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Politik

"Trump weiß nicht, was er tut"

6. Dezember 2017

US-Präsident Donald Trump hat Jerusalem als Hauptsadt Israels anerkannt. Ein Verstoß gegen das Völkerrecht, der Folgen haben könnte, sagt Christian Tomuschat im DW-Interview.

USA Trump erkennt Jerusalem als Hauptstadt Israels an
Bild: Reuters/K. Lamarque

DW: Herr Tomuschat, verstößt Trump mit der Anerkennung Jerusalems als israelischer Hauptstadt gegen das Völkerrecht?

Christian Tomuschat: Ja, das ist völkerrechtlich ein Verstoß gegen eine bindende Resolution des UN-Sicherheitsrates. Der nennt die Annexion Ost-Jerusalems durch Israel unvereinbar mit dem geltenden Status von Jerusalem als Teil der Palästinensergebiete. Das wäre von Seiten der USA damit ein Verstoß gegen einen Beschluss, den sie selbst mitgetragen haben. Letzten Endes war das eine gewaltsame Annexion, und es ist ein zwingendes Gebot des Völkerrechts, dass dritte Staaten so etwas nicht anerkennen dürfen.

Gibt es einen Unterschied zwischen der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt und der Verlegung der Botschaft dorthin?

Das wäre nur der praktische Vollzug dessen, was die USA in einem ersten Schritt beschlossen haben. Die Verlegung der Botschaft wäre dann also die natürliche Konsequenz. Der erste Schritt ist entscheidender: die Festlegung der USA, dass Jerusalem die Hauptstadt von Israel ist. Die Verlegung der Botschaft dorthin ist dann nur eine Bekräftigung.

Der Rechtswissenschaftler Christian Tomuschat war Vorsitzender der UN-VölkerrechtskommissionBild: picture-alliance/dpa/S. di Nolfi

Ändert sich für die Bewohner Jerusalems nun etwas rechtlich?

Da bleibt rechtlich alles beim Alten. Die Einverleibung von Jerusalem in das israelische Staatsgebiet ist an sich ja schon vollzogen. Bislang respektieren die Israelis die Präsenz der Palästinenser im Osten von Jerusalem. Aber möglicherweise wird Israel die Gelegenheit nutzen, um das Aufenthaltsrecht und das Wohnrecht der Palästinenser in Ost-Jerusalem noch weiter zu beschneiden. Ich befürchte, das könnte die Konsequenz sein. Es ist ja schon in den vergangenen Jahren immer wieder versucht worden, die Palästinenser aus Ost-Jerusalem zu vertreiben, indem man ihnen das Wohnrecht nach kurzer Abwesenheit entzogen hat, und auch, indem man keine neuen Baugenehmigungen erteilt hat.

Wie sehen Sie die politischen Folgen dieser Entscheidung Trumps?

Ich weiß nicht, was die USA sich dabei gedacht haben. Das führt natürlich zu Unruhe und wohl auch zu Terror-Anschlägen. Damit sind Fakten geschaffen, die für eine absehbare Zeit einen Verhandlungserfolg unwahrscheinlich erscheinen lassen. Das bleibt eine Wunde und wird ewig für Unruhe sorgen mit vielen gewaltsamen Folgen. Man weiß gar nicht, wie die übrige arabische Welt reagiert. Ein Ölembargo oder andere drastische Folgen sind nicht ausgeschlossen. Trump weiß gar, nicht was er da tut.

Eine friedliche Lösung des Nahostkonflikts rückt also weiter in die Ferne?

Das macht natürlich die Zweistaatenlösung unwahrscheinlicher, die an sich alle befürwortet haben. Die israelische Regierung ist ja immer sehr zurückhaltend gewesen, aber nun erscheint das komplett hinfällig. Die Palästinenser werden Jerusalem aber nicht aufgeben angesichts der religiösen Symbole, die sich dort befinden.

 

Professor Dr. Dr. h.c. Christian Tomuschat ist emeritiertes Mitglied der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, ehemaliges Mitglied des UN-Menschenrechtsausschusses und ehemaliges Mitglied und Vorsitzender der UN-Völkerrechtskommission.

Das Gespräch führte Peter Hille.

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