren ist das Israel Public Affairs Committee, kurz AIPAC, als mächtige pro-israelische Lobbygruppe in den USA etabliert. Diese Beständigkeit verdankt sich auch dem überparteilichen Anspruch der Organisation. Ihre Mitglieder kommen aus den beiden großen politischen Lagern der USA, den Republikanern ebenso wie den Demokraten. Auch wirtschaftlich steht AIPAC auf festen Füßen. Nach Angaben des Center for Responsive Politics, einem mit der Arbeit von Lobbyisten in den USA befassten Think Tank, hat sich AIPAC sein Engagement im vergangenen Jahr 3,5 Millionen Dollar kosten lassen.

Kongressabgeordnete Ilhan Omar kritisiert Israel und die amerikanische LobbygruppeBild: picture-alliance/AP Images/J. S. Applewhite

Gegenwind aus der Demokratischen Partei

Derzeit sieht sich AIPAC einer eher unbequemen Debatte gegenüber, entfacht vor allem von Äußerungen der jungen demokratischen Kongressabgeordneten Ilhan Omar. Die Abgeordnete sprach sich mehrmals gegen Unterstützer Israels wie auch gegen AIPAC aus. Kritiker bezichtigten sie einer antisemitischen Sprache. Auch prominente Mitglieder ihrer Partei, wie etwa die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi, gingen in dieser Frage auf Distanz zu der 37 Jahre alte Politikerin. 

Omars Bemerkungen verdeutlichten ideologische und zwischen den Generationen verlaufende Differenzen innerhalb der Demokratischen Partei. Unterstützung erhielt Omar allerdings von dem 77 Jahre alten Senator Bernie Sanders. "Wir dürfen Antisemitismus nicht mit legitimer Kritik an der rechten Regierung Netanjahu gleichsetzen", erklärte er. In ähnlicher Weise sprang auch die junge, linke Kongress-Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez ihrer Parteifreundin bei.

Nach Auffassung von Natan Sachs, Direktor des "Center for Middle East Policy" vom Washingtoner Think Tank Brookings, gewinnt in der Demokratischen Partei inzwischen eine jüngere Generation an Einfluss. "Diese betrachtet den israelisch-palästinensischen Konflikt eher durch die Brille der Menschen- und Bürgerrechte, anstatt sie unter dem Vorzeichen von Sicherheit und Terrorismus zu sehen."

Jüngere Demokraten seien nicht mehr der Ansicht, ein heroisches Israel habe sich bei seiner Staatsgründung gegen einen regionalen Goliath durchsetzen müssen, so Sachs. "Sie sehen viel eher Israel als den Goliath und die Palästinenser als David." Diese Kluft könnte die demokratische Unterstützung für AIPAC verringern und damit dem überparteilichen Ruf der Organisation schaden.

Die Golanhöhen als Teil des israelischen Staatsgebietes? US-Präsident Trump sieht es soBild: Imago/Xinhua/A. Margolin

Trump und Netanjahu: exklusive Beziehung

Die Macht von AIPAC werde überschätzt, sagt Aaron David Miller, ehemaliger Berater von sechs Außenministern und derzeitiger Direktor des "Middle East Program" am Wilson Center. Miller führt dies auf die Veränderung der politischen Landschaft sowohl in den USA als auch in Israel zurück. "Die Pro-Netanjahu und Anti-Palästina-Haltung der Trump-Administration ist mit das Merkwürdigste, was ich je gesehen habe."

Unter der Führung von Donald Trump vollzogen die USA eine Kehrtwende ihrer jahrzehntelangen Außenpolitik, was sich auch in spektakulären Entscheidungen wie der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels niedergeschlagen hat. Auch der Entschluss, die Unterstützung für die Palästinenser einzustellen sowie der Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran dokumentieren den neuen Kurs.

Jetzt scheint es, als seien die USA auch dazu bereit, die israelischen Ansprüche über dieumstrittenen Golanhöhen auf syrischem Gebiet anzuerkennen. Dieser Entschluss würde Netanjahu einen wertvollen Triumph im israelischen Wahlkampf in die Hand geben.

Tatsächlich scheint Netanjahu in Trump einen zuverlässigen Partner gefunden zu haben. Beide seien einander in einer "leicht exklusiven Beziehung" verbunden, so Miller. Diese könne am Montag zusätzlich gestärkt werden, wenn der israelische Ministerpräsident vom US-Präsidenten im Weißen Haus empfangen wird. Beide Männer kämpfen für eine Politik, die auf Mauern setzt; beiden stehen im Zentrum von Korruptionsuntersuchungen; und beide lassen Kritik mit dem Hinweis auf den Kampfbegriff "Fake news" an sich abprallen.

"Der israelische Premierminister manipuliert voller Absicht die israelische Politik, um den Eindruck zu erwecken, die Republikanische Partei sei jene Partei, an die sich Israel immer wenden könne", so Miller. "Ebenso manipuliert auch der republikanische Präsident absichtlich sein politisches Umfeld."

Exklusive Beziehung: US-Präsident Donald Trump und der israelische Premier Bejamin NetanjahuBild: picture-alliance/dpa

Aufrufe zum Boykott

Doch viele jüdische Amerikaner, insbesondere aus der jüngeren Generation, sind besorgt über die ihrer Meinung nach immer härtere Politik des israelischen Premierministers. "Jewish Voice for Peace" ist eine Gruppe, die die Bewegung "Boykott, De-Investition und Sanktionen" gegen Israel (BDS) unterstützt. Sie hat eine Social-Media-Kampagne mit dem Hashtag #IStandWithIlhan zur Verteidigung von Ilhan Omar gestartet.

Die liberale Fraktion MoveOn fordert die demokratischen Präsidentschaftskandidaten auf, die diesjährige Konferenz zu boykottieren. "Es ist kein Geheimnis, dass die AIPAC versucht hat, diplomatische Bemühungen wie den Iran-Deal zu behindern, die palästinensische Selbstbestimmung zu untergraben und Persönlichkeiten, die aktiv an Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind, auf ihre Bühne zu holen", schrieb etwa Iram Ali, Kampagnenleiter bei MoveOn Political Action in einer Erklärung.

Für AIPAC selbst dürfte die diesjährige Konferenz zu einem Balanceakt werden. Die Redner kommen weiterhin aus beiden Parteien, aber eine Entspannung hänge vor allem vom Ausgang der nächsten Wahlen ab, analysiert Miller. "Ein neuer israelischer Premierminister und ein anderer US-Präsident könnten die Situation verbessern."

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