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USA: Trump setzt bei Machtkampf mit Los Angeles auf Militär

10. Juni 2025

Wieder ein Tabubruch: US-Präsident Trump setzt Nationalgarde und Marinesoldaten gegen die Proteste in Los Angeles, Kalifornien, ein. Doch die Streitkräfte zur Unterstützung der Polizei sind in Kalifornien unerwünscht.

USA | Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Nationalgarde in Los Angeles. Ein Mann mit grauen Haaren steht vor einer Phalanx von Soldaten der Nationalgarde
In Los Angeles kam es am Wochenende zu Zusammenstößen zwischen Nationalgarde und Demonstrierenden. Die Truppen wurden ohne Absprache mit dem Gouverneur eingesetzt Bild: Brian Cahn/ZUMA Press Wire/picture alliance

Bis hierhin und nicht weiter. Der Gouverneur des US-Bundesstaates Kalifornien, Gavin Newsom, will US-Präsident Donald Trump Grenzen setzen.

Newsom reichte Klage gegen die Trump-Regierung ein, weil US-Verteidigungsminister Pete Hegseth ohne die Zustimmung Kaliforniens Truppen der Nationalgarde nach Los Angeles entsandt hatte. Der Befehl für den Einsatz der Nationalgarde liegt im Normalfall bei den jeweiligen Bundesstaaten. 

"Ich habe die Trump-Administration aufgefordert, die unrechtmäßige Stationierung von Truppen im Bezirk Los Angeles rückgängig zu machen und diese meinem Kommando zu unterstellen", erklärte Newsom am 9. Juni via X. Und er fügt hinzu: "Wir hatten kein Problem, bis Trump sich einmischte."

Los Angeles gegen Washington

Es scheint, als ob der US-Bundesstaat im Südwesten der USA zum Hort des Widerstands gegen Präsident Trump avanciert. In Los Angeles demonstrierten am Montag Hunderte von Menschen gegen Massenabschiebungen.

Die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, forderte die Trump-Regierung auf X auf, "die Razzien" zu beenden. "In Los Angeles greift die Angst um sich. Eltern, Arbeiter, Großeltern, junge Menschen haben Angst, ihrem Alltag nachzugehen. Wir sind eine Stadt der Einwanderer. Washington greift unsere Bevölkerung und unsere Wirtschaft an", postetesie. 

US-Justizministerin Pam Bondi und Trump hingegen bezeichneten die Demonstranten in Los Angeles als "professionelle Agitatoren und Aufständische". Die Nationalgarde sei dazu da, die Polizisten in Los Angeles zu beschützen. 

"Wenn die Justiz in Kalifornien Männer und Frauen der Polizeibehörde der Stadt Los Angeles nicht gegen Aufständische beschützt, können wir gegen diese Leute vorgehen", erklärte Bondi in einem Interview mit dem TV-Sender Fox News. 

Massenverhaftungen und Abschiebungen

Während der Machtkampf zwischen Trump und Newsom eskaliert, streiten Experten darüber, ob der US-Präsident überhaupt das Recht hat, Militär gegen Zivilisten einzusetzen. 

Grund der Auseinandersetzungen sind Razzien sowie Verhaftungen und Massenabschiebungen von Migranten ohne gültigen Aufenthaltstitel. Seit Trumps Amtsantritt im Januar hat die US-Einwanderungsbehörde ICE(United States Immigration and Customs Enforcement) nach Berichten US-amerikanischer Medien über 100.000 irreguläre Migranten in den USA verhaftet.

In Kalifornien ist nach Angaben des Public Policy Instituterund jeder dritte Einwohner im Ausland geboren. Die meisten Zugewanderten leben in den großen Metropolregionen an der Pazifikküste - so wie in Los Angeles.

Newsom: "Wir werden klagen"

Nach dem Ausbruch der Demonstrationen berief US-Präsident Trump am Samstag Truppen der Nationalgardeein. Die Streitkräfte sollen Beamte der Einwanderungsbehörde ICE sowie öffentliche Gebäude schützen.

Der Befehl sieht die Entsendung von mindestens 4000 Soldaten der Nationalgarde für mindestens 60 Tage vor. Außerdem kündigte das Pentagon am Montag  zusätzlich die Entsendung von 700 Marinesoldaten an.

Kaliforniens Gouverneur Newsom will auch gegen die Entsendung von Marinesoldaten vor Gericht ziehen. "Die US-Marines sind keine politischen Spielfiguren. Wir werden klagen, um das zu stoppen", schrieb er in den sozialen Medien.

Wird Trump das "Aufstandsgesetz" nutzen?

Laut Experten ist die Rechtslage zum Einsatz von US-Streitkräften auf amerikanischem Boden nicht eindeutig. Trump beruft sich auf das US-Gesetzbuch, Abschnitt 12406 von Titel 10, wonach der Präsident Mitglieder und Einheiten der Nationalgarde und unter bestimmten Umständen in den Bundesdienst einberufenkann, unter anderem während einer Rebellion gegen die Autorität der Bundesregierung.

Genau dieser Gesetzestext (Abschnitt 12406) besagt jedoch auch, dass Befehle für die Einberufung der Nationalgarde "durch die Gouverneure der Bundesstaaten erteilt werden" - eine Vorschrift, die US-Verteidigungsminister Pete Hegseth ignorierte, da er die kalifornische Nationalgarde ohne vorherige Benachrichtigung von Kaliforniens Gouverneur Newsom einberief.

Allerdings ermächtigt ein US-Gesetz aus dem Jahr 1807, der sogenannte "Insurrection Act" (Aufstandsgesetz), den US-Präsidenten, die Nationalgarde "bei einer Rebellion gegen die Autorität der Vereinigten Staaten" auch ohne eine Benachrichtigung der jeweiligen Gouverneure einzuschalten. Auf dieses Aufstandsgesetz hat sich Trump bisher nicht berufen.

Trump nutzt Proteste für eine Machtdemonstration

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Über die Marine hat Trump nach Ansicht von Rechtsexperten nach Titel 10 und in seiner verfassungsmäßigen Rolle als Oberbefehlshaber der Streitkräfte mehr direkte Befugnisse als über die Nationalgarde. Doch solange Trump sich nicht auf das Aufstandsgesetz beruft, unterliegt auch dieser Befehl rechtlichen Beschränkungen.

"Es gibt keinen Notstand"

"So etwas gab es noch nie", erklärt Juliette Kayyem, Juristin und Migrationsexpertin in einem Interview mit der BBC. "Ja, es gab Gewalt", räumte sie ein. "Aber wir haben keinen Notstand oder eine solche Art von Krise, wie sie der Präsident und seine Minister zeichnen", so die ehemalige stellvertretende Sekretärin für zwischenstaatliche Angelegenheiten im US-Heimatschutzministerium.

Seit der Bürgerrechtsbewegung in den 60er Jahren, als sich die Gouverneure der Südstaaten den gerichtlichen Anordnungen zur Aufhebung der Rassentrennung in den öffentlichen Schulen widersetzten, haben US-Präsidenten keine Bundestruppen mehr ohne die Zustimmung der Gouverneure eingesetzt.

Mit der Zustimmung der Bundesstaaten wurde das Aufstandsgesetz das letzte Mal im Jahr 1992 angewandt. Damals baten der Gouverneur von Kalifornien, Pete Wilson, und der Bürgermeister von Los Angeles, Tom Bradley, den damaligen US-Präsident George H.W. Bush um Amtshilfe. Denn nach dem Freispruch von Polizeibeamten, die auf den schwarzen Autofahrer Rodney King eingeprügelt hatten, waren in Los Angeles Unruhen ausgebrochen.

Dieser Artikel wurde aktualisiert.

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