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Politik

Venezuelas Flucht nach vorn

Evan Romero-Castillo
27. April 2017

Venezuela will aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) austreten. Präsident Maduro kommt damit der Schmach eines unmittelbar bevorstehenden Ausschlusses zuvor. Doch bis zum Austritt kann noch viel passieren.

Venezuela Caracas Demonstrationen
Bild: Getty Images/AFP/F. Parra

Die intensive Aktivität im Außenministerium in Caracas gleicht einem Erdbeben. Venezuelas Außenministerin Delcy Rodríguez eröffnete am Dienstag ein Schiedsverfahren, das den Ausschluss Venezuelas aus der Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur rückgängig machen soll. Zur gleichen Zeit leitete die Ministerin ein dringliches Treffen der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) in die Wege, um über die "Bedrohungen der demokratischen Ordnung” in Venezuela und "die interventionistischen Aktionen gegen die Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung” des Landes zu sprechen.

Die Ministerin bezog sich auf das – bis dahin nicht umgesetzte – Vorhaben, die Außenminister der Mitgliedsstaaten der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu versammeln, um über die Krise in Venezuela zu diskutieren. Als dann am Mittwoch (26.4.2017) bekannt wurde, dass die Außenminister des Kontinents sich auf ein Treffen geeinigt hatten, erklärte Rodriguez, sie habe ausdrückliche Anweisungen, Venezuelas Austritt aus der OAS einzuleiten und bestätigte die außerordentliche Sitzung der CELAC, die sie für den 2. Mai in der Hauptstadt El Salvadors erbeten hatte – einem der wenigen Länder, die dem Chavismus als Unterstützer noch verblieben sind.

Auf der Anklagebank: Außenministerin Delcy Rodriguez verkündet den Austritt Venezuelas aus der OAS Bild: picture alliance/dpa/AP Photo/M. B. Ceneta

Keine Demokratieklausel

Das Datum ist deshalb so relevant, weil alle Länder, die Abgesandte zum Treffen der OAS schicken – bis auf Kanada, Kuba und die USA –, auch in der CELAC vertreten sind. Was also ist der Unterschied zwischen einer Debatte über Venezuela in der OAS und in der CELAC?

"Er besteht darin, dass der CELAC weder über eine Demokratieklausel verfügt, noch über Mechanismen, die über die Einhaltung der Menschenrechte wachen", kommentierte per Twitter Víctor Mijares, Professor für Internationale Beziehungen an der Päpstlichen Universität Xaveriana in Bogotá. Doch Mijares will die OAS auch nicht zu sehr loben: Er bezweifelt, dass das panamerikanische "Gipfeltreffen" der Außenminister wirklich etwas am Status Quo in Venezuela verändert.

Doch was hat Venezuelas Präsident Nicolas Maduro, der "starke Mann" aus Caracas, durch seine Entscheidung, die OAS zu verlassen, erreicht? "Maduro tritt die Flucht nach vorn an", meint Detlef Nolte, Direktor des GIGA Instituts für Lateinamerikastudien in Hamburg.

Peter Birle, Forschungsdirektor am Ibero-Amerikanischen Institut (IAI) in Berlin, stimmt ihm zu: "Mit diesem Schritt verhindert die venezolanische Regierung die Schmach eines Ausschlusses, der von den weiteren OAS-Mitgliedsstaaten bereits vor einigen Wochen diskutiert wurde. Es ist schließlich schon eine ganze Weile her, dass das Verhalten der Eliten um Maduro die Toleranzgrenze überschritten hat."

Venezuela verkündet Austritt aus Staatenbund 'OAS'

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Maduro stellt sich taub

Beide Experten glauben nicht, dass der Austritt Venezuelas aus der OAS die weiteren Mitgliedsstaaten daran hindern wird, die diktatorischen Tendenzen Maduros zu verurteilen. Einerseits wird es noch zwei Jahre dauern, bis der Austritt wirksam wird. Andererseits teilen beide Experten den Eindruck, dass der Einfluss der OAS auf das Geschehen in Venezuela schon immer beschränkt war.

"Seit seinem Amtsantritt als OAS-Generalsekretär hat Luis Almagro Präsident Maduro immer wieder scharf kritisiert – und der venezolanische Staatschef hat ihn einfach ignoriert", erinnert sich Birle. In den Augen von Nolte müssten die Nachbarstaaten von Venezuela ein bilaterales Vorgehen koordinieren, um Sanktionen gegen Caracas zu verabschieden, da die OAS keine Strafmechnismen vorsehe, die diesen Namen verdienten.

"Und selbst wenn es dazu käme, müssen wir uns bewusst machen, dass nicht einmal Mexiko und Brasilien, die ökonomisch stärksten Länder in der Region, ausreichend starke Handelsbeziehungen mit Venezuela haben, um dem Land finanziellen Schaden zufügen zu können”, bemerkt Nolte. Beide Experten glauben, dass Washington sich weiterhin zurückhaltend zeigen wird, obwohl die USA im Erdölgeschäft so stark mit Venezuela verbunden sind, dass sie durchaus Druck auf Caracas ausüben könnten. "Die in die Wege zu leitenden Initiativen hängen von den lateinamerikanischen Nachbarn Venezuelas ab", versichert Birle.

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