Energiekonzern Vattenfall vs. Bundesrepublik Deutschland
5. September 2018
Ist ein internationales Schiedsgericht zuständig, wenn ein schwedischer Energiekonzern die deutsche Regierung auf Schadenersatz verklagt wegen des Atomausstiegs? Diese Frage ist jetzt beantwortet.
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Der Energiekonzern Vattenfall hat im milliardenschweren Streit mit der Bundesregierung um eine Entschädigung für den deutschen Atomausstieg einen Etappensieg errungen. Der Konzern und das Bundeswirtschaftsministerium bestätigten am Abend, dass sich das internationale Schiedsgericht in den USA für zuständig erklärt habe. Es wies damit einen Antrag der Bundesregierung zurück.
In der Sache ist damit aber noch nicht entschieden. Vattenfall ist in Deutschland unter anderem an den Kernkraftwerken Krümmel und Brunsbüttel beteiligt, die nach dem Beschluss von 2011 zum beschleunigten Atomausstieg endgültig stillgelegt wurden. Die Schweden klagen vor dem Schiedsgericht auf Schadenersatz in Höhe von 4,7 Milliarden Euro.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Mittwochsausgabe) hatte zuerst über den Beschluss des Gerichts berichtet. "Wir nehmen diese Entscheidung des Schiedsgerichts zur Kenntnis und werden diese nun prüfen", erklärte das Bundeswirtschaftsministerium.
Streit um Zuständigkeit des Gerichts
Die Bundesregierung hatte Zweifel an der Zuständigkeit des Gerichts in Washington angemeldet und beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verwies dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), bei dem es um Klagen von Unternehmen aus der Europäischen Union gegen einen Mitgliedstaat der Union ging. Vattenfall hatte die Argumentation zurückgewiesen und erklärt, das EuGH-Urteil habe keine Auswirkungen auf das anhängige Verfahren.
Der Konzern sehe sich nun in seiner Haltung bestätigt, teilte Vattenfall am Abend mit. Das Verfahren beruhe auf dem europäischen Energiechartavertrag. "An dem Zustandekommen dieses Vertrages und den vorgelagerten Verhandlungen hatte die EU maßgeblichen Anteil. Der Vertrag wurde nicht nur von allen Mitgliedstaaten und von Drittstaaten, sondern auch von der EU unterzeichnet."
hb/zdh (rtr)
Meilensteine der Energiewende in Deutschland
Die Abkehr von Atomenergie, die Hinwendung zu erneuerbaren Energien - das wird als Energiewende verstanden. Wichtige Schritte und Prinzipien dieses Umbaus auf dem Energiesektor zeigen wir in dieser Chronik.
Bild: JUWI/Fotograf: Jan Hosan
Damit fing alles an
Hier taucht der Begriff Energiewende zum ersten Mal auf. Das Buch erscheint 1980 - eine Prognose des Freiburger Öko-Instituts. Die Frage: Wie und wann kann Deutschland ohne Atomkraft und ohne Erdöl auskommen?
Bild: Wolfgang Bernert
Reaktorkatastrophe in Japan
Im März 2011 beginnt die Reaktorkatastrophe in Fukushima. Die deutsche Regierung hatte erst wenige Monate zuvor die Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke verlängert. Doch angesichts solcher Bilder lag eine Kehrtwende in der Luft.
Bild: dapd
Bundeskabinett beschließt Energiewende
Am 6. Juni 2011 beschließt die Bundesregierung den Atomausstieg: Im Jahr 2022 soll das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz gehen. Bis zum Jahr 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energie auf ein Drittel steigen.
Bild: picture-alliance/dpa
Sofortiges Aus für acht Atomkraftwerke
Nicht nur die Atomreaktoren Biblis A und Biblis B , sondern noch sechs weitere deutsche Atomkraftwerke werden 2011 stillgelegt. Der Deutsche Bundestag stimmt am 30. Juni 2011 mit großer Mehrheit für die Änderung des Atom-Gesetzes.
Bild: dapd
Strom, Wärme, Verkehr
Die Energiewende umfasst nicht nur die Versorgung mit elektrischer Energie. Auch Verkehr und Wärme sind eingeschlossen. Doch viele Menschen verbinden mit dem Begriff häufig nur Änderungen bei der Stromversorgung.
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Lohnendes Geschäft
Wer in Deutschland in erneuerbare Energie investiert - sich zum Beispiel eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach setzt, bekommt 20 Jahre lange eine festgeschriebene Vergütung pro Kilowattstunde produzierten Strom.
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Teurer Strom
Für Verbraucher und Unternehmen bedeutet dies erhebliche Mehrkosten. Sie zahlen im Jahr 2013 mit der Stromrechnung rund 16,5 Milliarden Euro für die Förderung der erneuerbaren Energien über die sogenannte EEG-Umlage. Im Jahr 2013 verteuert sich die Kilowattstunde Strom auf diese Weise um 5,28 Cent, 2014 um 6,24 Cent.
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Teure Ausnahmen
Aber keine Regel ohne Ausnahme. Stromintensive Unternehmen können sich von der Umlage für die erneuerbaren Energien befreien lassen, damit sie im internationalen Wettbewerb keine Nachteile haben. Rund 2700 Betriebe - vom Chemiewerk bis zum Braunkohletagebau - sind 2014 von der Umlage befreit.
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Abgaben, Umlagen, Steuern
Der Strompreis wird in Deutschland nur zu einem geringen Teil durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Der Energiemarkt in Europa ist zwar liberalisiert, hier in Leipzig wird zum Beispiel mit Strom gehandelt. Umlagen, Steuern und Konzessionsabgaben verdoppeln den Preis aber für den Verbraucher in Deutschland.
Bild: picture-alliance/dpa
Wende bei der Energiewende
Die große Koalition legt sich am 27. November 2013 auf neue Ziele beim Ausbau der erneuerbaren Energie fest. Der Ökostrom-Anteil soll im Jahr 2035 bei 55 bis 60 Prozent liegen. 2013 stammen knapp 25 Prozent des verbrauchten Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen. Klimaschützer sehen eine Drosselung der Energiewende.