Bericht: Trump rudert bei Migrationspolitik ein wenig zurück
14. Juni 2025
Der US-Agrarsektor warnte: Zu viele Abschiebungen könnten zu Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft führen. US-Präsident Donald Trump scheint das nun einzusehen.
US-Präsident Trump (am Donnerstag): "Sehr aggressive Einwanderungspolitik"Bild: Hu Yousong/Xinhua/picture alliance
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Donald Trump schaltet in Sachen Migration einen Gang runter - wohl nicht wegen der andauernden Proteste, sondern eher aus wirtschaftlichen Gründen. Nach tagelangen Demonstrationen - unter anderem in Los Angeles - und ungewöhnlich selbstkritischen Worten am Donnerstag schwächt der US-Präsident einem Medienbericht zufolge seinen strikten Abschiebekurs ab.
Trumps Regierung habe ihren Schwerpunkt in der Kampagne für Massenabschiebungen aus den USA abrupt verlagert, schreibt die Zeitung "New York Times" (NYT) unter Berufung auf namentlich ungenannte Regierungsangestellte und eine interne E-Mail. Beamte der Einwanderungsbehörde ICE seien angewiesen worden, Razzien und Festnahmen in Landwirtschaftsbetrieben, Hotels und Restaurants weitgehend auszusetzen. In diesen Sektoren sind besonders viele Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund beschäftigt.
Erntehelfer mit Migrationshintergrund auf einer Farm in Florida (im April): Lebensmittelversorgung in Gefahr?Bild: CHANDAN KHANNA/AFP/Getty Images
Das Heimatschutzministerium bestätigte die neue Anweisung. Ermittlungen im Zusammenhang mit Menschenhandel, Geldwäsche und Drogenschmuggel in den genannten Branchen seien weiterhin "in Ordnung", heißt es laut der Zeitung in dem Schreiben. "Nicht kriminelle Begleitpersonen" sollen demnach aber von Festnahmen verschont bleiben. Die E-Mail stammt laut "NYT" vom leitenden ICE-Beamten Tatum King und ging an die regionalen Stellen der Einwanderungsbehörde.
Trump hatte Kurswechsel angedeutet
In Los Angeles an der Westküste der Vereinigten Staaten leben besonders viele Migranten ohne gültige US-Papiere. In der kalifornischen Millionenmetropole am Pazifik laufen seit rund einer Woche Proteste gegen Trumps scharfen Migrationskurs und gegen das Vorgehen der Einwanderungsbehörde. Dort hatten ICE-Sicherheitskräfte Migranten ohne gültigen Aufenthaltsstatus festgenommen, um sie abzuschieben. Hintergrund: Im Wahlkampf hatte Trump den Wählern der Republikaner das größte Abschiebeprogramm in der amerikanischen Geschichte versprochen.
Wegen der teils gewaltsamen Proteste in Los Angeles ließ Trump gegen den Willen des Bundesstaates Kalifornien Tausende Soldaten der Nationalgarde mobilisieren. Sogar Hunderte Marineinfanteristen wurden auf sein Geheiß dorthin entsandt. Ein sehr ungewöhnliches Vorgehen, weshalb Trumps Anordnung höchst umstritten ist.
Los Angeles: Soldaten gegen Bürger
Wegen Protesten gegen seine Migrationspolitik lässt Donald Trump die Nationalgarde in Los Angeles einsetzen. Bürgermeisterin Karen Bass wirft dem US-Präsidenten eine "gezielte Provokation" vor.
Bild: Eric Thayer/AP/picture alliance
Klare Botschaft
Demonstranten in Los Angeles fordern ein Ende der Razzien und Abschiebungen durch die Einwanderungsbehörde ICE. Viele Teilnehmer der Proteste achten bewusst darauf, sich nicht provozierend zu verhalten und zu zeigen, dass sie friedlich sind.
Bild: Raquel Cunha/REUTERS
Keine Entspannung in Sicht
Die Proteste in Los Angeles halten nach wie vor an. US-Präsident Donald Trump schickte neben Nationalgardisten auch Marineinfanteristen in die Stadt, um die Proteste zu zerschlagen. Vize-Präsident J.D. Vance schrieb auf X: "Trump wird nicht nachgeben."
Bild: Leah Millis/REUTERS
Razzien als Auslöser
Seit Freitag kam es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten, nachdem die Einwanderungsbehörde ICE bei Razzien mehrere Personen festgenommen hatte. Berichten zufolge setzte die Polizei Tränengas, Rauchgranaten und Gummigeschosse ein, um die Menschenmengen zu zerstreuen.
Bild: Apu Gomes/Getty Images
Demonstranten fordern Rechte für alle
Die Festnahmen durch ICE sind Teil der verschärften Einwanderungspolitik der republikanischen Regierung, die laut Kritikern vor allem Menschen lateinamerikanischer Herkunft trifft. Demonstranten fordern die Freilassung der Festgenommenen. Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum erklärte derweil: "Sie sind keine Kriminellen, sondern gute Männer und Frauen."
Bild: Eric Thayer/AP/dpa/picture alliance
ICE-Verhaftungen steigen an
Seit Trump im Januar ins Amt zurückgekehrt ist, haben die Verhaftungen durch ICE erheblich zugenommen und laut einem CBS-Bericht von vergangener Woche die Zahl von 100.000 überschritten.
Bild: Barbara Davidson/REUTERS
Journalistin beschossen
Als sich die Zusammenstöße am Wochenende verschärften, erregte die Situation internationale Aufmerksamkeit. Die australische 9News-Journalistin Lauren Tomasi wurde am Sonntag von einem Gummigeschoss der Polizei am Bein getroffen, als sie live berichtete. Der Beamte ganz links setzt in dieser Szene gerade zum Schuss an. Am Montag bestätigte Tomasi, dass sie in Sicherheit und unverletzt sei.
Bild: 9news Australia/AAP/dpa/picture alliance
Einsatz löst Rechtsstreit mit Kalifornien aus
Trump ordnete am Samstag die Entsendung von rund 2000 Soldaten der Nationalgarde an, um die ICE-Beamten zu unterstützen und, so das Weiße Haus, "gegen die Gesetzlosigkeit vorzugehen". Am Montag ließ Trump 2000 zusätzliche Soldaten der Nationalgarde mobilisieren - und 700 Marineinfanteristen der regulären Streitkräfte. Die Rechtsgrundlage ist umstritten.
Bild: Frederic J. Brown/AFP
Grundlage Aufstandsbekämpfungsgesetz
Die Truppen der Nationalgarde werden in der Regel zur Bewältigung von Naturkatastrophen eingesetzt. Das Aufstandsbekämpfungsgesetz ermächtigt den Präsidenten jedoch zum Einsatz von Streitkräften zur Unterstützung der staatlichen Behörden bei der Strafverfolgung in Zeiten von Rebellion oder Unruhen.
Bild: Daniel Cole/REUTERS
"Unruhe und Chaos"
Die Entsendung von Truppen durch die Trump-Administration nach Los Angeles ist der erste Fall seit Jahrzehnten, dass ein Präsident ohne Aufforderung oder Zustimmung eines Gouverneurs die Nationalgarde auf diese Weise mobilisiert. Die Entsendung sei "ein absichtlicher Versuch, Unruhe und Chaos in unserer Stadt zu stiften", sagte die Bürgermeisterin Karen Bass.
Bild: Eric Thayer/AP/picture alliance
"Rote Linie"
Der demokratische Gouverneur Kaliforniens, Gavin Newsom, warf Trump "Machtmissbrauch" vor und sprach von "gestörten" Fantasien eines
"diktatorischen Präsidenten". Die US-Regierung überschreite eine rote
Linie. Kalifornien hat bereits Klage eingereicht.
Bild: Tobin Hill/ZUMA Press/IMAGO
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Am Donnerstag schlug der Präsident dann überraschend selbstkritische Worte an. "Unsere großartigen Landwirte und Menschen im Hotel- und Freizeitsektor haben erklärt, dass unsere sehr aggressive Einwanderungspolitik ihnen sehr gute, langjährige Arbeitskräfte wegnimmt", schrieb Trump auf seiner Social-Media-Plattform. Sie seien keine Bürger, hätten sich aber als "großartig" erwiesen, führte er vor Journalisten aus. Man könne den Farmern nicht deren Arbeitskräfte nehmen und diese zurückschicken, nur weil ihnen etwas fehle - sprich: Papiere.
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Ministerium bestätigt Richtlinie
Tricia McLaughlin, eine Sprecherin des Heimatschutzministeriums in Washington, bestätigte die Recherche der "New York Times". "Wir werden der Anweisung des Präsidenten folgen und weiter daran arbeiten, die schlimmsten der schlimmsten kriminellen Ausländer von Amerikas Straßen zu entfernen", sagte sie der Zeitung.
Ministeriumssprecherin McLaughlin (Archivbild): "Wir werden der Anweisung des Präsidenten folgen"Bild: Jose Luis Magana/AP/picture alliance
Verbände der US-Landwirtschaftsindustrie fordern seit langem, dass Trump ihren Sektor vor Massenabschiebungen verschont. Denn die Branche ist von Einwanderern abhängig. Eine plötzliche Personalnot könnte die Lebensmittelversorgungskette in den USA gefährden, so die Befürchtung.
AR/wa (dpa, rtr)
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