1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikJapan

USA, Südkorea, Japan: Gemeinsam gegen China und Nordkorea?

18. August 2023

Die Staatschefs der USA, Südkoreas und Japans wollen die strategische Beziehung ihrer Länder vertiefen. Mit Sorge beobachten sie den außenpolitischen Kurs Chinas sowie Nordkoreas.

Bildkombination der Flaggen der USA, Japans und Südkoreas
Bild: Müller-Stauffenberg/Winfried Rothermel/IMAGO

Technologie und Verteidigung, dazu ein Gedankenaustausch über eine vertiefte Zusammenarbeit: Das sind die gemeinsamen Anliegen, die die Staats- und Regierungschefs der USA, Südkoreas und Japans bei ihrem Treffen in Camp David an diesem Freitag erörtern wollen. So hatten es Vertreter der US-Regierung im Vorfeld angesichts der wachsenden gemeinsamen Besorgnis über die Außenpolitik Chinas und Nordkoreas angekündigt.

Zwar sei es unwahrscheinlich, dass auf dem Gipfel ein formelles Sicherheitsabkommen unterzeichnet werde, so die namentlich nicht genannten Regierungsvertreter gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Doch werde man sich wohl auf einen Konsens zu den regionalen Verantwortlichkeiten verständigen und eine Drei-Wege-Hotline zur Kommunikation in Krisenzeiten einrichten. Auch die wachsende Bedrohung durch Nordkorea stehe auf der Agenda des Treffens von US-Präsident Joe Biden mit dem japanischen Premier Fumio Kishida und dem südkoreanischen Präsidenten Yoon Suk Yeol.

Bereitschaft zur Versöhung: Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol (l.) und Japans Premierminister Fumio Kishida, New York, März 2023Bild: Ahn Jung-won/Yonhap/AP/picture alliance

"Ein überfälliger Schritt"

Der Schritt hin zur trilateralen Zusammenarbeit der drei Staaten sei überfällig, sagt Patrick Köllner, Direktor des Hamburger GIGA Instituts für Asien-Studien. Bislang hätten es vor allem Beziehungen zwischen Washington und Tokio auf der einen sowie zwischen Washington und Seoul auf der anderen Seite gegeben. Aufgrund der langen Herrschaft  Japans über Korea (1905 -1945) hätten die beiden asiatischen Staaten lange Zeit ein schwieriges Verhältnis zueinander gehabt. "Und das, obwohl es sich bei beiden Staaten um liberale Demokratien und fortgeschrittene, hoch technisierte Marktwirtschaften handelt", so Köllner im DW-Interview.

Die Wunden der Vergangenheit

Ihre Bereitschaft, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, hatten Japan und Südkorea bereits im März dieses Jahres demonstriert, als sich die Staats- und Regierungschefs beider Länder zu einem Gipfeltreffen - dem ersten seit zwölf Jahren - zusammenfanden und ihren Willen zum Abbau der Spannungen bekundeten. Damals hatte Südkorea einen Vorschlag gemacht, wie sich der seit vielen Jahren andauernde Streit um Entschädigungen für koreanische Kriegsarbeiter lösen ließe. Die japanische Regierung erklärte ihrerseits, sie empfinde wie die Vorgängerregierungen "tiefe Reue" und bitte um "aufrichtige Entschuldigung".

Die Bereitschaft zur Versöhnung dürfte dadurch noch einmal gestiegen sein, dass beide Seiten das Gefühl der Bedrohung durch China und Nordkorea teilen. In Japan sei man der Ansicht, dass beide Staaten eine Bedrohung der regionalen Sicherheit darstellten, sagt Naoki Takiguchi, Leiter des Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Tokio. China erhöhe sein Verteidigungsbudget auf undurchsichtige Weise, seine unklaren militärischen Aktivitäten seien aus japanischer Sicht nicht zu tolerieren. Zudem seien die chinesischen Aktivitäten im Ostchinesischen und Südchinesischen Meer sowie in der Meerenge von Taiwan ein großes Problem, so Takiguchi gegenüber der DW. Auch Nordkorea stelle mit seinen häufigen Raketenstarts und der nuklearen Entwicklung eine Bedrohung dar.

Ein Monitor im Bahnhof zeigt während einer Nachrichtensendung ein Archivbild von einem Raketenstart in Nordkorea, Juni 2023Bild: Lee Jin-man/dpa/picture alliance

Fundamentale strategische Interessen

Auch Südkorea sieht sich in seiner nationalen Sicherheit herausgefordert. "Auf der koreanischen Halbinsel und in der Straße von Taiwan stehen fundamentale strategische Interessen auf dem Spiel", heißt es in einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) aus dem November 2022. "Ein Konflikt dort wird sich nicht lokal begrenzen lassen, sondern auch die USA und ihre Partner in der Region involvieren und zugleich der Weltwirtschaft massiven Schaden zufügen." Nordkorea zeigt sich von solchen Gefahren offenbar wenig beeindruckt: In den vergangenen Monaten testete das Regime in Pjöngjang mehrere Raketen, darunter auch zwei Interkontinentalraketen mit Feststoffantrieb. Diese gelten als besonders gefährlich, da sie in wenigen Minuten einsatzfähig sind. Potenziell können sie auch die amerikanische Westküste erreichen. 

Die Regierung in Seoul sei anders als die Vorgängerregierung nicht mehr der Auffassung, dass man ein Arrangement ausschließlich über Gespräche entwickeln könne, sagt Patrick Köllner. Darum hätten sich die Sichtweisen der drei Staaten insbesondere hinsichtlich der von Nordkorea ausgehenden Bedrohung einander angenähert. "Das gilt in etwas geringerem Maß auch für die Sichtweise auf China." Dementsprechend hätten alle drei Staaten Indo-Pazifik-Strategien erarbeitet. Allerdings zeige sich Südkorea zurückhaltender als die USA: "Der Regierung in Seoul geht es immer noch darum, China nicht vor den Kopf zu stoßen. Das ist ein erheblicher Balance-Akt", so Köllner.

Erhöhtes Abschreckungspotential

Zusätzliche Dringlichkeit erhält das Treffen durch den russischen Angriff auf die Ukraine. Dieser hat noch einmal die Verbundenheit der autoritären Systeme aufgezeigt. Während Russland sich derzeit verstärkt um Waffenlieferungen aus Nordkorea bemüht, unterstützt China Russland zumindest diplomatisch. Das bereitet den Vertretern der drei liberalen Demokratien gleichermaßen Sorge, so die beiden Experten.

Umso größer sind die Hoffnung auf das gemeinsame Vorgehen in der Zukunft. In Japan gehe man davon aus, dass eine stärkere Koordinierung der drei Länder ihre Position gegenüber China und Nordkorea verbessern werde, sagt Naoki Takiguchi. "Ein angemessener Informations- und Nachrichtendienstaustausch wird der gesamten Region zugutekommen. Und mögliche Forschung und Entwicklung im Bereich der militärischen Verteidigung wird die Abschreckungskraft der drei Partner erhöhen." Bereits im März hatten die USA und Südkorea ein gemeinsames Militärmanöver, "Freedom Shield 23", durchgeführt.

Bedrohung durch China: Der Flugzeugträger Liaioning bei militärischem Manöver Bild: Hu Shanmin/Xinhua/picture alliance

Pazifische NATO nicht in Sicht

Umgekehrt sieht man in Peking die Partnerschaft der USA, Japans und Südkoreas mit erheblicher Sorge. So hieß es seitens des chinesischen Auswärtigen Amts am Dienstag, man lehne die Bildung unterschiedlicher Blöcke ab. Staatschef Xi Jinping hatte den USA zuletzt vorgeworfen, zusammen mit deren Verbündeten eine Art NATO in Ostasien gründen zu wollen.

"Dazu dürfte es nach Lage der Dinge derzeit nicht kommen", sagt Patrick Köllner. Allerdings bringe die Transformation der bisherigen, vor allem von den USA gepflegten bilateralen Beziehungen in trilaterale, erhebliche Veränderungen mit sich. Denn die drei Partnerländer ergänzten einander sehr gut: "Japan und Korea verfügen über sehr relevante Kapazitäten im industriellen und technologischen, aber auch militärischen Bereich. Auch die geheimdienstliche Zusammenarbeit könnte noch effektiver werden. Darum müssten die USA Interesse daran haben, ihre beiden Partner stärker zusammenzubringen. So ließe sich gegenüber einem erstarkten China eine engere strategische Zusammenarbeit entgegensetzen."

Nord- und Südkorea – siebzig Jahre im Kalten Krieg

03:31

This browser does not support the video element.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika