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Venezuela kämpft gegen den Dollar

Nicolas Martin
19. September 2017

Präsident Nicolás Maduro will im Außenhandel künftig stärker auf andere Währungen setzen. Beginnen will er nun wohl mit einem weltweiten Novum: Öl soll nun in chinesischen Yuan berechnet werden.

Venezuela Nicolas Maduro
Venezuelas Staatschef Nicolás MaduroBild: picture-alliance/AA/C. Becerra

Etwas über 300 Yuan soll das Barrel Rohöl (159 Liter) aus Venezuela in der vergangenen Woche gekostet haben. So schreibt es das Wall Street Journal (WSJ) und bezieht sich auf Insider, denn offiziell ist die neue Berechnung des Ölpreises noch nicht. Zwar liegt der Preis mit 300 Yuan auf dem gleichen Niveau wie das in Dollar gehandelte Öl, dennoch scheint Venezuela mit einem gängigen Finanzgesetz brechen zu wollen: Öl wird weltweit in Dollar gehandelt.

Die Informationen des New Yorker Finanzblatts decken sich auch mit den Aussagen des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro. Der hatte in der vergangenen Woche gesagt, das Land wolle einen neuen Mechanismus für die internationale Zahlung umsetzen und "einen Korb von Währungen schaffen". Zu diesem Korb sollen neben der chinesischen Landeswährung Yuan auch der japanische Yen, der russische Rubel und die indische Rupie gehören.

Was spricht gegen den Dollar?

Das Land mit den höchsten Erdölreserven der Welt steckt in einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise. Die Lebensmittel und Medikamente sind knapp und die Währung Bolivar verliert immer mehr an Wert - laut Schätzungen des Internationalen Währungsfonds lag die Inflation im vergangenen Jahr bei 700 Prozent. Die US-Regierung will den Druck auf Maduro erhöhen, dem sie vorwirft, die Demokratie im Land schrittweise außer Kraft zu setzen. Ende August hatte das Weiße Haus deshalb mehrere Strafmaßnahmen gegen Venezuela bekanntgegeben.

So hat Washington bestimmte Geschäfte mit Staatsanleihen und dem Ölkonzern PDVSA verboten. Damit soll es Maduro erschwert werden, an frisches Geld zu kommen. Venezuelas Staatschef warf den USA einen "Wirtschaftskrieg" vor und sprach von einer "Blockadepolitik". Schon zuvor hatten die USA das Vermögen Maduros in den Vereinigten Staaten eingefroren.

96 Prozent der Devisen kommen über das Öl nach VenezuelaBild: picture-alliance/dpa/M. Gutierrez

Doch den größten Joker haben die USA nicht gezogen: Ein Importverbot für Erdöl aus Venezuela ist weiterhin nicht vorgesehen. 96 Prozent der venezolanischen Exporteinnahmen stammen nach Angaben des Auswärtigen Amts aus dem Öl-Geschäft. Die USA seien dabei der größte Abnehmer und überwiesen jährlich rund zehn Milliarden Dollar nach Caracas, so die Nachrichtenagentur DPA.

Ein Schritt ohne klare Richtung

Angesichts dieser Abhängigkeit sind Experten über den jüngsten Schritt Maduros verwundert. Man füge sich so selbst "erhebliche Schmerzen" zu, ohne wirklichen Nutzen daraus zu ziehen, kommentierte die Finanzanalystin Siobhan Morden von Nomura Holdings im WSJ. Für die Kunden wäre der neue Kurs mit Kosten beim Wechseln der Währung verbunden. So liegt der Schritt nahe, dass den Venezolanern die Käufer eher abspringen. 

Laut dem Rohstoff-Analysten der Commerzbank, Carsten Fritsch, hat sich der Handel von Rohstoffen in Dollar bewährt. "Er ist dadurch transparenter und vergleichbarer geworden und hält die Transaktionskosten niedriger." Nebenbei hat die Bewertung des Ölpreises in Dollar noch die Funktion, den Dollar als weltweit akzeptierte Währung zu stärken. Gegen diesen Trend stellte sich kürzlich erst Wladimir Putin bei einem Treffen der BRICS-Länder. Dort kritisierte er indirekt die Dollardominanz und rief zu einer Reform des Finanzsystems auf.

Beim Ölpreis habe es solche Abkehr-Initiativen immer wieder gegeben, sagt Rainer Wiek vom Energie Informationsdienst (EID): Russland habe den Rubel ins Gespräch gebracht und auch der Euro sei immer wieder mal ein Thema gewesen.

Kuriosum oder neue Wirklichkeit?

Viele venezolanische Unternehmen sind von Devisen- und Ersatzteilmangel betroffen, darunter auch der Ölsektor. "Venezuela ist nicht mehr der Player, der er in diesem Markt sein möchte und auch könnte", so Wiek. Mit der Öl-Preisberechnung in Dollar scheint Venezuela die Hand in Richtung Osten auszustrecken: "Wenn ich mit den Chinesen Geschäfte machen will, dann setze ich mit dem Yuan als Ölpreis-Währung natürlich Akzente", glaubt Wiek.

Alte Bekannte: Chinas Staatspräsident Xi Jinping im Jahr 2014 zu Gast bei Nicolás MaduroBild: Reuters

Venezuelas Kehrtwende passt auch zu Chinas Plänen. Öl wird an Terminbörsen in Dollar gehandelt. "In China gibt es bereits Bestrebungen eine solche Terminbörse in Yuan einzurichten", so Commerzbank-Analyst Fritsch. Ob Venezuela mit seinem Schritt also den Nerv einer neuen Zeit trifft?

Bisher ist es noch keinem Land gelungen, den Dollar als Leitwährung beim Öl zu abzulösen. "Der erste, der davon abweicht, der hat die höchsten Kosten", zitiert Fritsch Grundlagen der Rohstofftheorie. Gut möglich also, dass sich Venezuela mit einem solchen Schritt noch ein wenig weiter in die Isolation befördert.

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