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Verfassungsrichter fordern Nachbesserungen

30. Juni 2009

Das Bundesverfassungsgericht hat die Ratifizierung des EU-Reformvertrages vorerst gestoppt. Die Richter sehen Bundestag und Bundesrat noch nicht ausreichend bei der Übertragung von Rechten an die EU beteiligt.

Im Brennpunkt des europäischen Interesses: Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts (Archivfoto: AP)
Im Brennpunkt des europäischen Interesses: Der Zweite Senat des BundesverfassungsgerichtsBild: AP

Deutschland darf dem EU-Reformvertrag von Lissabon vorerst nicht ratifizieren. Zwar ist das deutsche Zustimmungsgesetz zu dem Vertragswerk mit dem Grundgesetz vereinbar, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Bevor Bundespräsident Horst Köhler seine Unterschrift unter den Vertrag setzt, müssen aber zunächst die Beteiligungsrechte von Bundestag und Bundesrat gestärkt werden, heißt es in dem am Dienstag (30.06.2009) verkündeten Urteil.

Die Bundesverfassungsrichter verlangen zudem, dass bei Änderungen des Lissabon-Vertrags Bundestag und Bundesrat förmlich zustimmen müssen. Auch wenn die EU ihre Zuständigkeit für den Erlass von Strafgesetzen ausdehnen will, muss die deutsche Bundesregierung zuvor ein förmliches Verfahren in den deutschen Parlamenten einleiten.

Zentraler Streitpunkt: Souveränität

Im Zentrum der Entscheidung über den 2007 unterzeichneten EU-Reformvertrag stand die Frage, ob die staatliche Souveränität Deutschlands dadurch zu stark eingeschränkt wird. Bundestag und Bundesrat haben den Vertrag schon ratifiziert. Bundespräsident Horst Köhler hatte seine Unterschrift unter den Vertrag von Lissabon, der Anfang 2010 in Kraft treten soll, mit Rücksicht auf die Karlsruher Entscheidung zurückgestellt.

Neben Deutschland haben auch Polen, Tschechien und Irland das Regelwerk noch nicht ratifiziert. Es muss in allen 27 EU-Staaten ratifiziert werden, damit es in Kraft treten kann. Der Pakt zwischen den 27 Mitgliedsstaaten soll die Union schlanker und entscheidungsfreudiger machen. Die Vertragsbefürworter sehen in der Übertragung weiterer Kompetenzen von den Mitgliedsstaaten auf die EU-Ebene eine notwendige Stärkung der Union.

CSU und Linke vereint gegen die EU

Gegen den Reformvertrag vor Gericht gezogen war eine Gruppe um den Ex-Europaparlamentarier Franz Ludwig Graf von Stauffenberg (CSU), der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler, die Linksfraktion im Bundestag sowie Klaus Buchner, Vorsitzender der Ökologisch-Demokratischen Partei. Nach Ansicht der Kläger verschärft der Vertrag das Demokratiedefizit in der EU und schwächt das deutsche Grundgesetz. Gauweiler stört vor allem, "dass weiter unkontrollierte Macht an die EU-Gremien abgegeben wird".

Beobachter hatten im Vorfeld erwartet, dass das Gericht in Karlsruhe den Vertrag grundsätzlich billigt, womöglich aber eine stärkere Beteiligung des Bundestags anmahnt. Experten hatten die Ansicht vertreten, dass der europäische Integrationsprozess zum Erliegen kommen würde, falls der Zweite Senat des Verfassungsgerichts den Vertrag stoppen würde. (kle/mag/ap/dpa/afp/rtr/epd)

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