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Politik

USA tanzen in G20 aus der Reihe

18. März 2017

Die USA bekennen sich beim G20-Treffen zum freien, fairen Handel. Nur was die Trump-Mannschaft darunter versteht, verstehen die anderen 19 nur schwer. Von Bernd Riegert, Baden-Baden.

Deutschland Pressekonferenz G20 Finanzministertreffen
Finanzminister Schäuble (Mi.): Nur kleinster gemeinsamer NennerBild: DW/B. Riegert

Der neue amerikanische Finanzminister Steven Mnuchin schwärmte nach Abschluss der G20-Tagung von Baden-Baden und den wundervollen Spaziergängen durch den Kurpark. Er habe verstanden, dass in der Bäderstadt mit Spielbank einst sehr reiche Menschen ihren Sommerurlaub verbracht hätten. Vielleicht sollte er noch einmal zurückkommen, scherzte er. Alles sei "just wonderful". Die "konstruktiven" Gespräche, die Mnuchin mit seinen Kollegen erwähnte, waren nach Angaben anderer Teilnehmer nicht ganz so wundervoll.

Die USA waren im Kreise der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer isoliert, vor allem bei der Frage, wie der Welthandel künftig organisiert werden soll. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann drückte es so aus: "Es gab keinen Konsens zur Weiterentwicklung der Handelsbeziehungen." Zwei Tage hatten die Delegationen um einen Text zu Handelsfragen gerungen, am Ende kam ein Minimalkonsens heraus, der besagt, dass die führenden Wirtschaftsnationen "daran arbeiten, den Beitrag des Handels an der Wirtschaft zu stärken." Die Formulierung aus dem Vorjahr, wonach Protektionismus, also die einseitige Abschottung der Wirtschaft, abgelehnt wird, wurde gestrichen.

"Na ja, da war ich ja noch nicht im Amt. Es interessiert mich nicht, was in alten Kommuniques stand. Das ist irrelevant", sagte Steven Mnuchin. Mit der neuen Administration wehe ein neuer Wind. Präsident Donald Trump habe andere Ansichten zum freien Handel, als die bisher in der G20 vertreten wurden.

Trotzdem fühlten sich die USA aber an viele andere Politikfelder in der G20 weiter gebunden, erklärte Mnuchin auf Nachfrage der DW. Er stehe zur Finanzmarktregulierung, zur Eindämmung der Steuervermeidung und zu anderen finanzpolitischen Projekten.

Die Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel gehört allerdings nicht dazu. Die Passage, die ein Versprechen der G20 zur Reduzierung der Emissionen enthalten hätte, wurde gestrichen. "Das ist nicht mein Feld der Expertise. Umwelt gehört nicht zu den Finanzministern", ließ Steven Mnuchin knapp wissen. Ob er selbst den Klimawandel für eine Erfindung hält, wie das sein Präsident tut, ließ Mnuchin offen.

Schäuble gibt sich gelassen in der Sackgasse

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der in Baden-Baden bei der G20-Tagung den Vorsitz führte, versuchte, den Streit mit den USA nicht allzu dramatisch darzustellen. Minister Mnuchin "hatte kein Mandat über den Handel zu verhandeln", sagte Schäuble. Die Trump-Regierung sei neu und müsse sich noch sortieren. "Wir haben uns viel Mühe gegeben", beschrieb Schäuble die Anstrengungen gemeinsame Ziele bei der Handelspolitik zu finden. Doch am Schluss habe er gesehen, dass man sich in einer "Sackgasse" befunden habe. Er sei aber optimistisch, dass man das in Zukunft lösen könne, sagte Schäuble.

Beim ersten Treffen stellt er sich quer: Steven MnuchinBild: DW/B. Riegert

Der deutsche Finanzminister, der bereits in Berlin lange mit Mnuchin gesprochen hatte, bestritt, dass die USA einen Außenseiterrolle in der G20 hätten. "Sie haben eine zentrale Rolle." Die Welt sei ja nicht so, dass die USA keine Verantwortung mehr hätten. "Das werden wir ihnen, höflich, immer wieder sagen."

USA für "ausgeglichenen" Handel

Der amerikanische Finanzminister, der zuvor Investmentbanker war und Filme finanzierte, betonte mehrfach, dass er natürlich für freien Handel sei, aber es müsse "ausgeglichener Handel" sein. Das heißt die Handelsbilanz zwischen den USA und ihren Außenhandelspartnern müsse langfristig bei Importen und Exporten ausgeglichen werden. Er wolle, sagte Mnuchin, die Handelsabkommen neu verhandeln und die Regeln der Welthandelsorganisation in allen Teilen angewendet sehen. "Das ist gut für uns und gut für andere Völker", versprach Steven Mnuchin.

Nur kleine Proteste draußen im Regen, großer Streit drinnen im SaalBild: Getty Images/AFP/T. Kienzle

Was er genau als unfair am bisherigen Handelssystem empfindet, führte Mnuchin nicht weiter aus. "Ich verstehe, was Präsident Trump meint", sagte er nur. Es werde aber weiter multilaterale Abkommen neben bilateralen Abkommen geben. "Wir wollen drei Prozent Wachstum in den USA erreichen und das können wir auch. Das wird gut für uns und andere."

Fortsetzung in Hamburg

Diplomaten, die mit dem Aushandeln des Schlussdokuments des G20-Treffens vertraut sind, berichteten auf den Gängen des Kurhauses, dass mit harten Bandagen geboxt und um jedes Wort gestritten wurde. Die US-Delegation sei dabei allein auf weiter Flur gewesen, besonders weil sie alte Beschlüsse der G20 aus den Vorjahren ignorieren wollte. "Die Fäuste flogen im übertragenen Sinne um jedes Wort. Wir sind dann ab und zu in den Saal gegangen, um das Blut aufzuwischen. Dann konnten die Minister wieder reinkommen und weiter streiten."

Der französische Finanzminister Michel Sapin formulierte seine Enttäuschung nach dem diplomatischen Faustkampf mit der US-Delegation diplomatischer: "Ich bedauere, dass wir heute keine befriedigenden Schlussfolgerungen bei zwei absolut entscheidenden Punkten ziehen konnten." Frankreich wäre es wichtig gewesen bei zwei Punkten, nämlich Handel und Klimawandel, gemeinsam und entschlossen voran zu gehen. Die Diskussionen werden voraussichtlich beim Gipfeltreffen der G20-Regierungschefs in Hamburg im Juli fortgesetzt. Dann könnte Präsident Trump die verbalen Boxhandschuhe anziehen und erklären, wie er "fairen" Handel unter der Prämisse "Amerika zuerst" versteht.

Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union
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