Staatschef Nicolás Maduro kann wieder durchregieren: Nach der Wahl geht die Mehrheit in der Nationalversammlung zurück an sein Parteienbündnis. Die Opposition hatte zum Boykott aufgerufen.
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Das sozialistische Parteienbündnis hat die Parlamentswahl in Venezuela gewonnen und kontrolliert künftig wieder die Nationalversammlung. Nach Angaben der Wahlbehörde entfielen 67,6 Prozent der Stimmen auf das Lager von Staatschef Nicolás Maduro. Insgesamt waren etwa 14.000 Kandidaten von rund 100 Parteien zur Wahl zugelassen worden. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte den Wahlprozess intransparent und hatte deshalb keine Beobachter entsandt.
Das Ergebnis hat zur Folge, dass die Opposition mit der Nationalversammlung ihre letzte Machtbastion verliert. Wegen des Boykotts war diese Entwicklung absehbar gewesen: Maduro hatte bereits im August angekündigt, die sogenannte Verfassungsgebende Versammlung abzuwickeln. Das von seinem Lager kontrollierte Gremium hatte in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode einige wichtige Aufgaben vom Parlament übernommen. Mit dem Wahlsieg kann Maduro auch ohne alternative Gremien wieder durchregieren.
Guaidó bezeichnete die Wahlen als Betrug und sagte, dass damit nur die internationale Isolation der Verantwortlichen dafür zunehmen werde. Auch die EU gab bekannt, dass sie das Ergebnis der Abstimmung nicht anerkennen werde, weil internationale Standards nicht eingehalten worden seien.
Scharfe Kritik aus Deutschland
Die deutsche Bundesregierung kritisierte den Ablauf der Parlamentswahl scharf. "Aus unserer Sicht waren die Wahlen nicht frei und auch nicht fair", sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Sie hätten nicht "internationalen Mindeststandards" genügt. Es werde jetzt mit den europäischen Partnern über das weitere Vorgehen beraten. Schon im Vorfeld der Wahl hätten große Zweifel bestanden, die durch den Ablauf der Wahl nicht ausgeräumt worden seien, sagte die Ministeriumssprecherin. Die Befürchtungen hätten sich bestätigt.
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Guaidó will Volksabstimmung
Für die Opposition ist unklar, wie es nun weitergeht. Ihr Anführer Guaidó hatte zu einer Volksabstimmung aufgerufen, deren Ziel es sein sollte, die aktuelle Legislaturperiode der Nationalversammlung zu verlängern. 2019 hatte er sich als Parlamentspräsident einen entsprechenden Passus in der Verfassung zunutze gemacht und sich zum Übergangspräsidenten ausgerufen. Etwa 60 Länder weltweit, darunter die USA, Deutschland und weitere EU-Staaten, hatten ihn daraufhin als legitimes Staatsoberhaupt anerkannt. Allerdings gelang es ihm nicht, die von der Verfassung in dieser Lage geforderten Neuwahlen zu organisieren, da Maduro-treue Gremien sich dem entgegenstellten.
Neben der Politik steckt auch Venezuelas Wirtschaft in einer tiefen Krise: Allein seit November 2019 stieg die Inflation um 4000 Prozent an. Weite Teile der Bevölkerung sind auf Hilfen von außen angewiesen, Hunger ist längst zum Massenphänomen geworden.
Venezuela: ein ausgeblutetes Land
In südamerikanischen Venezuela finden Parlamentswahlen statt - mitten in der schlimmsten Krise seit Jahren. Der Alltag in Venezuela ist geprägt von Hunger und Mangel. Die Not zeigt sich in vielen Facetten.
Bild: Cristian Hernandez/AFP/Getty Images
Leere Kühlschränke
2018 verzeichnete Venezuela die höchste Inflation in der Geschichte des Landes: 65.374 Prozent im Jahr 2018 (Statista). Der Internationale Währungsfonds berechnete im gleichen Jahr die Inflation sogar mit 1.370.000 Prozent. Aufgrund des Devisenmangels können kaum noch Waren eingeführt werden. Ein Einkauf in Supermärkten ist wegen der hohen Preise für die allermeisten Venezolaner unerschwinglich.
Bild: Alvaro Fuente/ZUMA Press/imago images
Armenspeisung
Oft bekommt nur, wer einen eigenen Teller oder Schüssel mitbringt, bei den Suppenküchen etwas zu essen - so wie hier in der venezolanischen Stadt Valencia. Denn selbst den Hilfsorganisationen fehlt es an Einweggeschirr. Das einst reiche Venezuela leidet seit Jahren unter einer schweren Versorgungskrise. Es mangelt an allem: Nahrung, Medikamenten und einfachsten Dingen wie Seife oder Windeln.
Bild: Juan Carlos Hernandez/ZUMA Wire/imago images
Die Kinder hungern
In Caracas strecken Kinder verzweifelt die Arme aus, wenn die Caritas oder andere Hilfsorganisationen Essen verteilen. Viele haben tagelang nichts gegessen. 96 Prozent der Haushalte in Venezuela leben in Armut, 64 Prozent in extremer Armut (laut einer Studie der katholischen Universität Andrés Bello). Fleisch, Fisch, Eier, Obst und Gemüse kommen nur noch bei den wenigsten Familien auf den Tisch.
Bild: Roman Camacho/ZUMA Press/imago images
Gesundheitssystem vor dem Kollaps
Wer ins Krankenhaus muss, wie hier ins Hospital San Juan de Dios in Caracas, muss Medikamente und Hilfsmittel wie Katheter und Spritzen selbst bezahlen. Mehr als ein Drittel der 66.000 zugelassenen Ärzte hat das Land bereits verlassen. Auch die Zahl anderer medizinischer Fachkräfte ist geschrumpft, was das Gesundheitswesen in Venezuela an den Rand des Zusammenbruchs geführt hat.
Bild: Dora Maier/Le Pictorium/imago images
Lehm und Holz als kostenloses Baumaterial
Ein Kind spielt in seinem Bahareque-Haus. Das sind Häuser, die aus Holzstöcken und Lehm gebaut sind und deren Bauweise aus der präkolumbianischen Zeit stammt. Durch die wachsende extreme Armut in ländlichen Gebieten wird diese Bauweise wieder häufiger. Wasser- und Stromanschluss gibt es in diesen Unterkünften nicht.
Bild: Jimmy Villalta/UIG/imago images
Kein Strom in Venezuela
Permanente Blackouts legen das Land regelmäßig lahm. Die Opposition nennt verschleppte Investitionen, Korruption und mangelhafte Wartung der Strom-Anlagen als Grund für die ständigen Stromausfälle. Die Regierung traf deshalb teilweise drastische Maßnahmen um Strom zu sparen. Zeitweise wurde die Arbeitswoche von Beamten auf zwei Arbeitstage reduziert, um Energie zu sparen. Ohne Erfolg.
Bild: Humberto Matheus/ZUMA Press/imago images
Leben auf der Straße
Wenn der Strom ausfällt, ist es ohne funktionierende Klimaanlagen unerträglich heiß in den Häusern: Die Menschen verlegen ihr Leben auf die Straße - wie hier in Maracaibo. Schon seit Jahren gibt es in Venezuela immer wieder regionale, aber auch landesweite Stromausfälle. Präsident Nicolás Maduro behauptet, seine politischen Gegner würden gezielte Sabotageakte gegen die Infrastruktur ausüben.
Bild: Humberto Matheus/ZUMA Press/imago images
Akuter Wassermangel
Im Bezirk Santa Rosa in Valencia ist die Wasserversorgung zusammengebrochen - mal wieder. Die Menschen baden und waschen sich in einer Pfütze am Straßenrand. In Venezuela gibt es mancherorts nur an drei Tagen pro Woche für ein paar Stunden fließend Wasser. Viele Familie füllen dann schnell alle verfügbaren Flaschen und Gefäße, damit sie etwas Wasser haben, wenn die Leitung wieder trocken bleibt.
Bild: Elena Fernandez/ZUMA Wire/imago images
Strom und Wasser
Im Rio Guaire fließen nur noch Abwasser und giftige Chemikalien. Wasser und Elektrizität stehen in Venezuela in einer heiklen Abhängigkeit zueinander: Durch den Strommangel und die mangelnde Wartung bekamen die Mauern der Stauseen des Landes Risse, der Wasserspiegel sank. Dadurch konnte in den Wasserkraftwerken weniger Strom erzeugt werden und es kam zu den Blackouts. Ein Teufelskreis.
Bild: Adrien Vautier/Le Pictorium/imago images
Mit Öl verseucht
Die Venezolaner schwimmen im Öl, aber nicht auf die gute Weise: auf dem Maracaibo-See werfen Fischer ihre Netze von alten Autoschläuchen aus ins Wasser, obwohl dieser mit Öl verseucht ist. Auch die Küsten sind betroffen: Wegen Lecks in Öl-Pipelines und einer Panne in einer Raffinerie in der Nähe von Puerto Cabello im Nordwesten des Landes sollen rund 20.000 Barrel Rohöl ins Meer gelaufen sein.
Bild: Miguel Gutierrez/Agencia EFE/imago images
"Das Volk braucht Benzin"
In Guacara im Bundesstaat Carabobo stehen die Autos seit über zwei Wochen vor der Tankstelle und warten auf Benzin. Venezuela muss Öl aus dem Iran importieren, weil die eigenen maroden Erdöl-Anlagen kaum noch Öl fördern können. Vor zehn Jahren lag die Fördermenge noch bei gut 2,3 Millionen Barrel pro Tag, inzwischen ist sie auf weniger als die Hälfte zurückgegangen.
Bild: Juan Carlos Hernandez/ZUMA Wire/imago images
Energieversorgung zusammengebrochen
In Caracas warten die Menschen auf der Straße mit ihren leeren Gasflaschen und hoffen, dass diese endlich wieder aufgefüllt werden können. Da in Venezuela die Energiequellen Strom und Benzin immer wieder ausfallen, sind die Menschen auf Gas ausgewichen. Dadurch ist auch das knapp geworden.
Bild: Miguel Gutierrez/Agencia EFE/imago images
Der Heiligenschein ist verblasst
Die Konterfeis von Hugo Chávez, Fidel Castro, Evo Morales und Rafael Correa blicken von einer Hauswand in Caracas auf einen überquellenden Müllcontainer. Viele Venezolaner haben die sozialistischen Staatsführer von Venezuela, Kuba, Bolivien und Ecuador lange wie Heilige verehrt. In Venezuela hat der Sozialismus des 21. Jahrhunderts sein Versprechen von Wohlstand für alle nicht einlösen können.