1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

USA: König James rügt Präsident Trump

24. September 2017

Eigentlich gilt der US-Sport als politikfreie Zone. Doch es sind besondere Zeiten. Nun nannte der Basketball-Superstar LeBron James US-Präsident Trump einen "Penner", und die Ligaspitze hat nichts einzuwenden.

LeBron james
Bild: picture-alliance/The Canadian Press/N. Denette

LeBron James gilt nicht nur als bester aktiver Basketballer der Welt und als einer der besten der Geschichte, sondern auch als absoluter Vorzeigeprofi. Er engagiert sich in sozialen Projekten, überrascht Fans als Laufbursche in einer Fast-Food-Filiale und bespielt seinen Twitter-Kanal mit sehr persönlichen Statements. Anders als sein Spitzname "King James" suggerieren mag, gilt er auf und neben dem Platz als ungemein fleißig, bescheiden und besonnen.

Als etwa sein Teamkollege Kyrie Irving, mit dem James bei den Cleveland Cavaliers drei Finalteilnahmen und einen Titel in drei Jahren erspielte, völlig unvermittelt bekanntgab, er wolle das Team verlassen, bekundete James "nichts als Respekt" für Irvings Entscheidung und dankte ihm für die gemeinsame Zeit.

Als jedoch US-Präsident den amtierenden Meister Golden State Warriors, den Erzrivalen der Cavaliers, vom traditionellen Empfang im Weißen Haus auslud, platzte dem König der Kragen: "Du Penner", twitterte James, "Stephen Curry hat schon gesagt, er würde nicht hingehen. Also gibt es keine Einladung. Ins Weiße Haus zu gehen, war eine große Ehre, bis Sie aufgetaucht sind!"

Keine Politik im Sportzirkus

Das ist nicht nur für James eine ungewöhnliche Wortwahl. Der US-Sport allgemein gilt als eher politikfreie Zone. Zwar begehen alle vier großen Profi-Ligen, also die NBA, die NFL (American Football), die MLB (Baseball) und sogar die Eishockey-Liga NHL, in der kaum ein Afro-Amerikaner spielt, den Black History Month (Dt.: Monat der Schwarzen Geschichte). Aber traditionell sehen es die Ligaspitzen überhaupt nicht gern, wenn Spieler sich politisch äußern. Erst recht nicht auf dem Spielfeld.

Colin Kaerpernick (M.) löste ein Kontroverse aus, weil er während der US-Hymne aus Protest niederkniete, statt zu stehenBild: Reuters/USA Today Sports/K. Lee

Als sich NFL-Quarterback Colin Kaepernick im August 2016 während der Nationalhymne, die in den USA vor praktisch jedem Wettkampf gespielt wird, demonstrativ sitzen blieb, sorgte das für einen landesweiten, ja internationalen Skandal. Bis in die Feuilletons wurde diskutiert, ob dies ein Akt von Zivilcourage gegen mutmaßlich rassistische Polizeigewalt war - so sieht es Kaepernick - oder eine Respektlosigkeit vor "dem Land der Freien und der Heimat der Tapferen", um es mit den Worten der Hymne zu sagen.

Runter mit den "Hurensöhnen"

Man kann sich denken, welche Lesart US-Präsident Donald Trump sich zu Eigen macht. Am Samstag räumte er jegliche Zweifel darüber aus, indem er den Team-Eigentümern vorschlug, solche Spieler als "Hurensöhne" vom Feld zu zitieren und zu feuern.

Denn Kaepernick ist schon lange nicht mehr der einzige NFL-Profi, der zur Nationalhymne niederkniet, statt sich aufrecht hinzustellen. Besser gesagt: Inzwischen tun es andere, denn Kaepernick ist seit der abgelaufenen Saison vereinslos. Und nicht wenige vermuten, dass dies mehr mit seiner unbequemen Haltung, denn mit seinen spielerischen Leistungen zu tun hat, denn er gilt vielen als einer der talentiertesten Spielmacher der Liga, alias der Welt.

NBA probt die Kehrtwende

Während die Football-Liga NFL Kaepernick und Co. zähneknirschend das Recht auf freie Meinungsäußerung zugestehen, gehen die Offiziellen der NBA inzwischen einen anderen Weg: Anfang September ermutigten Ligaboss Adam Silver und die Geschäftsführerin der Spielergewerkschaft Michele Roberts in einem gemeinsamen Brief die Spieler sogar, ihre gesellschaftliche Stellung zu nutzen: "Wir wollen, dass Sie wissen, dass die Spielergewerkschaft und die Liga Ihnen immer zur Seite stehen, in bedeutungsvollster Weise einen Unterschied zu machen."

Das linke US-Magazin "The Nation" spekuliert, ob dies nun eine freiwillige Kehrtwende ist oder eher eine Konzession daran, dass ihre Athleten eben politische Statements abgeben und ihre Fans das goutieren.

NBA-Commissioner Adam Silver begrüßt es, wenn Profis politische Stellung beziehenBild: picture-alliance/AP Photo/J. Chiu

Allerdings gilt die NBA schon länger als die "politischste" der US-Profi-Ligen. Häufiger als in andere Sportarten haben Athleten politische Zeichen gesetzt: Der in Baltimore aufgewachsene Carmelo Anthony nahm 2012 an einem Protestmarsch teil, nachdem dort Freddy Gray von Polizisten getöteten worden war. Die L.A. Clippers verbargen 2014 ihr Vereinslogo als Protest gegen rassistische Äußerungen des damaligen Club-Eigentümers. Nach dem Tod von Eric Garner in New York trugen mehrere Spieler dessen berühmt gewordenen letzten Worte auf ihren T-Shirts: "I can't breathe". Einer von ihnen: LeBron James.

Polarisierung? Bitte nicht im Sport!

Die prominenten Fälle von Polizeigewalt hallten vor allem in Kreisen der NBA wider, wo drei von vier Profis dunkelhäutig sind. Seit knapp einem Jahr treibt noch ein weiteres Thema die Akteure der Profiligen um - vor allem in den Spitzenteams. Denn es ist seit Jahrzehnten üblich, dass die nationalen Meister im Weißen Haus empfangen werden.

Die NBA-Meister Steve Kerr (l.) und Stephen Curry (M.) 2015 bei Barack ObamaBild: picture-alliance/AP Photo/P. M Monsivais

Steve Kerr, Chef-Trainer des aktuellen NBA-Meisters aus Oakland, hat als Spieler und Trainer den letzten fünf US-Präsidenten die Hand geschüttelt. Doch unmittelbar nachdem Donald Trump am 9. November 2016 zum US-Präsidenten gewählt worden war, gab der Sohn des renommierten Nahost-Politologen Malcolm Kerr bekannt, dass er das Weiße Haus meiden würde, sollte seine Mannschaft den Titel holen. Als die Warriors sich im Juni tatsächlich im Finale gegen die Cavaliers durchsetzten, hieß es alsbald, dass eine Entscheidung darüber noch nicht getroffen sei.

An diesem Wochenende wollte die Mannschaft nun endlich über die Reise nach Washington D.C. entscheiden. Doch dann sagte Mannschaftskapitän Stephen Curry in eine Kamera, er werde mit Nein stimmen, was Donald Trump zum Anlass nahm, die Warriors auszuladen.

Der König will das amerikanische Volk einen

Die Ligaspitze blieb ihrer Ansage treu. Silver bekundete zwar sein Bedauern über die Entwicklung, betonte aber: "Ich bin stolz auf unsere Spieler, weil sie sich weiterhin zu kritischen Themen äußern." Auch den "Penner"-Tweet von LeBron James hat bisher niemand beanstandet. Die Spielergewerkschaft bestätigte: "Das Ausleben der Meinungsfreiheit - und nicht die Verachtung dieser - ist das, was Amerika wirklich großartig macht."

Dennoch wollte sich der Superstar wohl noch einmal erklären. Am Samstagabend, ein paar Stunden nach Trumps "Hurensohn"-Rede, war James wieder ganz König: Die Spaltung der Gesellschaft frustriere ihn, sagte er in einem Handyvideo auf Twitter. Es sei eine kritische Zeit, und dass Trump den Sport als Plattform nutze, um die Gesellschaft weiter zu spalten, darüber könne er in seiner Position nicht schweigen: "Es geht darum", sagte King James, "dass wir alle zusammenkommen. Wir das amerikanische Volk."

Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.
Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen