"Kissing-Bug"-Krankheit verbreitet sich in den USA
13. September 2025
Die US-amerikanischen Gesundheitsbehörden sind alarmiert: Die ursprünglich aus Südamerika stammende Chagas-Krankheit breitet sich zunehmend in den Vereinigten Staaten aus. Sie wurde bereits in mindestens acht Bundesstaaten nachgewiesen.
Forschende der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) wollen die Infektionskrankheit nun offiziell als endemisch einstufen.
Das ist nicht nur eine medizinische Formalität, sondern ein Weckruf: Die Krankheit gilt nicht länger nur als eingeschleppte Tropenkrankheit, sondern als dauerhaft präsentes Gesundheitsrisiko im eigenen Land. Die geplante Einstufung hätte weitreichende Konsequenzen für Überwachung, Forschung und Behandlung.
Der "Kuss" der Wanze
Übertragen wird die Krankheit durch den Parasiten Trypanosoma cruzi, der in bestimmten Raubwanzenarten vorkommt. Den Spitznamen "Kissing Bug" bekam das Insekt, weil es im Schlaf bevorzugt ins Gesicht sticht – an dünnhäutigen Stellen wie Lippen oder Augenlidern.
Gefährlich ist dabei nicht der Stich selbst, sondern der Kot der Wanze, der den Erreger enthält. Durch Aufkratzen des Stichs oder Augenreiben gelangt der Parasit in den Körper. Seltener erfolgt die Ansteckung über Bluttransfusionen, Organtransplantationen oder während einer Schwangerschaft von der Mutter auf das Kind.
WHO warnt vor vernachlässigter Gefahr
Benannt wurde die Erkrankung nach dem brasilianischen Arzt Carlos Chagas, der sie 1907 entdeckte. Mittlerweile ist Chagas längst keine ferne Tropenkrankheit mehr. Über Migration, Bluttransfusionen und globale Handelswege gelangte Chagas auch nach Europa und Nordamerika. In Spanien etwa leben Schätzungen zufolge rund 6000 Infizierte, in den USA mehrere Hunderttausend.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass weltweit über sieben Millionen Menschen mit dem Erreger infiziert sind und jährlich rund 10.000 an den Folgen der Infektion sterben. Besonders in armen Regionen Lateinamerikas ist die Krankheit verbreitet, weshalb die WHO sie als "vernachlässigte Krankheit" einordnet. Mit den neuen Daten aus den USA erhält die potenziell tödliche "Krankheit der Armen" nun verstärkt internationale Aufmerksamkeit.
Welche Symptome treten auf?
Die Infektion verläuft in zwei Phasen: Viele Betroffene bemerken in den ersten Wochen oder Monaten nach der Infektion nichts. Manche entwickeln unspezifische Symptome wie Fieber, Müdigkeit oder Schwellungen am Einstichort, typischerweise ein Lidödem, eine schmerzlose, einseitige Schwellung des Augenlids, das oft mit einer Bindehautentzündung einhergeht. Im weiteren Verlauf verschwinden diese Beschwerden meist wieder, aber der Parasit bleibt im Körper.
Nach einer teils jahrelangen Latenzphase kann die chronische Form ausbrechen, die schwere Folgen hat: Herzmuskelentzündungen, dauerhafte Herzinsuffizienz oder Herzrhythmusstörungen sind ebenso dokumentiert wie eine krankhafte Erweiterung von Speiseröhre und Dickdarm. Bis zu 30 Prozent der Infizierten entwickeln solche Komplikationen.
Die WHO warnt, dass die Krankheit ohne Behandlung tödlich enden kann, vor allem für Säuglinge, Kinder oder immungeschwächte Personen.
Wie wird Chagas behandelt?
In der akuten Phase lässt sich der Parasit im Blut mikroskopisch nachweisen. In späteren Stadien sind Antikörpertests die wichtigste Diagnostik.
Eine Impfung gibt es bislang nicht. Die Behandlung stützt sich auf zwei antiparasitäre Medikamente, Nifurtimox und Benznidazol, die vor allem in der akuten Phase wirksam sind.
Beide Präparate können jedoch starke Nebenwirkungen verursachen und sind beispielsweise in der Europäischen Union zur Behandlung der Chagas-Krankheit bislang nicht offiziell zugelassen. In den USA dürfen die Medikamente in der Regel nur unter stationärer Kontrolle verabreicht werden. Bei chronischen Fällen lindert die Therapie lediglich die Folgen, verhindern lässt sich die Erkrankung bislang aber kaum.
Auch Haus- und Wildtiere können sich infizieren
Nicht nur Menschen sind begehrte Opfer: Hunde, Katzen, Ratten, Gürteltiere und Opossums gelten als wichtige Wirte.
Gerade in Texas und Kalifornien mehren sich inzwischen Berichte über Infektionen bei Hunden - ein Hinweis darauf, dass sich der Kreislauf des Erregers im Süden der USA bereits etabliert hat.
Wie kann man sich vor Chagas schützen?
Um einer Infektion vorzubeugen, raten Expertinnen und Experten zu konsequentem Insektenschutz: In betroffenen Regionen helfen mit Insektiziden behandelte Netze, das Abdichten von Hauswänden und gezielte Schädlingsbekämpfung.
Für Haustiere empfehlen Tierärzte Mittel, die auch gegen Flöhe und Zecken eingesetzt werden. Blutspenden werden in vielen Ländern mittlerweile routinemäßig auf den Erreger getestet, um eine Übertragung durch Transfusionen zu verhindern.