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D-Day: Ein vereinter Sieg

Heike Mund6. Juni 2014

Vor 70 Jahren landeten die Alliierten in der Normandie. Soldaten aus 14 Nationen waren an der Operation beteiligt, die den Weg für die Befreiung Frankreichs und letztlich Europas von der Naziherrschaft frei machte.

Landung in der Normandie 1944 (Foto: Ullstein)
Operation Overlord: Amerikanische Soldaten kurz vor der Landung an der Küste der Normandie am 6.6.1944Bild: ullstein bild - LEONE

Die Befreiung kam aus der Luft. Kurz nach Mitternacht am 6. Juni 1944 landeten die ersten alliierten Truppenkontingente in der Normandie: 24.000 Fallschirmjäger in präzise steuerbaren Lastenseglern. Ihre Aufgabe war - noch bevor bei Tagesanbruch die Landungsoperation von See her begann - Brücken und wichtige Verkehrsknotenpunkte unter ihre Kontrolle zu bringen und Lichtsignale für die Lufttruppen zu setzen. Aber der Plan ging nicht auf: Starker Wind trieb die Fallschirmjäger weit ins Hinterland ab, nur ein Zehntel kam rechtzeitig im Frontbereich an. Der alliierte Angriff traf die Deutschen unvorbereitet. Noch um 2 Uhr nachts schätzte die deutsche Generalität am Atlantikwall die militärische Lage als nicht bedrohlich ein: In einem Telefonat mit Berlin gaben sie durch, Meldungen von einer Luftlandung seien "übertrieben", die Lage sei ruhig.

Täuschungsmanöver

Das sollte sich bald ändern. Auf See hatte sich in den Abendstunden des 5. Juni vor der Küste Englands eine riesige Armada in Gang gesetzt: Die größte jemals zusammengezogene See- und Luftstreitmacht der Kriegsgeschichte bewegte sich im Dunkel der Nacht auf die französische Atlantikküste zu. "Der D-Day war ein internationales Unternehmen. Nicht nur ein rein amerikanisches, sondern auch Briten, Kanadier und kleinere Kontingente von Norwegern, Belgiern, Tschechen, Slowaken waren dabei, " erklärt der Militärhistoriker Peter Lieb im DW-Gespräch. "Dann sind Polen dazu gekommen und griechische Schiffe waren dabei. Sowie ein kleines Kontingent freier Franzosen."

Erste Angriffswelle von See: Die Soldaten müssen mit voller Montur durchs Wasser an den Strand watenBild: AP

Auch Alliierte aus dem Commonwealth verstärkten die Truppenkontingente: Australier und Neuseeländer. Die Kanadier übernahmen mit ihrer 3. Division den Kampfauftrag für den Küstenabschnitt mit Decknamen "Juno". "Es gab natürlich zwei große Player: Das waren die Amerikaner und die Briten", sagt Lieb. "Die beiden haben die strategische Marschroute bestimmt. Aber sie waren sich bewusst, dass es ein Koalitionskrieg ist und man da auch kleinere Länder an Bord holen muss. Um der Welt zu zeigen, dass es ein universales Unternehmen ist, gemeinsam gegen Hitler-Deutschland zu kämpfen."

Der Tag der Entscheidung

Um 6.30 Uhr - kurz nach Sonnenaufgang - tauchten im Morgengrauen des 6. Juni die ersten amerikanischen Kriegsschiffe vor der Küste auf. In ihren Landungsabschnitten "Utah" und "Omaha Beach" nahmen sie die deutschen Befestigungsanlagen sofort unter schweren Beschuss. Eine Stunde später folgten britische, kanadische und französische Einheiten an ihren Landeabschnitten "Gold", "Juno" und "Sword". Unterstützt unter anderem vom polnischen Kriegsschiff "Dragon" griffen sie auf einer Küstenstrecke von rund 80 Kilometern an, die sich in kürzester Zeit in ein blutiges, mit Toten übersätes Schlachtfeld verwandelte.

4200 Landungsboote, 1200 Kriegsschiffe, 155.892 alliierte Soldaten aus 14 Nationen kamen am D-Day zum Einsatz, aus der Luft unterstützt von alliierten Bombern. Die kleineren Nationen wurden in gemischte Kampftruppen eingereiht. Die Mehrzahl der Landungsboote stammte von der britischen Royal Navy, obwohl die wenigen Fotos und Filmaufnahmen vom Tag der Invasion anderes suggerierten, erzählt Historiker Peter Lieb: "Das Ganze begann damit, dass die Amerikaner Reporter und Kameraleute mit in die Landungsboote gesetzt haben. Deshalb haben wir viel mehr Fotos von den Amerikanern als von den Briten oder den Kanadiern."

Enorme Verluste in den ersten Stunden der Invasion: Alliierte Soldaten bergen einen VerletztenBild: ullstein bild - LEONE

Die Zweite Front im Westen

Aber die "Operation Overlord" verlief nicht nach Plan. Das Chaos kostete tausende alliierter Soldaten das Leben. Viele ertranken in ihrer schweren Montur, weil sich die Landeklappen der Boote zu früh öffneten. Panzer versanken im Meer bevor sie die Küste als Verstärkung der Bodentruppen erreichten. Der amerikanische Vormarsch am "Omaha Beach" drohte im Fiasko zu enden: Viele Soldaten waren seekrank und damit kampfunfähig und dem Gewehrfeuer der Deutschen wie Zielscheiben schutzlos ausgeliefert. Die alliierte Invasion drohte an diesem Abschnitt zu scheitern, mehr als 50 Prozent der Soldaten starben allein in diesen ersten Stunden der Invasion. "Der D-Day ist von allen Tagen des Zweiten Weltkriegs derjenige, wo die Amerikaner und Kanadier die höchsten Verluste haben", bilanziert der Militärhistoriker Lieb.

Gegen Mittag ging den Deutschen langsam die Munition aus. Der Hauptwiderstand in den meisten Bunkeranlagen konnte deshalb von den anstürmenden Landungstruppen schnell gebrochen werden. Aber die strategischen Planungen der obersten Befehlshaber, des US-Generals Dwight D. Eisenhower und des britischen Generals Montgomery, gingen nicht auf, so Peter Lieb: "Der Atlantikwall konnte vergleichsweise schnell überwunden werden - in ein paar Stunden war alles in alliierter Hand - aber der weitere Vormarsch ins Landesinnere von Frankreich ging dann sehr, sehr langsam voran, weil sich die Deutschen da zur Verteidigung einnisten und ganz heftig verteidigen konnten."

Alliierte Einheiten aus 14 Ländern waren dabei. Hier werden kanadische Soldaten von den Franzosen begrüßtBild: ullstein bild - LEONE

Der Alliierte Vormarsch

Die Materialschlacht der militärischen Landungsoperation ließ sich im Hinterland nicht fortsetzen. Das Gelände war unübersichtlich und von Steinmauern, Gräben und Büschen durchsetzt - ideale Deckung für deutsche Heckenschützen. Die alliierten Divisionen kamen mühsam voran, erst Ende Juni konnte die Hafenstadt Cherbourg eingenommen werden, als Stützpunkt für die Nachschub-Versorgung von kriegsentscheidender Bedeutung. Am 25. Juli begann die "Operation Cobra": alliierte Bomber und Jagdflieger unterstützten aus der Luft Panzerdivisionen, die breite Schneisen in die Hecken frästen und so den alliierten Bodentruppen den Weg frei machten.

Ende Juli landeten die Polen mit einer Panzerdivision von 20.000 Mann und wurden sofort als militärische Verstärkung am Kessel von Falaise eingesetzt. Deutsche Panzertruppen hatten sich da verschanzt. Anfang August war der deutsche Widerstand weitgehend zerschlagen, der Weg für die Befreiung Frankreichs und damit auch Europas von der Naziherrschaft frei.

Aber die Kriegskoalition hielt nicht lange: die Amerikaner, die eine Militärregierung für ganz Frankreich einsetzen wollten, hatten die Rechnung ohne den französischen General De Gaulle gemacht, sagt Peter Lieb. "Er wurde stürmisch begrüßt, als der große Befreier Frankreichs. Und da war den Alliierten klar: De Gaulle hat einen ganz starken Rückhalt bei der französischen Bevölkerung und wir können da unmöglich unsere eigenen Militärverwaltungs-Pläne durchsetzen. Wir müssen das Land so schnell wie möglich in französische Hände geben."

Triumphaler Siegeszug: General De Gaulle wird bei der Befreiung von Paris von der Bevölkerung gefeiertBild: ullstein bild - Roger-Viollet

De Gaulle als Befreier Frankreichs

Am 25. August marschierte De Gaulle mit der Panzerdivision der freien französischen Streitkräfte umjubelt in Paris ein. Militärisch hätten die alliierten Truppen die Hauptstadt befreien müssen, aber sie ließen den Franzosen den Vortritt. "Die Amerikaner haben eingesehen: Das ist langfristig besser, wenn wir die Franzosen als Verbündete haben, als wenn wir Spaltungen innerhalb der Kriegskoalition riskieren." Die Schlacht um die Normandie fand damit - letztendlich - ein siegreiches Ende, allerdings mit enormen Verlusten an Menschenleben. Ein Markstein in der Geschichte dieses Zweifrontenkriegs, der auch im Osten entschieden wurde.

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