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Politik

Klage gegen Yildirim-Auftritt erfolglos

10. März 2017

Deutsche Bürger können kein Redeverbot für türkische Politiker in Deutschland einfordern. Das beschied das Bundesverfassungsgericht im Fall von Regierungschef Yildirim. Dennoch ist der Richterspruch spannend.

Deutschland Türkei Oberhausen Auftritt Ministerpräsident Binali Yildirim
In Oberhausen treffen Ministerpräsident Yildirim und seine Frau Semiha zu der Versammlung einBild: Reuters/W. Rattay

Ein Versuch, die Wahlkampf-Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in Deutschland durch eine Verfassungsbeschwerde zu unterbinden, ist gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Klage einer Privatperson gar nicht erst zur Entscheidung an, wie es in Karlsruhe mitteilte. Der Beschwerdeführer hatte moniert, dass die Bundesregierung dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim erlaubt habe, am 18. Februar in Oberhausen öffentlich aufzutreten und für eine Verfassungsänderung in seinem Heimatland zu werben. Zudem wandte sich der Kläger gegen weitere öffentliche Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in der Bundesrepublik, die im Zusammenhang mit dem geplanten Referendum zur Verfassungsreform im April stehen. Deutschland dürfe nach Ansicht des Mannes keine Werbung für eine "demokratiefeindliche Verfassungsänderung" in der Türkei erlauben. Der Kläger verfolgte laut Gericht das Ziel, "dass Mitglieder der türkischen Regierung sich in ihrer amtlichen Eigenschaft in Deutschland nicht politisch betätigen können".

Die Richter in Karlsruhe erklärten, zwar hätten Staatsoberhäupter und Mitglieder ausländischer Regierungen weder von Verfassungs wegen noch nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts einen Anspruch auf Einreise in das Bundesgebiet und die Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland. Hierzu sei die Zustimmung der Bundesregierung erforderlich, in deren Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten eine solche Entscheidung falle. "Soweit ausländische Staatsoberhäupter oder Mitglieder ausländischer Regierungen in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität in Deutschland auftreten, können sie sich nicht auf Grundrechte berufen", betonten die Richter.

In dem Fall habe der Kläger aber "nicht hinreichend substantiiert dargelegt", inwiefern er durch Maßnahmen oder Unterlassungen der Bundesregierung bei den jüngsten Auftritten "selbst betroffen" sei. "Vor diesem Hintergrund hat er keinen subjektiven Anspruch darauf, dass die Bundesregierung ihr Ermessen in auswärtigen Angelegenheiten in einer bestimmten Richtung ausübt", urteilte das Verfassungsgericht. Das Grundgesetz gebe zudem den Staatsbürgern auch "keinen Anspruch auf eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf Maßnahmen der Regierung oder des Parlaments".  Für einen Erfolg vor Gericht ist eine solche persönliche Betroffenheit Grundvoraussetzung. Inhaltlich wurde die Beschwerde daher nicht mehr näher geprüft.

30 Auftritte angekündigt

Nach der Absage mehrerer Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Deutschland hat Ankara inzwischen eine Liste für 30 weitere geplante Veranstaltungen eingereicht. Außenminister Mevlüt Cavusoglu übergab nach eigenen Worten seinem deutschen Kollegen Sigmar Gabriel die Liste bei ihrem Treffen am Mittwoch. "Wir erwarten, dass Deutschland eine Lösung für dieses Problem findet", sagte Cavusoglu nach einem Bericht des Fernsehsenders CNNTürk mit Blick auf die geplanten Auftritte.

Mehrere Minister der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP haben bereits Wahlkampfauftritte in der Bundesrepublik absolviert, obwohl solche Auftritte im Ausland und in diplomatischen Vertretungen außerhalb der Türkei gegen das türkische Wahlgesetz verstoßen.  Cavusoglu etwa war am Dienstag in der Residenz des türkischen Generalkonsuls in Hamburg aufgetreten. Andere Veranstaltungen zur in der Türkei geplanten Verfassungsreform wurden aus Sicherheitsgründen von den Kommunen abgesagt. In der Türkei wird am 16. April über die Verfassungsreform abgestimmt, die Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan deutlich mehr Macht verleihen und das Parlament erheblich schwächen würde. Auch Erdogan selbst plant nach eigenen Angaben einen baldigen Auftritt in Europa. Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei sind unter anderem wegen der Absage der Ministerauftritte, aber auch wegen der Inhaftierung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel in der Türkei auf einem Tiefpunkt.

kle/se (afp, dpa, ard, bundesverfassungsgericht.de)

 

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