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Venezuelas umstrittene Viertagewoche

Oscar Schlenker9. April 2016

Im Erdölland Venezuela wird der Strom knapp. Ein Dekret von Präsidenten Nicolás Maduro verbietet staatlichen Unternehmen nun am Freitag zu arbeiten. Nicht alle freuen sich darüber. Aus Caracas dazu Oscar Schlenker.

Venezuela Strommasten in Caracas. Foto: EPA/MIGUEL GUTIERREZ ,dpa
Strom sparen durch weniger Arbeitstage - ein umstrittenes Konzept in VenezuelaBild: picture-alliance/dpa/M. Gutierrez

Für die fast drei Millionen venezolanischen Beschäftigten im öffentlichen Sektor ist der Donnerstag nun der letzte Arbeitstag der Woche. Es ist ein weiterer Versuch, den Energieverbrauch des Landes zu drosseln und der kommt von ganz oben. Präsident Nicolás Maduro hat dafür extra ein Dekret erlassen. Für die Monate April und Mai ist das Arbeiten an Freitagen verboten. Es ist nicht die erste Maßnahme dieser Art. Schon seit Februar müssen Einkaufszentren und Hotels ihren Stromverbrauch reduzieren.

Der offizielle Grund ist für die Regierung die Dürre durch das Wetterphänomen El Niño. Deshalb reichen die Wasserreserven in den Talsperren des Landes für die Energieerzeugung kaum noch aus. So ist etwa der Wasserstand in der großen Talsperre im Bundesstaat Bolivar, die rund 70 Prozent zur Stromerzeugung des Landes beiträgt, auf ein sehr geringes Maß gesunken. Für Kritiker, wie Víctor Maldonado, Sprecher der Industrie und Handelskammer Caracas "ist das Problem nicht Produkt des schlechten Wetters, sondern einer schlechten Regierung."

Schon 2010 hatte Venezuela mit einer Dürreperiode zu kämpfen. Auch damals wurde die Wettersituation El Niño dafür verantwortlich gemacht. Die Regierung investierte rund 38 Milliarden Dollar in Gas- und Dampfkraftwerke. Das sollte die Generatoren der Stauanlage entlasten, doch "dieses Geld wurde für korrupte Zwecke eingesetzt", so Maldonado. Das Schweigen der Regierung über die Stromerzeugung dieser Werke sei ein Beweis für die Fehlinvestition - die Werke seien bis heute nicht in Betrieb, so Maldonado zur Deutschen Welle.

Unter Druck - Venezuelas Präsident Nicolas MaduroBild: Reuters/C. G. Rawlins

Geteiltes Echo

Der 51jährige Richard Solares betreibt seit 22 Jahren eine Schlosserwerkstatt. Wegen der Strom-Rationierung stehen die für die Arbeit notwendigen Maschinen häufig still. Das schaffe Probleme beim Bezahlen der laufenden Kosten, so Solares. Für den Unternehmer ist die Maßnahme absurd: "Bei den vielen Problemen, die wir in Venezuela haben, können wir doch nicht die Produktion einstellen. Es trifft mich, wenn ich nur einen Tag keine Einnahmen habe." Die Venezolaner müssten arbeiten, um das Land vorwärts zu bringen.

Auf der Straße gehen die Meinungen über das Dekret des Präsidenten auseinander. Für die 38-jährige Ingenieurin Marly Henao regt die Maßnahme zum "Faulenzen" an. Henao ist der Meinung, dass das Energieproblem Ergebnis der "schlechten Instandsetzung der Maschinen und der Inkompetenz der unausgebildeten Arbeiter" ist.

Der 53-jährige Carlos Campos gesteht, dass ihn das Dekret "nicht groß beeinflussen" wird. Er arbeite im informellen Sektor. Wenn es tatsächlich zum Wohl aller ist, sei er mit der Viertagewoche einverstanden. Die Bäckerei, in der der 18 Jahre alte Firellet Villalobos arbeitet, wird auch am Freitag öffnen. Villalobos gibt zu bedenken, dass das Dekret wohl keine großen Auswirkungen auf den Energieverbrauch haben wird: "Die Leute stellen dann Zuhause den Fernseher und die Klimaanlage an.“

Die Dürre durch El Nino macht Venezuela und Kolumbien zu schaffenBild: Getty Images/AFP/E. Abramovich

"Unfähigkeit und Mangel"

Zementwerke, Stahlindustrie, Kommunikationsunternehmen und andere Dienstleistungen – der staatliche Sektor in Venezuela ist groß. Die reduzierte Arbeitszeit wird paradoxerweise wohl auch dazu beitragen, dass sich die wirtschaftliche Krise weiter verschärft. Das Land klagt seit Jahren über Knappheit bestimmter Lebensmittel. Víctor Maldonado von der Industrie und Handelskammer geht davon aus, dass Maduros Dekret "Unzufriedenheit in der Bevölkerung" auslösen wird. Dadurch werde offensichtlich, dass die Regierung dem Stromproblem nicht Herr werden könne.

Fakt ist: El Niño hat auch in anderen Ländern zu Dürren geführt - die Energiekrise im Erdölland Venezuela ist allerdings beispiellos. Maldonado macht hierfür vor allem die fehlende Vorsorge und die schlechte Verwaltung von Geldern verantwortlich, die eigentlich für die Stärkung des nationalen Energiesystems bestimmt gewesen seien. Für ihn ist das Arbeitsverbot am Freitag vor allem "eine Nachricht der Verzweiflung, Leichtsinnigkeit und Unfähigkeit."

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