USA und Iran: Vom Zweckbündnis zur Zweckfeindschaft
25. Juni 2025
Zwölf Tage lang haben sich Israel und Iran mit Luftschlägen bekämpft. Nun hat US-Präsident Donald Trump einen Waffenstillstand durchgesetzt.
Laut Premierminister Benjamin Netanjahu hat sein Land mehr als seine ursprünglichen Ziele erreicht. Die "unmittelbare doppelte existenzielle Bedrohung" für Israel durch Teherans Atom- und Raketenprogramm sei beseitigt worden. Wie geschwächt das Mullah-Regime auch innenpolitisch ist, lässt sich von außen schwer beurteilen. Auch über den Zustand des Atomprogramms herrscht bei US-Offiziellen Unschlüssigkeit. Die Frage ist auch relevant für die Beziehungen zwischen den USA und dem Iran, denn die waren in den vergangenen Jahren geprägt von der nuklearen Gefahr, die nach Ansicht Washingtons und Jerusalems von Teheran ausgeht. Das war nicht immer so.
Vor 1951: Iran - Wiege des Kalten Krieges?
Bis Ende des Zweiten Weltkriegs ist der Iran vielfach Spielball ausländischer Mächte - vor allem des Vereinigten Königreichs und der Sowjetunion. 1941 fallen sowjetische und britische Truppen in den Iran ein und zwingen den Schah, die Regierung seinem 22-jährigen Sohn Mohammad Reza Pahlavi zu überlassen.
Die Hauptziele der Invasoren sind, die iranischen Ölfelder vor den Deutschen zu sichern und den "Persischen Korridor" als Nachschubroute einzurichten. Der Streit über das Ende der Besatzung löst Mitte 1945 die sogenannte Irankrise aus. Erst als US-Präsident Harry Truman mit militärischen Maßnahmen droht, zieht Stalin seine Truppen zurück. Der Konflikt gilt Experten wie George Lenczowski als "Katalysator" für eine "radikale Neuausrichtung der amerikanischen Außenpolitik" und mithin als Beginn des Kalten Krieges.
1951-1953: Schah von Washingtons Gnaden
Nach der Irankrise stärkt Schah Mohammad Pahlavi zunächst die Demokratie. 1951 verstaatlicht das Parlament den Ölsektor. Die USA halten die Briten davon ab, die einst erworbenen Rechte der Anglo-Iranian Oil Company, heute British Petroleum (BP), militärisch durchzusetzen. Der damalige iranische Premierminister Mohammad Mossadegh, ursprünglich ein Gegner der Verstaatlichung, erweist sich nun als harter Verhandlungspartner um die Erdöl-Profite.
Gleichzeitig entspinnt sich ein Machtkampf zwischen dem beliebten Mossadegh und Schah Pahlavi. Der Schah entscheidet ihn letztlich für sich - dank Unterstützung der Geheimdienste der USA und Großbritanniens. Benjamin Friedman von der US-Denkfabrik Defense Priorities sagt: "Der Putsch gegen Mossadegh legte vermutlich einen Grundstein für die anti-amerikanischen Ressentiments in großen Teilen der iranischen Bevölkerung, die sich später, insbesondere im Zuge der Islamischen Revolution, Bahn brachen."
1953-1979: Weiße Revolution und Öl-Krise
Zunächst aber zahlt sich die Intervention aus: Im Disput über das Öl erreicht Washington, dass der Iran zwar künftig mehr Erlöse behält, die Kontrolle über den Sektor aber weitgehend einem US-britisch dominierten Konsortium zufällt. In der Folge wird der Iran neben Saudi-Arabien und Israel zum wichtigsten US-Partner in Nahost. Dazu gehört auch der Aufbau des zivilen iranischen Atomprogramms.
Über Pahlavis zunehmenden Autoritarismus sieht man in den USA hinweg. Vielleicht auch, weil der Schah mit der "Weißen Revolution" 1963 umfassende Modernisierungen anstößt - mit der Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen, einer weitreichenden Landreform, der Privatisierung der Industrie und einer Alphabetisierungskampagne.
Seit 1979: Islamische Revolution und zwei Golfkriege
Anfang Januar 1979 entziehen die USA, Frankreich, das Vereinigte Königreich und Deutschland Pahlavi seine Unterstützung. Zwei Wochen später verlässt der Schah den Iran, weitere zwei Wochen später kehrt der schiitische Kleriker Ajatollah Ruhollah Chomeini aus dem Exil in Frankreich zurück, wird in Teheran von Millionen Menschen frenetisch empfangen und macht aus dem Umsturz die "Islamische Revolution".
Die USA nehmen den mittlerweile todkranken Mohammad Pahlavi auf, der Iran fordert seine Auslieferung. Ende 1979 besetzen iranische Studenten - wohl mit Chomeinis Segen - die US-Botschaft in Teheran und halten 52 US-Bürger für 444 Tage fest. Die USA brechen daraufhin die diplomatischen Beziehungen ab.
Als der Irak den Iran im selben Jahr angreift, schlägt sich Washington auf die Seite Bagdads und unterstützt die Regierung von Saddam Hussein bis zum Ende des Krieges 1988.
Parallel beginnt der Iran, im Libanon die Hisbollah aufzubauen. Zu den ersten Aktionen, die der Gruppe zugeordnet werden, gehören zwei Bombenanschläge in Beirut im Jahr 1983 mit insgesamt mehr als 250 Toten - einer auf die US-Botschaft, und je einen Anschlag auf Unterkünfte der US- und der französischen Truppen. Das US-Außenministerium stuft den Iran daraufhin als Terrorunterstützer ein und verhängt erste Sanktionen gegen das Mullah-Regime.
1998 bis 2001: Kurzes Tauwetter
Ende des Jahrtausends schlägt der als Reformer gehandelte iranische Präsident Mohammad Chatami einen versöhnlichen Ton gegenüber den USA an. Außenministerin Madeleine Albright räumt die Beteiligung der USA am Putsch gegen Mossadegh 1953 ein und nennt die bisherigen US-Politik gegenüber Iran "bedauerlich kurzsichtig".
Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 auf das World Trade Center in New York verbünden sich Teheran und Washington sogar kurzzeitig gegen die Islamisten von Al-Kaida und den Taliban. Doch die zaghafte Annäherung ist von kurzer Dauer.
2002 bis 2005: Machtvakuum nach dem dritten Golfkrieg
In seiner Rede an die Nation Anfang 2002 spricht George W. Bush erstmals von der "Achse des Bösen". Staaten wie Irak, Nordkorea und Iran unterstützten Terrorismus, strebten nach Massenvernichtungswaffen und unterdrückten ihre Bevölkerung, so der US-Präsident.
Als Bushs "Koalition der Willigen" kurz darauf Saddam Hussein im Irak stürzt, nutzt der Iran das Machtvakuum im Nachbarland, um Einfluss auf die schiitische Bevölkerungsmehrheit dort zu gewinnen. Währenddessen versuchen die USA, eine westlich orientierte Regierung in Bagdad zu etablieren und Regimegegner im Iran zu unterstützen. Parallel baut der Iran mit den Huthi-Rebellen im Jemen und der Hamas im Gazastreifen weitere Unterstützergruppen im Ausland auf.
2005 bis 2025: Israelhass und Atomstreit
2005 ruft der iranische Ministerpräsident Mahmud Ahmadinedschad der Weltöffentlichkeit ein wiederkehrendes Element iranischer Rhetorik ins Gedächtnis, als er fordert, Israel - einer der engsten Verbündeten der USA - müsse "von der Landkarte getilgt werden". Auch deshalb wird das iranische Atomprogramm zum Kernthema der Kluft zum Westen. Die Befürchtung wächst, dass die Mullahs die vom Schah geerbte Technologie missbrauchen könnten, um eine Atombombe zu bauen.
2015 schließt der Iran mit den UN-Vetomächten und Deutschland das Abkommen über das iranische Atomprogramm: Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) soll das Atomprogramm überwachen, im Gegenzug werden die inzwischen massiven internationalen Sanktionen gegen den Iran schrittweise abgebaut.
Die kurze Phase der Entspannung endet, als US-Präsident Donald Trump 2018 die Kooperation beendet und die Sanktionen in den Folgejahren wieder drastisch verschärft. Als die USA 2020 den iranischen General Qasem Soleimani bei einem Besuch in Bagdad töten, kündigt auch der Iran an, sich nicht mehr an das Atomabkommen zu halten.
Nach dem Hamas-geführten Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Kampf Isaels gegen die Hamas im Gazastreifen wachsen auch die Spannungen Israels mit dem Iran, der Hisbollah und den Huthis.
Mehrfach greifen sich Israel und Iran mit Luftschlägen an - vorerst zuletzt am vergangenen Montag.
Transparenzhinweis: Dieser Artikel wurde am 26. Juni korrigiert. In der ursprünglichen Fassung hieß es fälschlich, Truman habe in der Irankrise mit nuklearen Schlägen gedroht; tatsächlich handelte es sich um militärische Maßnahmen. Zudem wurde klargestellt, dass es 1983 getrennte Anschläge gab - auf die US-Botschaft und auf Unterkünfte von US- und französischen Truppen -, nicht auf einen gemeinsamen US-französischen Stützpunkt. Das Jahr der Unterzeichnung des Atomabkommens wurde von 2014 auf 2015 berichtigt.