Zur Abwechslung mal ohne Gold, und doch sorgt Superstar Usain Bolt bei der WM 2017 ein letztes Mal weltweit für Schlagzeilen. Heute tingelt der Jamaikaner durch die Welt.
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Vorbeigerannt. Wahrscheinlich war Usain Bolt einfach zu schnell. Im Rückblick muss man jedenfalls sagen: Den richtigen Zeitpunkt, seine unglaubliche Sprintkarriere, zu beenden, hat der Jamaikaner verpasst. 12. August, Leichtathletik-WM in London: Nachdem Bolt über 100 Meter "nur" Dritter geworden ist, will er in seinem definitiv letzten Rennen als Schlussläufer der jamaikanischen Staffel noch einmal Gold holen. Doch schon nach wenigen Metern schreit Bolt auf, stürzt und überschlägt sich. Ein Muskelriss im linken Oberschenkel stoppt den Superstar. Fünf Tage später twittert Bolt ein Röntgenbild: "Normalerweise mache ich das nicht, aber leider haben einige Leute infrage gestellt, dass ich tatsächlich verletzt bin."
Dopingverdacht lief mit
Neid und Zweifel haben Bolt während seiner gesamten Karriere begleitet. Kein Wunder, hat er doch wie kein Sprinter vor ihm die Szene dominiert. Bei drei Olympischen Spielen in Serie gelingt ihm das „Gold-Triple" über 100 und 200 Meter sowie mit der Sprintstaffel - das Staffelgold von Peking 2008 muss er allerdings später zurückgeben, weil sein Staffelkollege Nesta Carter nachträglich des Dopings überführt wurde.
Zwischen 2009 und 2015 sammelt der Überflieger der Leichathletik zudem elf Weltmeistertitel. Bis heute hält "Lightning Bolt" (Blitzschlag), wie er erfürchtig genannt wird, die Weltrekorde über 100 Meter (9,58 Sekunden) und 200 Meter (19,19 Sekunden), beide aufgestellt bei der WM 2009 in Berlin, und mit der 4x100-Meter-Staffel (36,84 Sekunden), gelaufen 2012 bei Olympia in London. Bei keiner einzigen Dopingkontrolle wird Bolt positiv getestet. Und doch läuft der Verdacht immer mit bei jemandem, der wie kein Zweiter die Grenzen des sportlich Machbaren verschiebt und immer dann, wenn es um Olympia- oder WM-Gold geht, auf den Punkt maximal fit ist.
Leichtigkeit war weg
Usain Bolt - schillernder Super-Athlet
"Ich bin eine lebende Legende", sagt Usain Bolt über sich. Und er hat Recht. Der Superstar aus Jamaika dominiert den Sprint seit mehr als einem Jahrzehnt. In dieser Zeit sprengte Bolt Grenzen und erlebte Kurioses.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Breloer
Gold ist seine Farbe
Bronze kommt in seiner Medaillensammlung überhaut nicht vor, weder als Junior noch in den Wettkämpfen der Weltelite. Silber immerhin vier Mal. Demgegenüber steht aber die eindrucksvollste Goldsammlung der Leichtathletik-Geschichte: 19 Goldmedaillen gewinnt Bolt insgesamt. Acht davon bei Olympia. Kein Konkurrent und keine Verletzung können ihn stoppen - einmal nur er selbst...
Bild: picture-alliance/dpa/G. Breloer
Der Mann im Rückspiegel
Mit WM-Titeln und Rekorden macht Bolt schon bei den Junioren auf sich aufmerksam. Das erste richtige Ausrufezeichen seiner Karriere ist die Silbermedaille bei der Leichtathletik-WM 2007 in Osaka. Über 200 Meter gewinnt US-Sprinter Tyson Gay Gold, doch der Dominator des kommenden Jahrzehnts ist bereits in seinem Rückspiegel. Gay wird danach kein einziges entscheidendes Rennen mehr gewinnen.
Bild: picture-alliance/dpa/K. Okten
Der erste Weltrekord
Der schnellste Mann der Welt - diesen Titel trägt Bolt spätestens seit dem 31. Mai 2008. Bei einem Meeting in New York läuft er im direkten Duell mit US-Sprinter Tyson Gay bei regulären 1,7 m/s Rückenwind die 100 Meter in 9,72 Sekunden. Zehn Wochen später bei den Olympischen Sommerspielen legt er noch eine Schippe drauf.
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Volksverzauberung in Peking
Bei Olympia in China wird aus Bolt endgültig ein Superstar. Über 100 Meter läuft er aufreizend lässig und mit offenem Schnürsenkel 9,69 Sekunden - neuer Weltrekord. Über 200 Meter knackt er die zwölf Jahre alte Bestmarke von Michael Johnson: 19,30 Sekunden, bei Gegenwind. Sein drittes Gold holt er mit der 4x100 Meter-Staffel. Weil ein Teamkollege gedopt hatte wird diese Medaille 2017 aberkannt.
Bild: picture-alliance/dpa/G. Breloer
2009 - das Rennen für die Ewigkeit
Nach einem glühend heißen Tag in Berlin senkt sich die Dämmerung über das Olympiastadion. Auf der tiefblauen Laufbahn kauern sieben Athleten im 100 Meter-Finale der WM 2009. Als der Startschuss ertönt, erleben die Zuschauer ein historisches Spektakel: Bolt katapultiert sich kraftvoll aus dem Block, nimmt rasend Tempo auf und stürmt, federt, fliegt ins Ziel. 9,58 Sekunden - Fabelweltrekord!
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Bärenstark in Berlin
Auch in den anderen Rennen bei der Leichtathletik-WM in Berlin zeigt sich Bolt auf dem Zenit seines Könnens. Über 200 Meter pulverisiert er seine eigene Bestmarke und schraubt den Weltrekord auf 19,19 Sekunden. Mit der Staffel gewinnt er ebenfalls Gold. Für seine Leistungen bekommt er ein besonderes Geschenk. Die Stadt schenkt ihm ein drei Tonnen schweres Originalsegment der Berliner Mauer.
Bild: picture-alliance/sampics/S. Matzke
Was ist das Turbo-Geheimnis?
Biomechaniker Ralph Benecke von der Uni Marburg entdeckt drei Schnelligkeits-Faktoren: Mit einer Größe von 1,96 Metern und 86 Kilogramm überragt er die meisten Top-Sprinter. Dadurch braucht er nur 41 Schritte (Konkurrenz: 45 Schritte). Zwar berührt er minimal länger den Boden, kann aber so mehr Energie übertragen. Mit Doping wird Bolt (bis heute) nicht in Verbindung gebracht.
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Fataler Fehlstart von Bahn 5
2010 verschärft der Leichtathletik-Weltverband die Fehlstart-Regel. Ab sofort führt jeder Fehlstart zur sofortigen Disqualifikation. Ausgerechnet im wichtigsten Rennen des Jahres 2011 erwischt es Usain Bolt. Im 100 Meter-Finale der WM im südkoreanischen Daegu zuckt er zu früh aus dem Block und ist raus. Sein Landsmann Yohan Blake gewinnt. Bolt holt noch Gold über 200 Meter und in der Staffel.
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Das Talent und sein Trainer
Seit 2004 ist Glenn Mills Trainer von Bolt. Der gemütlich wirkende Jamaikaner ist als detailversessen bekannt, hat den Job von der Pike auf gelernt und schon über 20 Jahre Erfahrung als Bolt ihn um seine Dienste bittet. Mills setzt auf spezielles Training um die Körpergröße des Sprint-Genies besser zu nutzen. "Coach Mills" wie ihn seine Athleten nennen, ist inzwischen selbst eine Legende.
Bild: picture-alliance/dpa/E. Risch
Business as usual in London
Bei den Olympischen Spielen in London 2012 ist Usain Bolt längst Werbe-Ikone. Zwar stottert in der ersten Saisonhälfte sein Motor noch, er wird gleich mehrfach geschlagen. Zum Höhepunkt ist er jedoch fit: Gold über 100 Meter in olympischer Rekordzeit von 9,63 Sekunden. Gold über 200 Meter in guten 19,32 Sekunden und nochmal Gold mit der jamaikanischen Staffel.
Bild: picture-alliance/dpa/K. Okten
Atemberaubende Slapstickeinlage
Den Zuschauer bei der Leichtathletik-WM 2015 in Peking stockt der Atem: Jamaikas Goldsprinter dreht gerade seine Ehrenrunde nach dem erneuten Sieg über die 200 Meter, als ein Kameramann die Kontrolle über seinen Segway verliert. Der Elektroroller fährt Bolt mit voller Wucht von hinten in die Beine. Bolt bleibt aber quasi unverletzt und feiert nach einer Rückwärtsrolle weiter.
Bild: picture-alliance/dpa/R. Dela Pena
Und noch ein kompletter Goldmedaillensatz...
Bei seinen letzten Sommerspielen in Rio 2016 verteidigt Bolt seine Vormachtstellung. Mit Jamaikas 4x100 Meter Staffel holt er mit bequemem Vorsprung Gold. In seinen Einzelstarts über 100 Meter und 200 Meter sind die Abstände zwar etwas knapper, aber an Bolt kommt trotzdem keiner vorbei. Nach dem historischen Triple-Triple sagt Bolt: "Ich bin glücklich und stolz auf mich. Ich bin der Größte."
Bild: Reuters/F. Bensch
Die Marke Bolt
Das Sprint-Ass ist der einzige Leichtathlet, der es in die Forbes-Liste der bestbezahlten Sportler geschafft hat. Sein Jahreseinkommen wird auf 15-20 Millionen Euro geschätzt. Sein Werbevertrag mit Puma, der schon seit 2002 besteht, wird auch nach dem Ende seiner aktiven Karriere weiterlaufen. Sorgen um sein Auskommen als "Rentner" muss sich Bolt sicher nicht machen.
Bild: picture-alliance/Zumapress/Li Ming
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Eigentlich wären die Spiele 2016 in Rio de Janeiro der perfekte Zeitpunkt für Bolt gewesen, seine goldenen Rennschuhe an den Nagel zu hängen. Viele hatten erwartet, dass der Jamaikaner diesmal nicht triumphieren würde, nachdem er sich im Vorfeld immer häufiger beim deutschen Sportorthopäden Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt behandeln lassen musste. Aber Bolt liefert wieder eine große Show, holt erneut das Gold-Triple. Dafür muss er kämpfen, die Leichtigkeit seiner früheren Siege ist verloren gegangen. Der 1,95 Meter große, charismatische Sprinter tritt dennoch nicht zurück, sondern verkündet, noch bis zur WM 2017 weiterzumachen. Aus dem geplanten glorreichen Abgang wird ein schmerzhafter.
Denkmal in Kingston
Seitdem tingelt Usain Bolt durch die Welt und macht das, wozu er Lust hat. So lässt sich der 31-Jährige vor dem Formel-1-Grand-Prix in Austin im Oktober von Weltmeister Lewis Hamilton in einem Rennauto durchschütteln oder gibt im November in Sydney den Spielern der australischen Cricket-Mannschaft Tipps, wie sie schneller loslaufen können. Seit Anfang Dezember steht vor dem Nationalstadion in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston eine knapp zweieinhalb Meter hohe Bronzestudie, die Bolt in seiner berühmten Blitzpose zeigt.
"Alles ist möglich, es gibt keine Grenzen", sagt der Nationalheld. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt gedacht, dass ich jemals so viel erreichen würde - aber habe immer weiter gemacht."