USA verlegen Kriegsschiffe in Richtung Libyen
1. März 2011Nach den tagelangen blutigen Auseinandersetzungen in Libyen sucht die Weltgemeinschaft nach Wegen, das gewaltsame Vorgehen von Machthaber Muammar al Gaddafi gegen die Opposition zu beenden. Das US-Präsidialamt in Washington erklärte, Präsident Barack Obama sei entschlossen, weitere Gewalt gegen die libysche Bevölkerung zu verhindern und dafür notfalls auch zusätzliche Schritte einzuleiten.
"Wir schließen die Nutzung militärischer Mittel in keiner Weise aus", sagte auch Großbritanniens Premier David Cameron in der Nacht zum Dienstag (01.03.2011). "Natürlich müssen wir die internationalen Gesetze einhalten, aber mein Argument ist, dass wir jetzt die Vorbereitung und Planung umsetzen müssen, weil niemand sicher sein kann, was Oberst Gaddafi mit seinem Volk macht."
30 Milliarden Dollar eingefroren
Die USA verlegten inzwischen Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge im Mittelmeer näher an Libyen heran. Dies sei vor allem mit Blick auf mögliche Hilfen für die notleidende Zivilbevölkerung geschehen. Das Finanzministerium in Washington gab nun zudem bekannt, dass bislang 30 Milliarden Dollar (21 Milliarden Euro) an libyschem Regierungsvermögen eingefroren worden seien. Es handele sich um die höchste Summe, die jemals bei Sanktionen in den USA blockiert worden sei.
In der Erklärung des Weißen Hauses hieß es weiter, Obama habe seinen Standpunkt in einem Telefonat mit dem kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper dargelegt, der die Position der US-Regierung uneingeschränkt teile. Beide seien sich einig, dass auf die Krise in dem nordafrikanischen Land reagiert und Gaddafi Einhalt geboten werden müsse.
US-Botschafterin nennt Gaddafi wahnhaft
Noch deutlichere Worte fand die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Susan Rice. Er schlachte sein eigenes Volk ab, meinte Rice. Zugleich machte sie deutlich, dass die USA ihn für nicht mehr voll zurechnungsfähig hielten.
Wenn Gaddafi jetzt in Interviews behaupte, es gebe keine Gewalt in seinem Land, zeige dies, dass er "wahnhaft" sei und die Verbindung zur Wirklichkeit verloren habe. In einem Interview des US-Fernsehsender ABC hatte Gaddafi mit Gelächter auf die Frage reagiert, ob er zurücktreten werde. Seines ganzes Volk liebe ihn, erklärte er. "Das klingt, ehrlich gesagt, einfach größenwahnsinnig", sagte Rice.
Wird eine Flugverbotszone eingerichtet?
Neben den bereits verhängten Sanktionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union beraten mehrere Regierungen über zusätzliche militärische Maßnahmen, darunter die Möglichkeit einer Flugverbotszone. "Dies ist eine Option, die wir aktiv in Erwägung ziehen", sagte US-Außenministerin Hillary Clinton nach Beratungen mit europäischen Partnern am Rande der Tagung des UN-Menschenrechtsrats in Genf.
Solange das Gaddafi-Regime weiter die Bevölkerung bedrohe und töte, blieben alle Optionen auf dem Tisch, so Clinton. Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte sich zögerlich. Flugverbotszonen seien "eine Maßnahme, die in Betracht kommt". Allerdings sei das Land ungefähr viermal so groß wie Deutschland. Das bringe schon sehr praktische Schwierigkeiten mit sich.
Lage weiter unübersichtlich
In Libyen gingen die Kämpfe zwischen Aufständischen und Gaddafi-Getreuen weiter. Laut einheimischen Medienberichten eröffneten diese in Tripolis das Feuer auf Demonstranten und töteten mehrere Jugendliche. Die Nachrichtenagentur AP meldet unter Berufung auf Zeugen, dass zwei von Aufständischen gehaltene Städte angegriffen worden seien. In Sawija seien die regimetreuen Einheiten bei nächtlichen Kämpfen zurückgeschlagen worden. Auch in Misurata sei eine Offensive der Gaddafi-Soldaten abgeblockt worden.
UN: Versorgung der Menschen besorgniserregend
Die Vereinten Nationen äußerten Besorgnis über die Versorgung der Bevölkerung. In der Hauptstadt Tripolis, herrsche Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten und Verbandszeug für Verwundete. Zudem gebe es Berichte, dass es dort bereits 600 bis 2000 Todesopfer gegeben habe.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR haben bereits mehr als 140.000 Menschen ihre Heimat verlassen. Etwa 60.000 Flüchtlinge hätten sich nach Ägypten abgesetzt, weitere 40.000 nach Tunesien. Vor allem Gastarbeiter aus Asien und Afrika sind auf der Flucht oder in den provisorischen Lagern auf Hilfe angewiesen. Zusammen mit Hilfsorganisationen appellierten die Vereinten Nationen an die Nachbarstaaten in Nordafrika und Europa, ihre Grenzen für Menschen zu öffnen, die aus Libyen vertrieben wurden.
Am 11. März wollen die 27 EU-Staaten bei einem Sondergipfel über die Lage in Libyen und anderen nordafrikanischen Staaten beraten.
Autorin: Eleonore Uhlich (dpa, dapd, rtr, afp)
Redaktion: Nicole Scherschun/ Susanne Eickenfonder