1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Strafen gegen Türkei wegen russischer Raketen

14. Dezember 2020

Seit Jahren entzweit der Streit über die Abwehrraketen die beiden NATO-Partner. Doch die Türkei hält an dem Rüstungsprojekt eisern fest - und wird von den USA nun abgestraft.

Präsentation des Raketenabwehr-Systems S-400 bei einer Schau Ende August in Wladiwostok in Russland
Präsentation des Raketenabwehr-Systems S-400 bei einer Schau Ende August in Wladiwostok in Russland Bild: Vitaliy Ankov/Sputnik/dpa/picture alliance

Wegen des Einsatzes des russischen Raketenabwehr-Systems S-400 verhängen die USA Sanktionen gegen den NATO-Bündnispartner Türkei. Außenminister Mike Pompeo teilte in Washington mit, Strafmaßnahmen würden gegen das Direktorat der türkischen Verteidigungsindustrie (SSB) verhängt. Das Direktorat ist dem Amt von Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstellt. Die Sanktionen beinhalteten ein Verbot aller US-Exportlizenzen und -genehmigungen für SSB, teilte Pompeo weiter mit. Etwaige Vermögenswerte von SSB-Chef Ismail Demir und andere Führungskräften in den USA würden eingefroren. Gegen sie würden außerdem Einreisebeschränkungen verhängt.

​​​​​​​Auch er wird von den USA sanktioniert: Ismail Demir, der Leiter des Direktorats der türkischen Verteidigungsindustrie (SSB) Bild: Turkish Industry and Technology Ministry/AA/picture alliance

Die Türkei verurteilte die US-Sanktionen scharf. Die Regierung werde in angemessener Weise und Zeit die nötigen Schritte gegen diese "ungerechte" Entscheidung unternehmen, teilte das Außenministerium in Ankara mit. Es sei ein Vorgehen "ohne jede Vernunft", dass sich die USA geweigert hätten, das Problem mit Diplomatie zu lösen. 

Erdogan: Frage Washington nicht um Erlaubnis

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Tests des Systems durch das türkische Militär im Oktober bestätigt. Mit Blick auf Kritik aus Washington betonte Erdogan, man werde die USA dafür nicht um Erlaubnis bitten. Die US-Regierung hatte die Regierung in Ankara mehrfach vor dem Einsatz des russischen Raketenabwehrsystems S-400 gewarnt und mit Strafmaßnahmen gedroht. Das Pentagon hatte kritisiert, der Einsatz des Systems sei nicht mit den Verpflichtungen der Türkei als NATO-Partner vereinbar. Auch die Allianz hatte gewarnt, das S-400-System könne nicht in das Luft- und Raketenabwehrsystem des Bündnisses integriert werden.

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan signiert eine militärische Drohne (Archivfoto)Bild: Murat Cetinmuhurdar/Turkish Presidency/handout/picture alliance / AA

Grundlage für die US-Sanktionen ist das Caatsa-Gesetz ("Countering America's Adversaries through Sanctions") aus dem Jahr 2017. Danach kann der US-Präsident Strafmaßnahmen gegen eine dritte Partei bei einer "bedeutenden Transaktion" mit dem Verteidigungssektor der russischen Regierung verhängen. Unter anderem kann der Präsident anordnen, dass Betroffenen US-Exportgenehmigungen verwehrt werden, dass US-Finanzinstitute keine Kredite an sie vergeben dürfen, dass ihr etwaiger Besitz in den Vereinigten Staaten eingefroren wird oder dass sie mit Einreisesperren belegt werden.

Türkei aus Kampfjet-Programm ausgeschlossen

Die USA befürchten, dass Russland über das empfindliche Radar des S-400-Waffensystems an Daten über die Tarnkappenfähigkeiten des F-35-Jets gelangt. Ankara war Partner beim Bau des F-35-Kampfjets und wollte zahlreiche der Flugzeuge kaufen. Wegen des Rüstungsdeals mit Moskau haben die USA die Türkei bereits aus dem F-35 Programm ausgeschlossen.

Ein F-35-Kampfjet im Einsatz - das Bild zeigt eine Maschine der israelischen LuftwaffeBild: Getty Images/AFP/J. Guez

Die republikanischen Senatoren Lindsey Graham und James Lankford hatten vor wenigen Tagen in einem Gastbeitrag für das "Wall Street Journal" geschrieben, der Einsatz russischer "Berater" und des S-400-Radars in der Nähe von F-35-Kampfjets sei nicht hinnehmbar. Ankara und Moskau hatten den Vertrag über den Kauf des S-400-Systems durch die Türkei im September 2017 unterzeichnet. Die erste Lieferung erfolgte im vergangenen Jahr.

Erdogan argumentiert, die Türkei brauche eine eigene Raketenabwehr gegen Bedrohungen aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien, aber auch aus dem Inland. Nach Darstellung Ankaras hat die Türkei von Bündnispartnern kein vernünftiges Alternativangebot bekommen. Die S-400 ist ein mobiles Luftabwehrsystem, das Flugzeuge, Geschosse und andere Objekte vom Himmel holen kann. Die Einheiten, die üblicherweise aus mehreren Raketen, einem Radar und einem Gefechtsstand bestehen, können per Lastwagen transportiert werden. Die S-400 kann mit Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen bestückt werden.

sti/hf (afp, ap, dpa, rtr)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen